Benutzer
Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
Bella von www.bellaswonderworld.de
Wohnort: 
Karlsruhe
Über mich: 
Ich bin 31 Jahre alt und mein größtes Hobby ist das Lesen. Ich verschlinge alle möglichen Titel querbeet durch die verschiedensten Genres. Meine Leseleidenschaft teile ich mit anderen Lesebegeisterten auf meinem Blog www.bellaswonderworld.de

Bewertungen

Insgesamt 1143 Bewertungen
Bewertung vom 12.11.2021
Phon
de Moor, Marente

Phon


gut

Beschreibung

Ohrenbetäubende Geräusche am Himmel über den einsamen Wäldern Westrusslands treiben Lew fast in den Wahnsinn. Seine jüngere Ehefrau Nadja, wohnt mit ihm in naturverbundener Einsamkeit, denn die Kinder sind schon lange erwachsen und aus dem Haus und so schweift sie in Gedanken immer wieder zu dem großen gemeinsamen Traum ab, den sie einst an diesen Ort verschlug.

Mit den Geräuschen kommen auch die Erinnerungen an die Vergangenheit und finstere Ereignisse zurück, die sie längst begraben glaubte….

Meine Meinung

Sehr gerne folge ich Geschichten in einsame Gebiete und an weit entfernten Orte, sodass ich bei Marente de Moors neuem Roman »Phon« einfach nicht widerstehen konnte. Als Schauplatz dient nämlich der mythenbehaftete russische Wald und außerdem verspricht die Geschichte, über ein dort lebendes Ehepaar, subtile Spannung durch die psychologischen Aspekte der Isolation.

Die Geschichte wird aus der Perspektive von Nadja erzählt, die sich als Studentin in ihren Professor verliebte, ihn später heiratete und schließlich gemeinsam mit ihrer großen Liebe den Traum von einer Forschungsstation in den russischen Wäldern träumte. Doch gegenwärtig ist Lew nur noch ein Schatten seiner selbst und während komische Geräusche aus dem Himmel eine berückende Atmosphäre schaffen, faselt Nadja etwas von einem Zugführer und die Wunden der Vergangenheit über das Scheitern ihres großen Traumes wird wieder aufgerissen.

Sehr gut gefallen hat mir die unheimlich dichte Stimmung, die Marente de Moor vor allen Dingen durch das Unwissen über die Vergangenheit erzeugt, aber auch aktuelle Ereignisse bleiben lange im Schatten. Diese subtile Art der Spannungsmache kriecht einem förmlich unter die Haut.

Weniger mitreißend empfand ich Nadjas Gedankenergüsse, die eine deprimierende Sicht der Dinge offenbaren, wohl aufgrund ihres gescheiterten Lebens und dem zerrütteten Zusammenleben mit Lew, also zum Teil vollkommen nachvollziehbar. Alles in allem sehr bedrückend und ohne Anzeichen einer Entwicklung.

In »Phon«, vom Verlag als psychologisches Verwirrspiel betitelt, habe ich mich tatsächlich zwischen der Handlung im Wald und der teils konfusen Gedankenwelt Nadjas verloren und Marene de Moor hat mich mit ihrem Roman vollkommen verwundert zurückgelassen. Ehrlich gesagt konnten mich weder die Figuren berühren, noch konnte ich der verwirrenden Entwicklung, inklusive Rückblenden auf das Leben des Zoologenpaars etwas abgewinnen. Allerdings empfand ich den Ausflug in die russischen Wälder, die Natur mit ihren Tieren sowie die Einsamkeit an sich sehr spannend und auf eine fast schon surreale Weise faszinierend. Das war auch der Grund, warum mich das Buch schließlich nicht losgelassen hat.

Fazit

Ein berückender Roman über scheiternde Träume und das Einsiedlerdasein in der russischen Wildnis. Natur und Poesie von Marente de Moors Erzählkunst haben mir gut gefallen, leider haben mich jedoch die Protagonisten vollkommen kalt gelassen, sodass ich keine Bindung zu ihnen aufbauen konnte.

--------------------------------

© Bellas Wonderworld; Rezension vom 29.09.2021

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 12.11.2021
Harlem Shuffle
Whitehead, Colson

Harlem Shuffle


gut

Beschreibung

Ray Carney ist Geschäftsmann und führt im Harlem der 1960er Jahre einen Möbelladen. Doch das Geschäft läuft schlecht, vielen Kunden gewährt er Kredit, zu viel Kredit, und so kann er sich das Einkommen für sich und seine Familie nur durch etwas Hehlerei nebenbei sichern.

Durch seinen Cousin Freddy, der für ihn wie ein Bruder ist, wird er in einen Coup im legendären Hotel Theresa hineingezogen und rutscht immer tiefer in die Ganovenszene Harlems. Polizei und Gangster werden zu regelmäßigen Gästen in seinem Laden und die Gefahr, dass ihm sein Doppelleben um die Ohren fliegt, wird immer größer…

Meine Meinung

Der mehrfache Pulitzer-Preisträger Colson Whitehead hatte mich bereits mit seinen Romanen »Underground Railroad«, welcher von einem geheimen Fluchtnetzwerk schwarzer Sklaven handelt, und »Die Nickel Boys«, bei dem es über Rassentrennung und Gewalt in einer Besserungsanstalt für Jugendliche geht, schwer begeistert.

In Colson Whiteheads neuestem Roman »Harlem Shuffle« nimmt sich der Autor den Stadtbezirk Harlem von New York City in den 1960er Jahren vor und liefert dieses Mal keinen schockierenden und berührenden Roman über Rassismus, sondern eine astreine Gaunergeschichte vor dem lebendigen und sich wandelnden Harlem mit seinen Stilikonen wie z. B. das Hotel Theresa. Eine Art Hommage an Harlem, den Mittelpunkt des schwarzen Lebens in New York City seit Mitte des 20. Jahrhunderts, welches bis heute von den afroamerikanischen Traditionen geprägt ist.

Im Mittelpunkt des Geschehens steht der Geschäftsmann Ray Carney, der stolz auf seinen Möbelladen ist und das Herz am rechten Fleck trägt, das kommt besonders dann zum Tragen, wenn er seinen Kunden immer wieder Ratenzahlungen anbietet, obwohl es die finanzielle Situation nicht hergibt. Nebenbei vertickt er immer wieder heiße Ware, vornehmlich Radios und Fernseher, was ihm das nötige Kleingeld liefert, um seine Familie über die Runden zu bringen. Seine Schwiegereltern hätten sich allerdings eine bessere Partie für ihre Tochter gewünscht und auch Ray möchte insgeheim eine schönere Wohnung und mehr Platz für den anstehenden Familiennachwuchs.

Carney ist zuversichtlich, dass er mit seiner legalen Arbeit und dem kleinen Zubrot alles erreichen kann, was er sich wünscht, doch dann zieht ihn sein Cousin Freddy, der wie ein Bruder für ihn ist, in einen größeren kriminellen Coup als Hehler. Zunehmend schlittert Carney in die Verstrickungen von Harlems Banditen und versucht den Spagat zwischen Gutbürger und Ganove zu meistern, ohne seine Familie in Gefahr zu bringen.

Randnotiz in Colson Whiteheads Ganovenstück »Harlem Shuffle« bleiben die Konkurrenz und Ungleichheiten zwischen weißen und schwarzen Geschäftsleuten, die Arbeit von Ray Carneys Frau in einem Reisebüro, welches sichere Reisepläne und Informationen für die schwarze Bevölkerung anbietet, und auch die Unruhen nach der Ermordung des Schülers James Powell durch einen weißen Polizisten im Juli 1964 tauchen als Puzzlestück im Gesamtbild auf, ohne einen zu großen Raum einzunehmen.

Ich habe es sehr genossen mit Ray durch Harlem zu schlendern, in die dicht gewebte Atmosphäre seiner Möbelwelt abzutauchen und eine Kostprobe der illegalen Szene von Harlems Kriminellen zu bekommen. Allerdings muss ich sagen, dass mich die Geschichte nicht so berühren konnte wie ich es von seinen vorherigen Romanen gewohnt war. Außerdem hätte ich mir gewünscht, dass Rays Frau auch etwas mehr Aufmerksamkeit bekommt, denn in den Grundzügen fand ich diese Figur sehr reizvoll und man hätte sicherlich etwas mehr aus ihrer Rolle machen können. Star des Romans bleibt für mich daher New York Citys berühmter Bezirk Harlem.

Fazit

Atmosphärisch dicht erzählt, erweckt Whitehead das Harlem in den 60er Jahren zum Leben. Allerdings konnte mich diese Ganoven-Geschichte nicht ganz so sehr mitnehmen, wie es »Underground Railroad« oder »Die Nickel Boys« vermochten.

--------------------------------

© Bellas Wonderworld; Rezension vo

Bewertung vom 12.11.2021
Mythen der Antike: Eros & Psyche (Graphic Novel)
Ferry, Luc;Bruneau, Clotilde

Mythen der Antike: Eros & Psyche (Graphic Novel)


ausgezeichnet

Meine Meinung

In dieser weiteren Ausgabe aus der Reihe »Mythen der Antike« erzählten Luc Ferry & Clotilde Bruneau die Geschichte des Gottes Eros und der wunderschönen Sterblichen Psyche und haben sich für die künstlerische Arbeit Diego Oddi ins Boot geholt, der bereits »Ödipus« illustrierte.

Beginnend bei der Geburtsparty Aphrodites, der Göttin der Schönheit, Begierde und Fortpflanzung, wird passenderweise Eros, der Gott der Liebe gezeugt. Abhängig vom jeweiligen Erzähler sind in der griechischen Mythologie unterschiedliche Eltern benannt, in diesem Comic wird auf die Fassung von Platon zurückgegriffen, bei der der listige und erfindungsreiche Poros und die ärmliche Penia diese Rolle einnehmen.

Aphrodite entgeht nicht die Begabung von Eros, der sein Ziel immer findet, egal was er jagt und erkennt darin einen Wert für sich. So nimmt sich Aphrodite den jungen Eros unter die Fittiche und spannt ihn immer wieder für ihre Zwecke ein.

Als die ungebührliche Schönheit der sterblichen Königstochter Psyche den Neid Aphrodites wecken, schickt sie Eros aus, um Psyche an ein Monster zu vermählen. Doch Eros verliebt sich in die junge Frau und bringt sie mithilfe des Westwindes Zephyros in seinen Palast, wo sie sich des Nachts vereinigen. Sein Antlitz hält er vor Psyche jedoch geheim, sodass diese von Neugier und ihren missgünstigen und von Neid zerfressenen Schwestern getrieben, herausfinden will, wer ihr Liebhaber tatsächlich ist.

Psyche erkennt bei ihrem Vorhaben im Kerzenschein Eros, welcher sich verraten fühlt und sie daraufhin verstößt. Doch ihre Liebe ist so groß, dass sie alles dafür tun würde, um ihren Liebsten zurückzuerobern. Aphrodite legt ihr mehrere Herausforderungen auf, bei deren Bestehen sie ihre Liebe zu Eros unter Beweis stellen und das Ansehen von Aphrodite gewinnen kann.

Die Geschichte von »Eros & Psyche« kommt einem antiken Märchen gleich, dem ein philosophischer Gedanke zugrunde liegt, der im ausführlichen Anhangmaterial von Luc Ferry leicht verständlich erklärt wird. Ich finde es grandios, wie die Erzählung dadurch an Tiefe gewinnt und bin mal wieder begeistert von dieser großartigen Comicausgabe. So macht Mythologie Spaß!

Die Geschichte ist in sich abgeschlossen und eignet sich daher perfekt für Comic-Einsteiger, die sich für die Legenden der Götter und deren Hintergründe interessieren.

Ein klarer Pluspunkt ist auch das herrliche Artwork von Diego Oddi, das mit einer klaren Linienführung und einer ansprechenden Koloration den märchenhaften Charakter der Geschichte unterstreicht.

Fazit

Schönheit, Neid und Missgunst verpackt zu dem göttlichen Märchen von »Eros & Psyche« deren Liebe und Leidenschaft stärker ist als alles andere.

--------------------------------

© Bellas Wonderworld; Rezension vom 27.09.2021

Bewertung vom 12.11.2021
Der Mauersegler
Schreiber, Jasmin

Der Mauersegler


ausgezeichnet

Meine Meinung

Jasmin Schreiber hatte mich mit ihrem Debütroman »Marianengraben« und mit ihrer Art zu Schreiben direkt abgeholt. Sie versteht es die Schattierungen von Trauer mit einer Originalität und Komik zu mischen, was ihre Geschichten mit Licht erfüllt.

In ihrem neuen Roman »Der Mauersegler« bleibt die Schriftstellerin ihrem Sujet treu, denn es stehen wieder schwere Themen von Trauer, Schuld, Verzweiflung, Suizid und Tod im Vordergrund. Dieses Mal dicht verwoben mit der Natur, und durch die Namensverwandtschaften auch mit der Mythologie.

Der Hauptakteur Prometheus, der seinen Namen dem griechischen Gott, der den Menschen das Feuer brachte, verdankt, ist Arzt und steht nun mit seiner protzigen Arztkutsche an einem Autostrand in Dänemark und will sich das Leben nehmen. Doch der Suizid gelingt ihm nicht, genauso wenig wie er seinem allerbesten Freund das Leben retten konnte.

Mit Jakob verband ihn seit der Kindheit ein starkes Band, die Freunde erzählten sich alles und in rückblickenden Erinnerungsfetzen erhält man Einblick in die Gespräche der Freunde, die sich auch immer wieder um die faszinierenden Mauersegler drehen, welche ihr ganzes Leben im Flug verbringen.

Schnell ist klar, dass Prometheus eine Schuld auf sich geladen hat, der er mit dem Tod zu entrinnen hofft. Am dänischen Strand wird er, von seiner Verzweiflung überwältigt, von der alten Frau Aslaug gefunden. Aslaug hilft ihm sein Auto abzuschleppen, welches im Sand feststeckt – so wie Prometheus in einer Sackgasse – und nimmt ihn auf dem Pferdehof von sich und ihrer Lebensgefährtin Helle auf. Das ältere Pärchen gibt Prometheus einen Rückzugsort und die Zeit und Ruhe sich und seine Gefühle zu ordnen.

Richtig gut gefallen haben mir die starken Unterschiede im Naturell der beiden Frauen, deren Namen übrigens aus der nordischen und griechischen Mythologie stammen. Während Aslaug eine resolute und bestimmende Ader in sich trägt, die schon einmal überschäumen kann, ist Helle die gutmütige Seele auf dem Pferdehof, die für jede Blessur ein Kraut oder Salbe vorrätig hat.

In dieser geschützten Umgebung durchlebt Prometheus die Wut über den Verlust seines engsten Vertrauten Jakob, der an Krebs erkrankte. Hinzu kommen die übergroßen Schuldgefühle, da er als Arzt seinen Freund nicht vor dem Tod bewahren konnte. Jasmin Schreiber wählt dabei einfühlsame Worte, welche dazu verleiten auch in sich selbst hineinzuhorchen und sich zu fragen, wie man in dieser Situation selbst handeln würde. Taschentücher sollten auf jeden Fall genügend bereitliegen, denn die Aufarbeitung dieser Geschichte lässt kein Auge trocken! Besonderes Highlight für Fans der Schriftstellerin ist der kurze Gastauftritt von Paula aus »Marianengraben«.

Fazit

Ein emotionaler Sturzflug voller Schuld, Trauer und Wut. Dieser Roman lässt einem die Haare zu Berge stehen und versöhnt mit viel Liebe und Licht.

--------------------------------

© Bellas Wonderworld; Rezension vom 21.09.2021

Bewertung vom 12.11.2021
Alles wird gut
Lykke, Nina

Alles wird gut


sehr gut

Beschreibung

Die Mittfünfzigerin Elin steckt in einer Lebenskrise, nachdem die Kinder alle erwachsen und aus dem Haus sind, ihr Ehemann Aksel seine Freizeit mit seinem Hobby, dem Skilanglauf, verbringt und ihr nach zwanzig Jahren Arbeit als Allgemeinärztin, jeglicher Optimismus ihrer Berufung flöten gegangen ist. Ihre Resignation gegenüber dem Leben betäubt Elin mit Wein und Serien, bis sie mit ihrem ehemaligen Freund Bjørn wieder in Kontakt kommt…

Meine Meinung

Nina Lykke, von der norwegischen Zeitung ›Aftenposten‹ als ›moderne Jane Austen‹ betitelt, war mir bisher kein Begriff und bei dieser Bewerbung musste ich einfach zugreifen. Tatsächlich hat es sich für mich gelohnt, denn ich mochte sofort Lykkes Erzählstil, der zwar nicht ganz an die Poesie einer Jane Austen heranreicht, aber dennoch mit auf die Spitze getriebener Ironie zu überzeugen weiß.

Die gekonnte Beobachtungsgabe der Schriftstellerin zeigt sich in dem von ihr gezeichneten übersättigten Gesellschaftsbild. Denn heutzutage haben viele Bevölkerungsschichten einfach alles. So geht es auch Elin, die Mitte fünfzig auf ein scheinbares Bilderbuchleben zurückblicken kann. Nun in dieser neuen Lebensphase, die neue Freiheiten mit sich bringt, zeigt sich jedoch, dass sie sich seit jeher in sozialen Konventionen gefangen fühlte und sie ihr Leben so nicht glücklich macht.

Die Geschichte beginnt eigentlich am Ende. Elin lebt verbotenerweise in ihrer Praxis, da sie nach der Trennung von ihrem Mann Aksel ihr Leben neu ordnen muss. In Rückblicken, die die gegenwärtige Situation durchbrechen, wird nach und nach offen gelegt, wie es zum Ehebruch kam. Dabei wird vor allen Dinge ausführlich der Charakter von Elin studiert und aufgezeigt, was in ihr vorgeht. Die anderen Charaktere bleiben leider nur blasse Abziehbildchen und werden sehr oberflächlich abgehandelt.

Restlos verzehrt vom Arbeitsalltag als Allgemeinmedizinerin und dem Desinteresse ihres Ehemannes Aksel, klingt die resignierte und zynische Seite von Elin an, was sich in der spitzen Zunge ihrer Lebensbetrachtung zeigt. Auch, wenn die Schwarzseherei manchen bestimmt aufs Gemüt schlagen kann, muss ich sagen, dass ich persönlich ihre schonungslose Spöttereien und Misanthropie äußerst unterhaltsam fand.

Mein persönliches Highlight sind die Selbstgespräche zwischen Elin und ihrem Plastik-Skelett Tore. Denn Tore drückt die Finger genau in die offene Wunde und ist so etwas wie das Teufelchen, das auf ihrer Schulter sitzt und man auch Gewissen nennen könnte. In den einsamen Tagen der Isolation in ihrer Praxis lässt Elin nämlich fast kein gutes Haar an sich selbst und man fragt sich unweigerlich, ob gemäß ihrer regelmäßigen Beteuerungen wirklich alles gut wird.

Fazit

Ein intelligent erzählter Roman über eine Mittfünfzigerin, deren Leben auf einmal Kopf steht. Nina Lykke besticht in »Alles wird gut« mit einer Momentaufnahme aus einem mittelständischen Frauenleben, dass mit einer ordentlichen Portion Zynismus punkten kann und dabei erfrischend unterhaltsam ist.

--------------------------------

© Bellas Wonderworld; Rezension vom 09.09.2021

Bewertung vom 12.11.2021
Simonelli
Pfabe, Denis

Simonelli


sehr gut

Beschreibung

Der Requisiteur Jonathan Simonelli erhält den Auftrag für einen Filmdreh nach England zu reisen, um den Anker der Titanic nachzubauen. Doch eigentlich verfolgt er mit dieser Reise auch seine eigenen Pläne, denn das Schicksal hat ihm eine alte japanische Pistole in die Hände gespielt, in deren Griff ein Pin-Up-Foto eingearbeitet ist. Simonelli weiß nichts Genaueres über die Waffe, doch er bekommt viel Geld geboten und will nach dem Deal seinem Leben endlich den gewünschten Lauf verpassen und seine Tochter zurückgewinnen. Jedoch hat Simonelli keine Ahnung auf welch gefährliches Spiel er sich da eingelassen hat…

Meine Meinung

Ich hatte mal wieder Lust auf einen irrwitzigen Roman, der zu überraschen weiß und spannend zu lesen ist, sodass ich zu »Simonelli« von Denis Pfabe gegriffen habe.

Ehrlich gesagt wusste ich zuvor nicht worauf ich mich da eingelassen habe, aber die Beschreibung klang einfach nach einem surrealen Ganovenstück mit Charme und ich wollte sofort mehr über die Pistole mit dem sogenannten »Sweetheart-Grip«, einem Griff, in dem von Soldaten ein Foto von einer Frau/Geliebten eingearbeitet haben, erfahren.

Titelgebender Held der Geschichte ist der Requisitenbauer Jonathan Simonelli, der ein Auge für Details besitzt und einst für erfolgreiche Produktionen in Film und Fernsehen tätig war. Doch seine besten Zeiten sind mit über vierzig vorbei, die digitalisierte Welt hat den Handwerker eingeholt und aufs Abstellgleis verfrachtet.

Als ihm eine Waffe mit einem solch verzierten Griff in die Hände fällt und er ein lukratives Angebot dafür erhält, sieht er seine Chance gekommen, sein Leben endlich wieder in den Griff zu bekommen und mit seiner Tochter Kontakt aufzunehmen.

In England, wo Simonelli eine Attrappe des Ankers der Titanic für einen Film anfertigen soll, wird der Verkauf der Waffe vonstattengehen. Schnell wird klar, dass mehrere Parteien hinter der geschichtsträchtigen Pistole her sind. Wie gefährlich seine Situation ist, bemerkt er als ihm klar wird, dass die kriminelle japanische Organisation ›Yakuza‹ ihre Hände im Spiel hat.

Trotz des brisanten Plot-Cocktails hatte ich das Gefühl, dass die Geschichte etwas zu gemächlich in Gang kommt und das, obwohl der Roman keine dreihundert Seiten umfasst. Denis Pfabes Erzählstil hält einen jedoch bei Stange, denn jeden Moment hat man das Gefühl, dass der Knoten platzt und man weggefegt wird. Tatsächlich sollte ich recht behalten und die fein konstruierte Geschichte beginnt im Verlauf des zweiten Drittels ihre ganze Pracht zu entfalten.

Fazit

Nach kurzer Ladehemmung verblüfft Denis Pfabe mit einem absolut coolen Ganovenstück.

--------------------------------

© Bellas Wonderworld; Rezension vom 04.09.2021

Bewertung vom 12.11.2021
Das Reich der Asche / Realm Breaker Bd.1
Aveyard, Victoria

Das Reich der Asche / Realm Breaker Bd.1


gut

Beschreibung

Die Welt von Allwacht ist bedroht, denn nachdem eine der Spindeln zu einer anderen Welt bereits geöffnet wurde, wobei sich eine Schleuse für Aschekrieger öffnete, und die Helden den ersten Kampf verloren haben, liegt es nun in der Macht der jungen Corayne, dem Schrecken ein Ende zu bereiten. In ihr fließt das letzte Blut einer Linie, die als einzige den Untergang verhindern kann. Zusammen mit sechs Gefährten, die Not und Schicksal zusammenführte, stellt sich Corayne der Herausforderung, die Dunkelheit zu besiegen…

Meine Meinung

Für packende neue Fantasywelten bin ich immer zu haben und da lächelte mich direkt der Auftaktband zur vielversprechenden Fantasy-Saga »Realm Breaker« der Bestsellerautorin Victoria Aveyard, die vielen bereits durch ihre Jugendbuch-Reihe »Die Farben des Blutes« ein Begriff sein dürfte, an.

Angefixt durch das Mega-Cover-Bild und den wohlklingenden Klappentext, musste ich mir nun also unbedingt auch ein Bild von Aveyards Erzählkunst machen und wagte mich in »Das Reich der Asche« vor. Begrüßt wird man mit einem herrlichen Vorsatzpapier, auf dem die bunte Weltkarte von Allwacht zu sehen ist, womit das absolute MUSS für ein High-Fantasy-Werk schon abgehakt wäre.

Das opulente Worldbuilding bei Fantasyromanen kann einen schon Mal erschlagen, doch meistens lohnt es sich die ausführlichen Konstruktionen kennenzulernen, weil man dann mit einem beeindruckenden Gesamtbild belohnt wird. In »Realm Breaker – Das Reich der Asche« kann Aveyard zwar mit einem interessanten Konstrukt aus einer bunten Gesellschaft, kreativen Fantasieschöpfungen und übernatürlichen Wesen aufwarten, doch die Zusammenführung mit dem Handlungsbogen verläuft teilweise recht holprig.

Nach einem ausschweifenden Prolog, der viel Input liefert, war ich sehr gespannt auf die Aufdröselung der Hintergründe und habe es richtig genossen in die detaillierten Beschreibungen einzutauchen und mir Allwacht mit ihren Bewohnern und den mysteriösen Spindeln, die Dimensionstore in eine Welt der Vedera (auch ›Älteste‹ genannt), vorzustellen. Natürlich hatte ich gehofft, mehr über die Zusammenhänge zwischen Allwacht und den Spindeln zu erfahren, aber hier bleibt die Geschichte sehr bedeckt, sodass ich auf eine aufschlussreiche Ausführung im Fortsetzungsband erwarte.

Zunächst dauert es also seine Zeit bis man sich mit den Begrifflichkeiten und dem Personal der Geschichte vertraut gemacht hat, wobei ich schmerzlich ein Glossar der wichtigsten Protagonisten und Begriffe vermisst habe. Bei der Erzählstruktur, greift Aveyard gleich auf mehrere Perspektiven zurück, was den Einstieg in das »Realm Breaker« -Universum nicht gerade leichter macht.

Eigentlich sollte die junge Frau Corayne, ihres Zeichens Tochter einer gefürchteten Piratin und Schmugglerin im Mittelpunkt stehen, jedoch kommen mindestens genauso oft ihre Gefährten zu Wort, und so kam mir Corayne selbst als etwas blass und nichtssagend vor im Vergleich zur Meuchelmörderin Sorasa, dem Ältesten Domacridhan (oder auch nur ›Dom‹ genannt), der Kopfgeldjägerin Siegel, dem Knappen Andry, der Hexe Valtik und dem Fälscher Charlon (auch der ›Tintenkönig‹ genannt).

Am besten gefallen haben mir die Kapitel aus der Perspektive von Sorasa, denn sie macht in meinen Augen einfach die größte Charakterentwicklung durch und hat einfach interessante Seiten an sich. Im Zusammenspiel ergibt sich aus dem bunt gemischten Haufen der Gefährten eine dynamische Schicksalsgemeinschaft, die ein gemeinsames Ziel verfolgen, oder doch nicht? Zumindest hätte man hier noch viel mehr herausholen können. Dafür kann die Geschichte aber immer noch mit Antagonisten aufwarten, die man vielleicht nicht auf den ersten Blick auf dem Schirm hat.

Aber auch Doms Cousine Ridha konnte mich mit ihrem Mut, sich gegen die Entscheidung der Vedera zu stellen, meine Neugier erregen. Ich bin mir fast schon sicher, dass wir von ihr noch einiges erwarten dürfen (oder hoffe das zumindest!).

Im Gesamtpaket betrachtet hatte i

Bewertung vom 12.11.2021
Junge mit schwarzem Hahn
vor Schulte, Stefanie

Junge mit schwarzem Hahn


sehr gut

Beschreibung

Martin ist elf Jahre alt, ein armer Waisenjunge, der nur das besitzt, was er am Leibe trägt. Sich selbst und seinem Freund und Beschützer, dem schwarzem Hahn überlassen, wird Martin von den anderen Dorfbewohnern gemieden, denn die enge Freundschaft zu seinem Hahn wird als etwas Absonderliches angesehen.

Im Vergleich zu den drei wichtigsten Männern im Dorf hat Martin ein kluges Köpfchen, doch dies wird lediglich von einem Maler erkannt, der für einen Auftrag der Kirche ins Dorf kommt. Der Junge beschließt mit dem Maler in die Welt zu ziehen und wird mit seinem reinen Gemüt im Angesicht der lauernden Abgründe zu einem rettenden Hoffnungsschimmer am Horizont.

Meine Meinung

Der Roman »Junge mit schwarzem Hahn« von Stefanie vor Schulte ist eher eine poetische Erzählung, ein finsteres Märchen, als etwas das man mit dem Stempel Gegenwartsliteratur versehen könnte.

Die Handlung trägt sich zu einer ungenannten Zeit in einem Ort zu, die nicht näher bekannt ist, aber durch die Beschreibungen lässt sich vermuten, dass die Geschichte in der Zeit um das Mittelalter angesiedelt sein dürfte. Im Mittelpunkt steht der elfjährige Waisenjunge Martin, der seit jenem schicksalshaften Vorfall, der ihm die Familie raubte, eng mit einem schwarzen Hahn verbunden ist, der ihm Freund und Behüter zu gleichen Maßen ist. Dass der Hahn von den anderen Dorfbewohnern als Inkarnation des Teufels angesehen wird, schert ihn dabei nicht. Allerdings hat Martin seinen Platz im Leben noch nicht gefunden und so schließt er sich dem fahrenden Maler an, auch wenn dies bedeutet, dass er seinen Schwarm Franzi zurücklassen muss.

Stefanie vor Schulte schickt ihren jungen Helden ausgestattet mit kluger Intelligenz in eine düstere Welt voller Schrecken aus, und versteckt dabei ihre Botschaften und gesellschaftliche Kritik zwischen den Zeilen, sodass man diese nicht immer gleich auf den ersten Blick zu entdecken vermag. So bietet »Junge mit schwarzem Hahn« viel mehr als zunächst erwartet und ist eine Lektüre, die in den Gedanken hängen bleibt. Allerdings muss ich auch sagen, dass es die erste Hälfte des Romans gebraucht hat, bis mich die Geschichte völlig in ihren Bann ziehen konnte, denn zuvor war schwer abzusehen, wohin sich das Ganze entwickeln wird.

Gespannt auf die nächsten Metaphern wird man Zeuge wie die Autorin es mit wenigen Worten versteht eine dichte Atmosphäre zu erzeugen, die einen mit Martin auf eine besondere Reise durch die Sünden der Menschen, Freude, Last, Leiden und Hunger schickt. Martin will helfen und ein Unglück beseitigen, dass ihn immer mehr beschäftigt. Bei der Suche nach der Antwort darauf, wer die finsteren Reiter sind, die die kleinen Kinder rauben und was mit ihnen geschieht, wird Martins Mut und Ritterlichkeit auf die Probe gestellt.

Das Highlight der Geschichte ist eindeutig der schwarze Hahn, der Martin in jeder Lage treu zur Seite steht, ihn auf seinem Weg leitet und sogar zu ihm spricht. So kann der Hahn im übertragenden Sinne als Kompass oder Gewissen angesehen werden. Ein wirklich schöner Gedanke, so einen Hahn bei sich zu haben, der Mut und Hoffnung schenkt.

Fazit

Ein kunstvoll erzähltes Märchen welches die Finsternis (oder finstere Zeiten) mit Licht erfüllt.

--------------------------------

© Bellas Wonderworld; Rezension vom 30.08.2021

Bewertung vom 12.11.2021
New York Cannibals
Charyn, Jerome

New York Cannibals


sehr gut

Meine Meinung

Alleine schon das Setting der Metropole New York City für Storys jeglicher Couleur, reizt mich ungemein und so kam ich an »New York Cannibals« des Duos Charyn & Boucq nicht vorbei. Gut so, denn so habe ich das Erzähltalent von Jerome Charyn in Kombination mit den eindrucksvollen Illustrationen im frankobelgischen Stil von François Boucq entdeckt!

Gleich die ersten Seiten des abgeschlossenen Einzelbands konnten mich mit der Einführung der Hauptprotagonistin Azami begeistern. Azami ist eine wahre Naturgewalt, als Bodybuilderin steckt sie die Jungs beim Training in die Tasche und auf der Arbeit als Polizistin bei der Wache von Washington Heights jagt sie Verbrecher und versucht für Recht und Ordnung zu sorgen.

Das muskulöse und volltätowierte Erscheinungsbild Azamis bringt ihr Respekt auf den Straßen ein, dabei ist sie eine wahre Frohnatur und begegnet ihren Mitmenschen mit aufgeschlossener Freundlichkeit, doch gegenüber den bösen Buben kann sie natürlich auch ihre andere Seite zeigen. Die ungewöhnliche familiäre Situation als Adoptivkind des Tätowierers Pavel und ihrem Wunsch nach einem eigenen Kind, das ihr aufgrund Steroidmissbrauch verweigert bleibt, bildet den Ausgangspunkt für eine erfrischend-unterhaltsame Story im kulturellen Schmelztiegel von New York City.

Der Zufall spielt Azami ein Baby in die Hände, dass sie in einer dunklen Gasse findet, wie Müll weggeworfen, und beschließt es zu behalten. Kaum darauf scheint Pavel sein einstiges Leben in den Straf- und Arbeitslagern der Sowjetunion heimzusuchen, denn seine längst tot geglaubte Geliebte taucht wie ein Schemen aus der Vergangenheit auf, und das quicklebendig und überraschend jugendhaft, denn sie scheint seitdem kaum gealtert zu sein.

Wie Pavels Geliebte, seine Vergangenheit und die gegenwärtigen Ereignisse zusammenpassen erfährt man im rauschenden Tempo. Die Puzzleteile fügen sich Stück für Stück zusammen und werden mit einem Bild angereichert, dass einen großen Bereich der gesellschaftlichen Vielfalt (sei es Herkunft, Hautfarbe, sexuelle Identität, Statur oder Handicap) abbildet. Erpressung, eine undurchsichtige staatliche Organisation, die unbekannten Mächten in die Hände zu spielen scheint, das alles zusammengenommen liefert einen spannenden Cocktail und sorgt für eine nervenaufreibende Stimmung.

Die Illustrationen von François Boucq fangen die Szenerie von alltäglichen Situationen bis hin zu Razzien gekonnt ein und lassen ein authentisches Bild der finsteren Gassen New Yorks entstehen, in denen das Verbrechen zu Hause ist, und führen schließlich bis tief in den stinkenden Untergrund. Doch das ist noch nicht alles, denn es fließen noch mystische Vibes in die Story ein, sobald Azami und Pavel dem Drahtzieher hinter den düsteren Machenschaften näher kommen. Im Hinblick auf das Verbrechersyndikat hätte ich mir jedoch ein wenig mehr Ausarbeitung gewünscht, denn hier kam es mir so vor, als hätte man Zwischenschritte übersprungen. In Anbetracht des großen Ganzen ist das jedoch minimale Kritik. Also eine absolute Leseempfehlung!

Fazit

»New York Cannibals« weiß mit Diversität, einnehmenden Charakteren und Themenvielfalt ebenso zu begeistern, wie mit der prickelnden Spannung eines Thrillers.

--------------------------------

© Bellas Wonderworld; Rezension vom 27.08.2021

Bewertung vom 12.11.2021
Wildtriebe
Mank, Ute

Wildtriebe


sehr gut

Beschreibung

Einem der größten Höfe auf dem Dorf steht die Bäuerin Lisbeth vor, die ihr ganzes Leben der Landwirtschaft und dem Fortbestand ihres Hofes gewidmet hat. Mit ihrer Schwiegertochter Marlies kommt eine weitere Frau ins Haus, die sich nicht ganz widerstandslos diesem Leben unterordnen will, denn sie hat eigene Träume und Wünsche, möchte einer Arbeit nachgehen die sie erfüllt. Zwischen den Frauen herrscht fortan ein stiller Kampf um Wertvorstellungen und das richtige Lebensmodell und dann ist da noch Joanna, die Tochter von Marlies, welche ein völlig anderes Leben führt, das Abitur macht und für ein Jahr nach Afrika reist…

Meine Meinung

Ute Mank durchdringt in ihrem Debütroman »Wildtriebe« die Sitten, Traditionen und ungeschriebenen Regeln des Lebens auf dem Land im Umbruch von Mitte bis Ende des 20. Jahrhunderts. Das florale Cover und der Buchtitel passen hervorragend zum Buchinhalt, denn das Leben der drei Frauen auf dem ›Betches Hof‹ kommt wild wachsenden Pflanzen gleich, die sich entweder anpassen oder ihren eigenen Weg finden.

Auf dem Hof treffen drei unterschiedliche Generationen mit ihren ganz eigenen Wünschen und Lebensvorstellungen aufeinander, wobei vor allen Dingen der Konflikt zwischen der alten Bäuerin Lisbeth und ihrer Schwiegertochter Marlies in den Vordergrund gerückt wird.

Die Männer im Roman kommen einer Randnotiz gleich und bewegen sich zumeist im Hintergrund, so wie es damals eben üblich war führten die Frauen das Haus und die Männer verbrachten den Tag auf dem Feld und bei den Tieren.

Als Lisbeth damals nach dem Krieg plötzlich als Hoferbin dastand, hatte sie keine andere Wahl, als sich ihrem Schicksal zu fügen und heute ist sie glücklich und stolz darauf, dass sie es mit der Führung des Hofs so weit gebracht hat. Marlies hingegen gibt ihre Arbeit im Kaufhaus auf, zieht nach der Heirat auf den ›Betches Hof‹ und sollte zu einem Teil der Familie ihres Mannes werden.

Doch sie kann es ihrer Schwiegermutter einfach nicht recht machen, passt nicht in das enge Korsett der Vorstellungen, wie eine Frau zu sein hat und was sie tun und lassen soll. Marlies gibt sich große Mühe die ihr übertragenen Aufgaben zu erfüllen, bekommt jedoch keinerlei Anerkennung von Lisbeth.

Ute Mank zeichnet in »Wildtriebe« ein absolut authentisches Bild vom Leben auf dem Land im zwanzigsten Jahrhundert, erzählt von Menschen, die auf dem Dorf leben, wo jeder alles über jeden weiß und es festgeschriebene Regelungen für den Ablauf des Lebens gibt. Die Zeiten ändern sich jedoch mit Beginn des einundzwanzigsten Jahrhunderts, die Rolle der Frau beginnt sich in eine andere Richtung zu entwickeln und das spürt man auch langsam auf dem ›Betches Hof‹.

Marlies möchte nämlich nicht nur einfach Mutter und Hausfrau sein und im landwirtschaftlichen Betrieb helfen, sondern sich selbst verwirklichen. Sie macht den Jagdschein und lernt Traktor zu fahren. Damit sorgt sie für Dorfgeschwätz, denn das gab es zuvor noch nie.

Der Erzählstil trägt zur dichten Atmosphäre des Romans bei und mit seinen teilweise recht knappen Sätzen, die auch mal nicht ganz zu Ende geführt werden, wird all das Unausgesprochene zwischen den Frauen und in der Familie zur Geltung gebracht. Außerdem haben die Perspektivwechsel zwischen den Protagonistinnen dafür gesorgt, dass man die jeweiligen Standpunkte besser nachvollziehen kann und hautnah erlebt, wie gefangen sie ihr Leben führen. Bewusst wird dies in erster Linie durch Marlies, die zwischen den beiden Welten versucht ihren eigenen Weg zu finden, denn Lisbeth ist gar nicht so wirklich bewusst, dass es im Leben auch noch etwas anderes geben könnte.

»Wildtriebe« hat einen Nerv bei mir getroffen, denn so vieles habe ich in meiner Kindheit und Jugend auf dem Land noch nachklingen gespürt. Nach diesem Roman bin ich als Frau, umso glücklicher über die Chancen die das Leben heute bietet und vor allen Dingen, dass nicht mehr so vieles unausgesprochen bleibt. Deshalb hätte ich mir gewünscht, dass Jo