Benutzer
Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
Roger
Wohnort: 
Hamburg

Bewertungen

Bewertung vom 30.03.2009
Warum unsere Kinder Tyrannen werden
Winterhoff, Michael

Warum unsere Kinder Tyrannen werden


schlecht

Die positiven Kommentare zu Winterhoffs Buch und die hohen Verkaufszahlen sind mir ein Rätsel. Offenbar kaufen viele Eltern dieses Buch, die über hohes Einkommen und belastende Erziehungsprobleme verfügen, vielleicht auch Lehrer, Winterhoffs Tyrannen-Bücher. Sehr erstaunlich ist dies vor allem angesichts des unverschämt hohen Verkaufspreises von über 17 EUR für ein Buch, welches die Sichtweise eines Kinder- und Jugendpsychiaters auf seine gestörten Patienten schildert. Nicht mehr und nicht weniger.
Die subjektiven Schlussfolgerungen Winterhoffs werden scheinbar als Erziehungstipps missverstanden. Dabei legt Winterhoff eigentlich nicht offen, aus welchen wissenschaftlichen Werken er "abgeschrieben" hat bzw. worauf er sich theoretisch stützt. So bleibt das Buch von der ersten bis zur letzten Seite schwammiges Monologisieren über pädagogische Situationen. In letzter Zeit, vor allem seit dem erneuten Amok-Lauf oder besser dem mit Attentaten und Morden inszenierten Schüler-Selbstmord in Winnenden, sitzt er als "Experte" in TV-Gesprächsrunden. Kaum jemand scheint zu verstehen, was er mit seinen pseudowissenschaftlichen Satzkonstruktionen meint und hilflos rettet er sich gern auf den Standpunkt: Ich bin doch kein Pädagoge, sondern Kinder- und Jugendlichen-Psychiater und beschreibe Erfahrungen mit gestörten Kindern. So ist es.
Leider fehlt dieser Hinweis, fett gedruckt auf der Titelseite:
Warnung: Hier äußert sich kein Pädagoge, hier erzählt ein Kinderpsychiater Geschichtchen über krankhaft gestörte Kinder.

Nimmt man Winterhoffs Buch und legt einen Klassiker der Psychiatrie bzw. der Tiefenpsychologie, auf die er sich beruft, etwa von Sigmund Freud oder noch besser von Anna Freud, daneben, dann wird erst deutlich, wie schwach diese Monologe Winterhoffs sind. Er springt zwischen Versatzstücken verschiedener theoretischer Ansätze hin und her, fügt Situationsbeschreibungen ein und erklärt diese plötzlich zum Alltag in Grundschulen. Stützt er sich dabei auf einschlägige empirische Untersuchungen des Unterrichts in Grundschulen? Die Tipps, auf die die Leserschaft hofft, spricht er nicht offen aus. Er geht das indirekt an. Übersetzt man Winterhoff in direkte Handlungsanweisung, dann fordert er:
Macht den Kindern unter allen Umständen klar, dass sie sich unterzuordnen haben.
Wer die naturgegebene Hackordnung verletzt, hat verloren.
Partnerschaftlicher Umgang mit Kindern ist eine folgenschwere "Zwangsbefreiung" der Kinder, das macht sie krank!
Fazit: Der Neo-Konservativismus fordert Autorität! Ansonsten: Weltuntergang wg. antiautoritärer Erziehung. Armes Deutschland.

Meiner Meinung nach war dies ein echter Fehlkauf, ich werde in meiner Buchhandlung fragen, ob das Buch zurück genommen wird.
Roger Dorman, Hamburg

45 von 72 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.