Benutzer
Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
Lettersalad
Über mich: 
http://lettersalad.de

Bewertungen

Insgesamt 14 Bewertungen
12
Bewertung vom 22.05.2013
Wie ein unsichtbares Band
Garland, Inés

Wie ein unsichtbares Band


ausgezeichnet

Alma und ihre Eltern verbringen jedes Wochenende auf der Flussinsel, um dem Lärm und dem Stress in Buenos Aires zu entfliehen. Ganz anders als Carmen und Marito von nebenan, die auf dieser Insel in ärmlichsten Verhältnissen leben. Die Familien betrachten sich mit Argwohn, während die Kinder schon bald eine tiefe Freundschaft verbindet. Alma und Carmen sind unzertrennlich und zwischen Alma und Marito entwickelt sich mit fortschreitendem Jugendalter weitaus mehr als nur Freundschaft.

Doch nicht nur ihren Familien ist dies ein Dorn im Auge, auch von ganz anderer Seite droht ihnen Gefahr. Denn im Argentinien der späten 1970er Jahre beherrschen Gewalt und Staatsterror die Straßen. Ein Umstand, vor dem man auf der abgelegenen Insel zunächst bequem die Augen verschließen, dem man sich in der Hauptstadt jedoch schnell nicht mehr entziehen kann.

Zu meiner eigenen Schande muss ich gestehen, dass ich bis jetzt äußerst wenig über Argentinien und dessen Militärdiktatur in den 70er und 80er Jahren wusste. Eine Wissenslücke, für die man insbesondere im zweiten Teil dieses Buches bestraft wird, denn mit einem Schlag fühlte ich mich von der Story überfordert. Nicht im negativen Sinne, sondern einfach, weil ich die Entwicklung und das Ausmaß dieser Junta nicht hatte kommen sehen, die Umstände nicht verstehen und so den Geschehnissen zunächst auch nicht mehr ganz folgen konnte.

Mein eigenes Unwissen kann ich jedoch keinesfalls dem Buch zum Vorwurf machen, denn ich denke in Argentinien wird schon jedes Kind, welches dieses Buch liest wissen, was in dieser fiktiven Geschichte geschehen ist.
Inés Garland muss die Dinge nicht erst aussprechen bzw. niederschreiben, damit man sie dort versteht. Sie spielt nicht den Oberlehrer oder zitiert seitenlang aus einem Lexikon, sondern fordert ihre Leser lediglich auf, sich selbst mit diesem Thema auseinanderzusetzen, um sowohl die Geschichte als auch die ungeheuerlichen Dinge zu begreifen, die sich damals in und um Buenos Aires abgespielt haben.

Ein Jugendbuch, bei dem vor allem der Klassenunterschied zweier Menschen im Vordergrund steht, ist nicht neu und trotzdem übt Wie ein unsichtbares Band eine ganz eigene Magie aus. Die Ruhe, die das Cover ausstrahlt spiegelt auch die Geschichte wieder, zumindest im ersten Teil. Alma wächst zusammen mit Carmen und Marito auf der Flussinsel auf und fühlt sich dort heimischer als in ihrer luxuriösen Stadtwohnung.
Im Verlauf tauchen immer mehr Konflikte auf und Alma gerät zwischen alle Fronten. Auf der einen Seite wird sie von ihren Eltern und ihren Lehrern behütet und abgeschottet, sodass sie kaum Chancen hat, über den Tellerrand zu blicken. Von der anderen Seite wird ihr genau dies zum Vorwurf gemacht.

Ein Konflikt, der sich immer weiter hochspielt und mit schlagenden Beispielen veranschaulicht wird. So hat Alma irgendwann Angst, wenn sie nur eine Polizeisirene hört. Ein Geräusch, welches unschuldigen Menschen doch eigentlich ein Gefühl von Sicherheit vermitteln sollte.

Alma erzählt dieses Buch rückblickend, stets mit einem leicht traurigen bisweilen sogar schuldbewussten Unterton, sodass man als Leser schon ahnt und langsam darauf vorbereitet wird, was einen am Ende dann aber doch völlig überwältigt. Mit Hilfe des Nachwortes vom Verlag kann oder muss man sich dann auf eigene Suche begeben, die Geschichte für sich entdecken und Puzzleteile zusammensetzen.

Wie ein sichtbares Band ist ein außergewöhnliches Buch, das zum Nachdenken und Nachschlagen auffordert. Sowohl der Kopf als auch das Herz werden hier herausgefordert und am Ende mit einer ebenso ergreifenden wie erschreckenden Geschichte belohnt.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 05.11.2012
Briefsteller
Schischkin, Michail

Briefsteller


ausgezeichnet

Das dieser Briefroman keine gewöhnliche Liebesgeschichte ist, wird einem schon auf den ersten Seiten klar. Man wird verzaubert von Worten und Gedanken, aber man versteht zunächst… nichts. Oder nicht viel. Es geht um Melonen, Mohrrüben, Mona Lisa und Krieg, ein sogenannter „Segen für das keuche Vaterland“, welcher ein junges, verliebtes Paar gewaltsam auseinanderreißt. Wolodenka, der an die Front berufen wird und Saschenka, für die das Leben daheim ohne ihn einfach weiter gehen muss.

Durch ihre Briefe bleiben sie zusammen, schreiben über ihren Alltag – auf der einen Seite einsam, düster und vom Tod bedroht, auf der anderen Seite hoffnungsvoll und voller Erinnerungen an frühere Zeiten. Der Krieg an sich braucht da nicht einmal einen Namen, denn Wolodenka und Saschenka sind ein Paar, wie es sie während eines Krieges millionenfach gibt. Erst nach einer ganzen Weile merkt man als Leser, dass zwischen den Zeilen etwas nicht stimmt. Die beiden schreiben sich regelmäßig, doch warum geht keiner auf die Briefe des Anderen wirklich ein?

Der Klappentext verrät für meinen Geschmack schon ein bisschen zu viel. Es dauert lange, bis man als Leser beginnt Fragen zu stellen und es würde noch länger dauern, wenn man dieses Hintergrundwissen aus dem Klappentext nicht hätte.
Es bliebe einfach mehr Zeit, eigene Vermutungen aufzustellen, denn erst ab einen gewissen Punkt weit nach der Hälfte des Buches ist die Story nicht mehr misszuverstehen. Vorher ist reichlich Potential vorhanden, welches die eigenen Gedanken wie im Buch selbst so schön beschrieben wird, in Fetzen auseinander fliegen lässt.

Wolodenka und Saschenka reden oder besser schreiben über die banalsten Dinge, die im Gegensatz zu den großen Themen wie Krieg, Politik und Tod eine unglaublich hohe Bedeutung haben. Denn die kleinen Dinge sind es, die Hoffnung verleihen und sowohl Krieg als auch den Tod schlussendlich überdauern. Für ein so düsteres und drückendes Setting kommt selbst der Humor in Briefsteller nicht zu knapp, was die beiden Protagonisten unheimlich sympathisch werden lässt.
Man kennt sie nur durch ihre Briefe, bekommt nicht mal eine genaue Beschreibung ihres Äußeren und trotzdem glaubt man am Ende, sie zu kennen. Vielleicht weil sie stellvertretend für alle Paare auf der Welt stehen, die durch Kriege getrennt werden, so wie auch dieser Krieg in Briefsteller stellvertretend für alle Kriege steht, die es jemals gegeben hat und leider wohl auch immer wieder geben wird.

Schlussendlich ist das Buch nicht nur eine Liebesgeschichte, sondern auch ein Weckruf, eine Warnung an die Unfähigkeit der Menschheit, nach über 2000 Jahren endlich einmal etwas dazuzulernen.
Aber das Buch ist auch ein Zeichen dafür, dass selbst Trennung, Einsamkeit, Leid und Tod keinerlei Macht gegen nasse, quietschende Haare haben, oder wie Wolodenka so wunderbar schreibt: „Die einfachsten Dinge, bei denen man sterben könnte vor Glück.“ S.18

Die Lobeshymnen für Mikhail Shishkins Werk(e) als auch seinen unverwechselbaren, außergewöhnlichen Schreibstil kennen eine Menge Superlative und werden mit Auszeichnungen wie „Meisterwerk“ und „ein Sprachvirtuose“ versehen. Briefsteller ist mein erstes Buch des Autors, aber ganz sicher nicht mein letztes und ich kann und muss mich diesen Lobeshymnen einfach bedingungslos anschließen.
Mikhail Shishkin versteht die Magie, die Worte kreieren können so wie nur sehr wenige Autoren es können und man kommt einfach nicht drumherum, Namen wie Fjodor Michailowitsch Dostojewski oder Lew Tolstoi im selben Atemzug zu nennen.

2 von 3 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 24.05.2012
Der Pakt / Feuer & Glas Dilogie Bd.1
Riebe, Brigitte

Der Pakt / Feuer & Glas Dilogie Bd.1


ausgezeichnet

Nicht einmal zwanzig Seiten dauert es, bis die junge Milla im Venedig des 16. Jahrhundert nicht einem sondern gleich zwei sehr interessanten, geheimnisvollen und obendrein äußerst gutaussehenden Jungen begegnet. Marco hat Haare rot wie Feuer, genau wie sie selbst, weshalb sie ihn aus der Ferne zunächst mit ihrem verschollenen Vater verwechselt. Gondoliere Luca hingegen hat dunkle Locken und scheint von einem seltsamen blauen Licht umgeben zu sein, das jedoch nur Milla sehen kann.

Wer nun denkt, dies sei der Beginn einer dieser langweiligen Dreiecksbeziehungen, die im Jugendbuchbereich zurzeit nahezu ein ganz eigenes Genre verkörpern, der täuscht sich gewaltig. Denn Milla weiß was sie will, auch wenn dies alle Gemüter gegen sie aufbringt und sie so nicht nur ihr eigenes Leben und das aller, die sie liebt in Gefahr bringt; das Schicksal von ganz Venedig hängt plötzlich von Milla ab.

Ein Brief ihres Vaters, eine geheimnisvolle Insel und ein jahrhundertealter Pakt zwischen den beiden Völkern Venedigs sind Dreh- und Angelpunkt dieses Romans, dessen Grundlagen auf historischen Tatsachen beruhen. Nicht nur der Zwist zwischen den Feuer- und den Wasserleuten in Venedig droht zu eskalieren, auch durch die Liga von Cambrai droht Venedig in einem brutalen Krieg in Schutt und Asche zerlegt zu werden. Nur Milla kann dies verhindern, doch muss sie dafür genau die eine Sache opfern, die ihr am allermeisten bedeutet.

Feuer und Glas verbindet die drei Genre: Historischer Roman, Jugendbuch sowie Urban Fantasy in beachtlicher Manier. Keines der Genre kommt zu kurz, keines sticht besonders hervor. Das dieses Buch überhaupt gut 500 Jahre vor unserer Zeit spielt merkt man lediglich an Kleinigkeiten, an einigen Details wie z.B. dass die Männer einen Wams, die Frauen wiederum ein Mieder tragen; vereinzelt allenfalls auch etwas am Sprachstil in den Dialogen. Ansonsten dürften auch Leser, die sich ehr auf den fantastischen Teil des Buches konzentrieren möchten großen Gefallen an dieser Story finden.

Der Spannungsbogen bleibt bis zur allerletzten Seite bestehen und dieses Buch, welches in der Tat der Auftakt einer Reihe zu sein scheint, endet genau dort, wo es für den Leser nicht allzu schmerzhaft ist und trotzdem die Neugier auf die Fortsetzung geweckt wird. Milla ist eine äußerst kluge und liebenswerte Protagonistin, nicht auf den Mund gefallen und trotzdem sehr emotional. Als Leser kann man gar nicht anders als sich kontinuierlich knapp 370 Seiten an ihre Fersen zu heften und mit ihr in diese ferne, vergangene Welt einzutauchen, die gleichermaßen geheimnisvoll als auch gefährlich ist.

Dass das Buch im Präteritum gehalten ist, störte mich nicht wirklich. Im Gegenteil, ich persönlich bevorzuge Bücher in der Gegenwartsform, selbst wenn es historische Romane sind. So scheint noch nicht alles verloren, noch nicht alles entschieden zu sein, sondern man ist tatsächlich mittendrin im Geschehen. Man hat das Gefühl, dass noch alles passieren kann.

Ein einziger, winziger Punkt hat mich an diesem Buch gestört. Immer wieder gibt es zwischen als auch innerhalb der Kapitel kleinere Sprünge, ganz so, als ob die Autorin die Geschichte in ihren Gedanken schon weiter entwickelt aber dabei vergessen hat, sie niederzuschreiben. So gehen Figuren plötzlich vertrauter miteinander um, als sie es nach ein paar Tagen Bekanntschaft tun dürften. Sie haben gewisse Gedankengänge schon viel weitergedacht, neue Ideen entwickelt oder befinden sich schon mittendrin im nächsten Unterfangen.

Ganz so, als ob einige Stunden, Tage oder Wochen vergangen wären, in denen man als Leser nicht anwesend war. Vielleicht wurde das Buch aber auch nur ein bisschen unsanft an eben etwas ungünstigen Stellen gekürzt? Wirklich stören tut dies ohnehin nicht, aber es fällt dennoch auf und wirft einem was den Lesefluss betrifft, immer mal wieder kleine Steine vor die Füße. Allerdings wirklich nur kleine Kieselsteine, über die man sicherlich nicht stolpern wird.

0 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 29.03.2012
Tod oder Liebe
Salvi, Manuela

Tod oder Liebe


ausgezeichnet

Zunächst ist Bianca alles andere als begeistert, als sie von Mailand zu ihrem Vater nach Süditalien ziehen soll. Sie ist kein Modepüppchen und keine Partymaus, sondern liebt es zu zeichnen und dabei Musik zu hören, doch am allermeisten liebt sie es, einfach alleine zu sein und von einer besseren Welt zu träumen. Denn die Welt aus der Bianca kommt, ist dunkel. Doch kaum in dem kleinen Ort angekommen, zieht Bianca mit ihrer unkonventionellen Art alle Aufmerksamkeit auf sich, vor allem die der Jungen in ihrer neuen Schule.
Einer fällt Bianca ganz besonders ins Auge. Er ist still, sehr still. Die Mitschüler halten sich von ihm fern, haben sogar Angst vor ihm, da ungeheuerliche Gerüchte über Manuel Lambiase die Runde machen. In der Pause ist er wie Bianca oft alleine, liest und hört Musik. Und auch wenn sich zu verlieben das letzte ist, was Bianca will, so kann sie sich Manuels Charme nicht entziehen und er sich ihrer geheimnisvollen Art ebenso wenig. Obwohl Bianca nicht nur von ihren Mitschülern und ihrem Vater, einem hochangesehen Richter sondern sogar von Manuel selber vor einer Verbindung zu ihm gewarnt wird, verliebt sie sich in ihn. Doch nach und nach erfährt Bianca immer mehr Details aus Manuels Leben und merkt langsam, wie viel Wahrheit in den Gerüchten über Manuel tatsächlich steckt. Denn der Schein trügt eben nicht immer.

Das Buch erfindet das Genre „ YA Contemporary Romance“ sicherlich nicht neu, aber die Story, das Setting und die Idee ist eine äußerst gelungene Abwechslung und hebt sich deutlich vom momentanen Jugendliteratur Einheitsbrei ab. Es werden immer wieder eine Art Tagebucheinträge den einzelnen Kapiteln vorangestellt, in denen Bianca in einer so ehrlichen, feinfühligen und emotionalen Weise schreibt, dass einem selber manchmal die Tränen kommen.
Überhaupt prägt ein äußerst schöner Schreibstil dieses Buch, nicht zu jugendlich aber auch nicht zu kitschig oder abgehoben. Es wird aus der allwissenden Perspektive erzählt, was in meinen Augen von der Autorin sehr clever gewählt ist. Zum einen erfährt man so auch etwas mehr über Manuel, lernt seine Welt nicht nur aus den Augen von Bianca kennen und zum anderen schafft diese Erzählweise aber auch eine gewisse Distanz zu den Figuren. Etwas das beide, Bianca und Manuel im Buch durchweg nach außen verkörpern: Ihnen bloß nicht zu nahe zu kommen!

Das Bianca einige äußerst dunkle Schatten aus ihrer Vergangenheit in Mailand mit sich rumträgt, wird einem als Leser schnell klar. Sie wirkt in dem was sie sagt oder tut aber keinesfalls melancholisch, sondern versucht sich lediglich mit ihrer ruhigen und verschlossenen Art zu schützen. Manuel kann ihr nicht helfen diese Schatten zu verdrängen, denn er wird selber von einigen verfolgt.
Doch zusammen wagen es beide wieder an eine Zukunft zu glauben, obwohl sie beide eigentlich der Ansicht sind, keine Zukunft zu haben. Besonders bei Manuel wird dieser Konflikt sehr oft deutlich und man merkt, wie er immer wieder zwischen dem steht, was er tut und dem was er eigentlich will. Denn wie Bianca es selber so schön beschreibt: „Es braucht nicht viel um einen Fehler zu machen.“ [S. 267]
Und in Manuels Fall könnte ein Fehler schon einer zu viel sein.

Tod oder Liebe handelt vom Erwachsenwerden und vom Entscheidungentreffen. Zwei Menschen, die ihren Platz im Leben suchen und dabei von Erwartungen, Verpflichtungen, anderen Menschen oder eben auch einfach von sich selber daran gehindert werden. Das Buch ist ein absoluter Pageturner, denn von der ersten bis zur letzten Seite taucht man ein in diese trügerische, süditalienische Welt mit Basilikum Pasta, Meer und Vespa fahren. Ein Buch für alle, die noch daran glauben, dass Liebe stärker ist als der Tod.

Bewertung vom 18.01.2012
Als gäbe es einen Himmel
Beerten, Els

Als gäbe es einen Himmel


sehr gut

Jef, seine Schwester Renée und Nesthäkchen Remi wachsen im belgischen Hasselt während des Zweiten Weltkriegs auf. Angst, Hunger und Bombenalarm gehören längst zum Alltag dazu, doch alle drei haben einen Weg gefunden, das Leben erträglicher zu machen: Musik. In der örtlichen Kneipe gestatten die Deutschen ihnen sogar, bis weit über die Ausgangssperre hinaus zu spielen.

Eines Tages stößt Ward zu ihnen, ein begnadeter Saxophonist. Er und Jef freunden sich schnell an, der kleine Remi blickt zu Ward auf, wie zu einem großen Helden und Renée verliebt sich in den charmanten Ward, der ihre Gefühle sogar erwidert.

Doch es ist Krieg und Belgien steht zwischen allen Fronten. Die Gefahr durch die deutschen Besatzer, darunter auch einige aus der "Schwarzen Garde" lauert an allen Ecken. Doch laut des neuen Priesters im Dorf geht die Gefahr für die Flamen nicht nur von den Deutschen aus; die kommunistischen und ungläubigen Russen sind auf dem Weg nach Belgien und wollen das Land und den christlichen Glauben vernichten. Hitler und Belgien haben in dieser Hinsicht doch einen gemeinsamen Feind, oder nicht?
Von dieser fanatischen Idee lassen sich viele junge Schüler aus Flandern, darunter auch Ward und Jef schnell begeistern, denn schließlich will in solchen Zeiten doch jeder ein Held werden und für das Vaterland kämpfen. Ward tritt der "Schwarzen Garde" bei und zieht als deutscher Soldat 1944 an die Ostfront. In eine Schlacht, die doch eigentlich schon längst verloren ist. Dabei weiß Ward sehr wohl, was ihm blüht, wenn er nach Hause zurückkehren wird. Für die Belgier ist er kein Held, kein Soldat, kein Kämpfer für die Freiheit, sondern lediglich ein Kollaborateur, ein Nazi. Und denen gnade Gott.

Die Geschichte wird aus der Sicht von allen vier Personen erzählt. Die Erzähler wechseln sogar innerhalb eines Kapitels, ohne dass der Leser zu Beginn drauf hingewiesen wird. Ich fand das etwas mühselig, da man im ersten Abschnitt nicht immer direkt herauslesen konnte, wer denn nun erzählt. Noch schwieriger wird es dann, als auch noch die Zeitebene kontinuierlich wechselt. Es wird aus der Vergangenheit erzählt, aus der Nachkriegszeit, als auch aus der fernen Zukunft (Ende der 60er Jahre.) Letzteres führt mich dabei gleich zum nächsten kleinen Kritikpunkt. Der Prolog ist ein Ausschnitt aus der Zukunft und spielt auf einer Beerdigung.
Dem Leser ist somit über das gesamte Buch hinweg klar, dass ein Charakter am Ende sterben wird und das auf eine ziemlich unrühmliche Weise. Die Familie redet nicht direkt abwertend über die Person, aber doch sehr kühl und distanziert. Mir war sofort klar, dass diese Person, die leider auch noch namentlich erwähnt wird, im Verlauf des Buches in Ungnade fallen wird. Warum machen Autoren so etwas nur? Durch diesen Umstand wollte einfach nicht so recht Spannung aufkommen, da man zumindest immer eine sehr genaue Ahnung hatte, wie die Geschichte ausgehen wird. Dabei ist die Story wirklich außergewöhnlich, erzählt den Krieg einmal aus einer ganz anderen Perspektive und ich mochte besonders die Figuren Ward und Remi sehr, sehr gerne.

Die Umstände während und nach dem Krieg werden sehr authentisch dargestellt und vermittelt. Das Orchester kann man im eigenen Ohr fast spielen hören und man zittert automatisch mit, wenn es an der Tür klopft, aus lauter Angst, es könnten deutsche Soldaten sein. Das Buch vermittelt, das nicht immer strikt in Gut und Böse unterteilt werden kann und das besonders in solchen Zeiten, eines zum anderen werden kann. Ein Buch übers Fehler machen, Angst haben und damit Weiterleben müssen.
Denjenigen, die sich für das Buch interessieren, möchte ich allerdings raten, den Prolog erst am Ende zu lesen, damit er euch und dem Aufbau der Spannung während des Lesens nicht ständig im Weg steht und euch schlussendlich womöglich noch ein Bein stellt.

Bewertung vom 16.11.2011
Saeculum
Poznanski, Ursula

Saeculum


sehr gut

Saeculum heißt Jahrhundert und ist der Name des Rollenspiels, zu dem sich Bastian von Sandra überreden lässt. Eigentlich sind das Mittelalter, Verkleiden und Schwertkämpfe nicht seine Welt, viel lieber würde er zuhause bleiben und dort für sein Medizinstudium büffeln.
Doch noch bevor es richtig losgeht, befallen Bastian Zweifel an dieser Entscheidung. Nicht nur dieser anonyme Anrufer, der Bastian rät nicht an dem Rollenspiel teilzunehmen, beunruhigen ihn. Manche in der Gruppe benehmen sich Bastian gegenüber sehr seltsam, einige überfreundlich andere wiederum ablehnend und sogar feindselig.
Dabei kennt Bastian außer Sandra doch niemanden aus der Gruppe. Kaum in dem abgelegen Waldstück angekommen, wo das Rollenspiel fünf Tage lang seinen Lauf nehmen soll, benimmt sich auch Sandra Bastian gegenüber plötzlich völlig anders. Gerade so, als ob sie ihn nicht mehr leiden könnte. Sie beginnt, ihm aus dem Weg zu gehen oder ihn vor allen anderen völlig grundlos anzufeinden. Aber warum war sie dann vorher so versessen darauf, dass Bastian mit ihr mitkommt? Viel Zeit darüber nachzudenken, bleibt Bastian nicht. Eine alte Sage lastet angeblich dem Waldstück an, ein Fluch, der reeller zu werden scheint, als es Bastian und der Gruppe lieb ist. Seltsame Dinge geschehen und schließlich passiert das Unvorstellbare: Einer aus der Gruppe verschwindet spurlos. Und er soll nicht der letzte gewesen sein.

Das erste Kapitel des Buches spielt auf einem mittelalterlichen Markt, an dessen Umgebung und Bräuche sich nicht nur Bastian sondern auch ich mich erst einmal gewöhnen musste. Viele Personen werden vorgestellt, darunter einige, die später auch an dem Rollenspiel im Wald teilnehmen werden. Dabei waren mir kaum welche der Charaktere auf Anhieb wirklich sympathisch. Nicht die aufgekratzte Sandra, nicht der selbstbewusste Paul, die übernatürlich schöne Lisbeth mit ihrem Anhängsel Georg, nicht Doro, die glaubt mit Geistern kommunizieren zu können und selbst den dicklichen Steinchen fand ich bestenfalls nur ganz nett. Lediglich Bastian konnte mich mit seiner intelligenten und gleichzeitig ganz witzigen Art für sich begeistern.
Und da das Buch hauptsächlich aus seiner Sicht erzählt wird, konnte ich im Verlauf der Story gut damit leben, dass mir die anderen Figuren mehr oder weniger egal waren. Sobald die Gruppe das Waldstück betritt, bekommt man als Leser dieses beunruhigende Gefühl, das dort irgendetwas nicht mit rechten Dingen zugeht. Spannung, Grusel und Neugier geben sich von nun an abwechselnd die Klinke in die Hand. Geschickt hat die Autorin etwa aber der Hälfte des Buches einen zweiten Handlungsstrang parallel zu dem angeblich verfluchten Waldstück laufen lassen und irgendwann war ich als Leser dadurch an einem Punkt angelangt, an dem ich nicht mehr wusste, welchem Pfad ich nun folgen soll, welcher der Handlungsstränge der richtungsweisende ist. Kurz: Die Geschichte hatte mich voll und ganz in ihren Bann gezogen.
Einige Stellen waren mir zu umfangreich beschrieben, sodass die Story immer wieder ausgebremst wurde. Gerade diese actionreichen Szenen dauerten mir einfach viel zu lange, sodass diese Hochspannung schon langsam wieder nachließ, obwohl man noch mittendrin im Geschehen war. Vielleicht kann man sagen, dem Buch fehlten ein wenig die Knalleffekte. Nichtsdestotrotz hat mir die Entwicklung der Geschichte extrem gut gefallen, denn sie geht schlussendlich in eine Richtung, die man niemals erwartet hätte.

Ursula Poznanski ist es zum zweiten Mal gelungen einen mitreißenden und vor allem für jüngere Leser sehr authentischen Jugendthriller zu schreiben. Ein paar Kürzungen hier und da hätte nicht nur den Umfang des Buches gut getan, sondern auch die Story etwas flinker vorankommen lassen. Doch abgesehen davon, kann ich Saeculum uneingeschränkt jedem empfehlen, der auf der Suche nach ein paar Stunden Gänsehaut ist und tief in eine düstere, spannungsgeladene Atmosphäre eintauchen möchte.

3 von 3 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 03.11.2011
Arkadien fällt / Arkadien Trilogie Bd.3
Meyer, Kai

Arkadien fällt / Arkadien Trilogie Bd.3


ausgezeichnet

Der Wiedereinstieg in die Arkadien Reihe gestaltet sich erst einmal ruhig und es werden einige Details aus den Vorgängern nochmal aufgeführt. Kurz: ich hatte absolut keine Probleme alle Namen, Orte und Geschehnisse wieder richtig zuzuordnen.

Rosa und Alessandro sind natürlich immer noch die zentralen Figuren der Geschichte. Die beiden Teenager, die jeweils das Oberhaupt ihres Clans der sizilianischen Mafia und darüber hinaus mit einer ganz besonderen Gabe bedacht sind. Eine Gabe, die vor allem Rosa im Vergleich zum zweiten Band Arkadien brennt nun sehr viel besser kontrollieren und für sich zum Nutzen machen kann. Doch dadurch sind die Probleme für sie und Alessandro nicht geringer geworden, im Gegenteil.
Den beiden verfeindeten Clans ist ihre Beziehung nach wie vor ein Dorn im Auge und die Zeit, in denen dies nur verbal oder durch kleinere Seitenhiebe zum Ausdruck gebracht wurde, ist nun endgültig vorbei. Rosa und Alessandro werden zur Zielscheibe ihrer eigenen Clans, ihrer eigenen Familien. Sie werden verfolgt, gejagt und bedroht und müssen fortan um ihr Leben fürchten. Doch noch gibt es einige Ungereimtheiten, was ihre Gabe, die Entstehung und den Untergang Arkadiens sowie deren Zusammenhang mit der Cosa Nostra betrifft. Rosa und Alessandro machen sich auf die Suche, stolpern mal mehr und mal weniger zufällig über Hinweise, die ihnen eines klar vor Augen führen: Sie selbst sind der Schlüssel zu diesem Rätsel und ohne Hilfe werden sie es nicht lösen können. Doch wem können sie noch vertrauen, wenn sie für ihre eigenen Clans Verräter und für die Polizei Verbrecher sind?

Endlich mal wieder ein dritter Teil einer Reihe, der mich als Leser wirklich zufrieden und ohne offene Fragen zurücklässt. In diesem dritten Teil der Reihe wird sehr viel erklärt, viele Dinge aus den beiden Vorgängern werden aufgedeckt und machen durchweg Sinn. Nichts hat Kai Meyer dem Zufall überlassen. Nichts wurde einfach ausgelassen oder nur noch am Rande mal erwähnt. Alles, was aufgeklärt werden musste, wird in Arkadien fällt auch aufgeklärt und die komplette Story fügt sich langsam aus vielen kleinen Puzzleteilen zu einem fertigen Bild zusammen. Eben genauso, wie es sich in meinen Augen für einen Abschluss einer Trilogie auch gehört. In Puncto Spannung kann dieser Teil zwar nicht ganz mit den beiden Vorgängern mithalten, doch was Gefühle und Emotionen betrifft, schlägt er die beiden, in meinen Augen um Längen.
Ob nun die Liebe zwischen Rosa und Alessandro, die an Ernsthaftigkeit gewonnen hat, das Ehrgefühl gegenüber ihren Familien, die pure Angst um ihr Leben oder auch nur alleine das Bewusstsein, für das Schicksal anderer Menschen verantwortlich zu sein, stürzt gerade Rosa oftmals in einen Gewissenskonflikt; lässt die beiden Charaktere dadurch aber auch sehr viel reifer erscheinen. Rosa ist nicht mehr das kleine, schüchterne, blonde Mädchen, das sie noch in New York gewesen ist. Alessandro lässt sich nicht mehr blind von Machtgier und Rachegefühlen beeinflussen. Die Figuren haben schlichtweg eine Entwicklung gemacht, sie haben eine Geschichte zu erzählen, die einen von der ersten Seite in Arkadien erwacht bis zum aller Letzen Wort in Arkadien fällt nicht mehr loslässt.

Dass die Arkadien Reihe womöglich mit diesem dritten Teil noch nicht völlig abgeschlossen sein soll, merkt man durch das gesamte Buch hinweg sehr deutlich. Keine Tür wurde endgültig geschlossen und es gibt einige Anhaltspunkte, wo Kai Meyer in weiteren Bänden wieder ansetzen könnte. Ich hoffe wirklich sehr, dass ich irgendwann mal wieder zu Rosa und Alessandro zurückkehren kann und ich dann auch mehr als nur meine eigene Vermutung haben werde, was denn nun in diesem verdammten Ding drin gewesen ist!

3 von 3 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 01.10.2011
Das kalte Herz der Schuld
Jarzab, Anna

Das kalte Herz der Schuld


ausgezeichnet

Vor einem Jahr wurde Neilys Ex-Freundin Carly auf einer Brücke kaltblütig erschossen. Obwohl sie kein Paar mehr waren als es passierte, ist der sensible Neily noch lange nicht über diesen Verlust hinweg und zieht sich fast vollständig in seine Welt zurück. Seinen Mitmenschen, auch seinen Eltern begegnet er kühl und abweisend. Nur sein bester Freund Harvey und Carlys Cousine Audrey öffnet er sich sporadisch und lässt erkennen, wie viel ihm Carly trotz der Trennung bedeutet hat. Dabei fällt es ihm denkbar schwer gerade mit Audrey umzugehen, denn ihr Vater und somit Carlys Onkel, wurde als Täter überführt und verurteilt. Doch Audrey ist von der Unschuld ihres Vaters überzeugt und auch Neily glaubt nicht daran, dass der Mord an seiner Ex-Freundin eine Familientragödie ist. Da der Fall für die Polizei abgeschlossen ist, beginnen Neily und Audrey auf eigene Faust zu ermitteln. Vor ihrem Tod hatte Carly sich stark verändert, hatte ihren langjährigen Freund Neily u.a. für den Schulschwarm und bekannten Drogendealer Adam verlassen. Schritt für Schritt kommt das Duo der Wahrheit nun auf die Schliche und beide müssen dabei sehr schmerzhafte Erkenntnisse sowie Erinnerungen verarbeiten, die wiederum starke Schuldgefühle hervorbringen. Hätten sie Carly womöglich retten können? Viel Zeit darüber nachzudenken bleibt ihnen allerdings nicht, denn dem Täter gefällt es ganz und gar nicht, dass die beiden Teenager herumschnüffeln und Nachforschungen anstellen.
Das kalte Herz der Schuld ist ein überaus gelungener Jugendthriller. Es ist schwer eine Beziehung zu einer Figur in einem Buch aufzubauen, wenn diese bereits von Anfang an tot ist und man sie nur durch die Erinnerungen der Anderen kennen lernen kann. Aber genau das ist der Autorin mehr als gelungen, was vor allem an Neily liegt. Der Junge ist einem von der ersten bis zur letzten Seite sympathisch, gerade durch seine leicht sarkastischen Äußerungen, aber eben auch durch seine sanfte, verletzliche Seite. Bei Audrey hat man anfangs ein paar Zweifel, man kann sie einfach nicht richtig einschätzen, aber auch sie hat eine Geschichte zu erzählen, welche dem Buch Spannung verleiht. Die Geschichte wird abwechselnd aus den beiden Perspektiven beschrieben, wobei beide auch sehr viel aus der Vergangenheit erzählen, als Carly noch am Leben war. Als die Erzählperspektive nach gut 180 Seiten zum ersten Mal wechselte, wurde das noch kurz am Anfang des Kapitels angezeigt, nachher jedoch nicht mehr. Das hatte dann zur Folge, dass der Übergang gar nicht erkennbar war und ich das dann auf den ersten ca. fünf Seiten gar nicht mitbekommen habe, dass nun wieder der jeweils andere erzählt. Hätte man einfach etwas schöner lösen können.
Ansonsten habe ich an diesem Buch absolut nichts zu bemängeln. Spannung und Gefühle sind gleichermaßen vorhanden und es werden genügend falsche Fährten gelegt, um den Leser in die Irre zu führen. Die Zusammenhänge sind, wie es sich für einen guten Thriller gehört, verworren, aber immer noch logisch und nachvollziehbar. Alleine das ausgeprägte Drogenmilieu in der Kleinstadt, sowie die hoch konstituierte Privatschule als Schauplatz, bieten einfach genug Raum für Spekulationen und Vermutungen. Ein spannendes und mitreißendes Buch, nicht nur für Teenager, mit einer klaren Botschaft und jede Menge Herzschmerzpotential.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 09.08.2011
Sieben Minuten nach Mitternacht
Ness, Patrick; Dowd, Siobhan

Sieben Minuten nach Mitternacht


ausgezeichnet

Genau sieben Minuten nach Mitternacht sind es jedes Mal, wenn der junge Conor O'Malley im Traum Besuch bekommt. Doch nicht irgendeinen Besuch, sondern ein furchteinflößendes, übergroßes Monster, mit langen Tannennadeln übersäht kommt über die Weide auf sein Haus zugelaufen. Doch so beängstigend das Monster auch aussehen mag, im Grunde möchte es nur zwei bestimmte Dinge von Conor: Geschichten, und zwar gleich vier Stück. Die ersten drei möchte das Monster Conor erzählen und verlangt dabei lediglich bedingungslose Aufmerksamkeit; die vierte Geschichte soll hingegen Conor dem Monster erzählen. Die Wahrheit, wie das Monster sie nennt. Da Conor viel zu verängstigt, verwirrt aber doch auch neugierig ist, willigt er schlussendlich ein. Allerdings sind die Geschichten, die das Monster ihm erzählt ganz anders, als Conor erwartet hatte und scheinen zudem auch noch mit ihm selber und seinem Umfeld zu tun zu haben. Ist es wirklich nur ein Alptraum, der immer wieder kehrt oder gibt es das Monster tatsächlich?
Dabei wird Conor nicht nur in seinen Träumen mit zunächst unbegreiflichen Tatsachen konfrontiert, sondern auch im richtigen Leben hat der Junge es alles andere als leicht.

Als Scheidungskind lebt er bei seiner todkranken Mutter, vom Vater hört er nur sporadisch etwas, die Großmutter scheint wie aus einem bösen Märchen entsprungen zu sein und Conors Mitschüler übersehen ihn weites gehend, sofern er nicht gerade wieder die Zielscheibe einer Gruppe Raufbolde ist. Dabei legt der 13-Jährige eine Reife an den Tag, dass der Leser gar nicht anders kann, als ihn zu mögen, ihn zu verstehen, ihn beschützen zu wollen und mit ihm zu leiden. Und Leid, das tut Conor zu Genüge. Denn plötzlich taucht ein zweites Monster auf, welches ihn mit seiner größten Angst konfrontiert. Jede Nacht aufs Neue. Und nur eines kann Conor am Ende helfen, diese Alpträume zu besiegen: die Wahrheit.

Einzelne Szenen sind so schonungslos realistisch bzw. lebendig beschrieben, dass ich das Buch für eine Weile zur Seite legen musste. An anderen Stellen ertappte ich mich dabei, wie ich einfach nur die Illustrationen angesehen und auf mich wirken gelassen habe. Protagonist Conor erlebt während diesen gut zweihundert Seiten so unglaublich viel, muss so unfassbar viel ertragen, wie man es keinem Menschen auf der Welt jemals wünschen würde, schon gar nicht einem 13-jährigen Jungen. Das Buch macht einen traurig aber zugleich macht es einem auch Mut, sich der eigenen Wahrheit zu stellen, sodass man schlussendlich von seinen Mitmenschen gesehen und verstanden wird. Doch vornehmlich geht es darum, dass man sich selber versteht und sieht, wer oder was man ist. Nämlich ein Mensch - mit Fehlern, Schwächen und vor allem Ängsten. Etwas, an dem einfach nichts Verwerfliches sein kann und darf.

Patrick Ness hat dieses Buch nach einer Idee seiner Autorenkollegin Siobhan Dowd geschrieben, die bereits 2007 ihrem Krebsleiden erlag. In einem Interview sagte er, dass diese Geschichte nur darauf wartete, „zum Leben erweckt“ zu werden. Im Vorwort erwähnt er des Weiteren, dass es ihm vornehmlich darum ging, ein Buch zu schreiben, welches Siobhan Dowd gefallen hätte.
Natürlich kann ich beim zweiten Punkt auch nur spekulieren, doch ersteres ist Patrick Ness in brillanter Art und Weise gelungen; denn ich persönlich finde, dass er mit die

2 von 4 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

12