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Bewertung von SofieWalden am 25.04.2024
Unter dem Moor
Weber, Tanja

Unter dem Moor


ausgezeichnet

Drei Frauen zu unterschiedlicher Zeit, Sehnsucht, Aufbegehren, Freiheit

Dies ist die Geschichte dreier Frauen, getrennt durch die Zeit und die jeweilige Situation, mit der sie in ihrem Leben fertig werden müssen. Später, nahe am Ende, wird man auch eine Verbindung entdecken zwischen ihnen. Aber was sie alle drei ausmacht, von Beginn an, ist ihre Sehnsucht, den engen Grenzen, teilweise gesetzt durch staatliche Vorgaben und sogar Gewalt, Paroli zu bieten. Sie begehren auf, so gut es eben geht in dem Bestreben nach Freiheit.
Da ist unser Heute und da ist Nina, eine junge Ärztin, die einfach nicht mehr kann. Die Jahre an der Charité, die Zeit von Corona, dringend braucht sie eine Auszeit. Als man ihr diese so nicht gewährt, kündigt sie ihre Arbeit und sucht, begleitet von einem tierischen Neuzugang, Hund Ayla, Ruhe und die Zeit für Selbstreflektion am Stettiner Haff. Und dann kommt der Tag, an dem ihre Hündin etwas ausgräbt, was Nina umtreibt. Und sie macht sich auf die Suche nach Antworten.
Viele Jahre davor, hier lernen wir Sigrun kennen. Sehr jung geheiratet lebt die 20-Jährige mit Mann und Kind in der DDR und spürt die ganz normale staatliche Ein- und Begrenzung ihres Seins täglich in einer Weise, die sie dazu bringt, aufbegehren zu wollen. Sie sehnt sich nach Freiheit, wie sie sie versteht, aber um ihre Familie und speziell das Fortkommen ihres Mannes nicht zu gefährden, versucht sie, weiterzumachen wie bisher.
Und dann gibt es Gine, wieder eine Generation davor. Es ist die Zeit der NS-Diktatur und die 14-jährige wird zum Landjahr ins Stettiner Haff berufen. Die sogenante Belohnung ist ein harter erzwungener Arbeitsdienst. Und dann wird es noch viel schlimmer, denn man vergeht sich an ihr.
Drei Frauen, wir erfahren ihre Geschichten, authentisch, sehr nahe dran und wir fühlen mit, erleben die Ohnmacht, die Sehnsucht nach einem anderen, ihrer Person, auch ihrem Frausein, geachtetem Leben.
Dieses Buch, es wühlt auf und es treibt um, uns Leser in unserem auch so gar nicht perfekten Heute, aber es ist schon etwas anderes mit seinen doch demokratischen Strukturen und den Möglichkeiten, jemand zu sein. Und dazu die Natur des Stettiner Haffs, die Landschaft, das Moor, das Meer, die herrlichen Wege, die man sich erschließen kann, in einer gefühlt echten Freiheit. Und glücklicherweise ist dieses Gefühl für uns auch die Wirklichkeit. Das weiß man zu schätzen, nach diesem Buch aufs Neue sehr bewusst.
Ein guter duchdachter Roman, der sehr anrührt.
SofieWalden

Bewertung von Lenasbuecherlounge aus Köln
am 25.04.2024
Sieben Sommer
Toon, Paige

Sieben Sommer


sehr gut

Vor sechs Jahren haben sich Liv und Finn in einer Bar in St. Agnes kennengelernt, wo Liv nach ihrem Studium kellnerte und Finn als Sänger einer Band eingesprungen ist.
Sie verlieben sich in einander, aber Finn ist nur in den Sommern zu Besuch bei seinen Großeltern, sein Lebensmittelpunkt ist in L.A. Ihr erster gemeinsamer Sommer endet mit einem tragischen Unfall. Finn verspricht im nächsten Jahr wieder zu kommen und sollten sie Single sein, möchten sie den Sommer zusammen in Cornwall verbringen.
Dies gelingt für die nächsten fünf Sommer. Im sechsten Sommer lernt Liv Tom kennen, der Urlaub in St. Agnes macht. Sie verliebt sich in den fürsorglichen jungen Mann, der ihre Leidenschaft für die Kunst teilt. Mit Tom hat Liv zum ersten Mal die Chance auf eine feste Beziehung ohne regelmäßigen Abschiedsschmerz, aber kann sie Finn vergessen, der wie kein anderer ihre Trauer versteht?

Die Geschichte handelt über mehrere Jahre ausschließlich im Sommer, aber man hat nie das Gefühl nur Rudimente eines Lebens zu lesen.

Der Roman ist aus der Perspektive von Liv geschildert, die in dem Jahr, in dem sie sich in Finn verliebt, einen tragischen Verlust erleidet. Finn gibt ihr Halt und ist an ihrer Seite, aber immer nur für kurze Zeit vor Ort in St. Agnes. Auch er liebt sie, aber beide können und wollen ihre Leben in Cornwall bzw. L.A. nicht für einander aufgeben. So erleben sie gemeinsam leidenschaftliche Sommer, aber auch schmerzhafte Abschiede und Monate der Trennung. Glück und Leid und ein Hoffen auf eine gemeinsame Zukunft liegen in jedem Sommer nah bei einander.
Da tritt Tom in Livs Leben, der so liebevoll und fürsorglich und sogar bereit ist, sein bisheriges Leben für Liv aufzugeben. Doch auch Tom hat etwas an sich, das an einer gemeinsamen Zukunft zweifeln lässt.

Die Geschichte ist empathisch und voll Lokalkolorit geschildert. Liv ist eine sympathische Hauptfigur, in die man sich gut hineinversetzen kann. Sie liebt ihre Heimat, ihre Familie und Freunde und geht in ihrer Kunst auf. Gleichzeitig ist sie bodenständig und kann anpacken. Auch die männlichen Protagonisten sind glaubwürdig beschrieben und passen beide auf ihre unterschiedliche Art zu Liv. Für wen sich Liv am Ende entscheiden wird, ist deshalb nicht vorhersehbar, steigert die Spannung von einem Sommer zum nächsten, sorgt für Dramatik und leidenschaftliche Gefühle. Das Buch enthält damit tatsächlich zwei "große Liebesgeschichten", denn ein Happy End scheint mit beiden Männern denkbar.

Neben der Liebe handelt "Sieben Sommer" von Trauer und Verlust, von Verantwortung und emotionalen Entscheidungen, die zu treffen sind. Dabei erlebt man authentisch, wie Liv sich über die Jahre weiterentwickelt, wie sie Tragisches verarbeitet und Glück zulässt und stets mit Herz und Verstand agiert.

Trotz viel Trauer und Dramatik überwiegen die positiven Anteile und all die großen und kleinen Glücksmomente. Der Wechsel zwischen Gegenwart und Vergangenheit sorgt für Spannung, die Beschreibungen des Dorfs und Livs persönlichen Umfeld wecken heimatliche Gefühle und die immer wiederkehrende Anspielung auf unterschiedliche Rocksongs (Playlist am Ende des Romans) machen die Geschichte lebendig. In ihr überschlagen sich die Ereignisse nicht, vielmehr lebt sie von den Charakteren und ihren Gefühlen für einander.

Ein langer Epilog lässt am Ende keine Fragen offen, wobei so ein alles erklärender Blick in die Zukunft gar nicht unbedingt notwendig gewesen wäre, um die Geschichte zu einem sinnhaften Ende zu führen.
Lenasbuecherlounge aus Köln

Bewertung von Mixitack aus Hannover
am 25.04.2024
Nevada Highways 1: Promise of Redemption (eBook, ePUB)
Kärsting, Marie

Nevada Highways 1: Promise of Redemption (eBook, ePUB)


sehr gut

„Promise of Redemption“ ist der erste Band der „Nevada Highways“- Reihe von der Autorin Marie Kärsting.

Nach dem Tod von ihrem Bruder hat Alice ihrer Familie und den Verdugos-Motorradclub den Rücken gekehrt. Sie versucht sich außerhalb des Clubs ein Leben aufzubauen, aber als ihr Vater, der Präsident des Clubs, sehr schwer erkrankt, kehrt sie zurück in ihre Heimatstadt. Doch es haben sich viele Probleme angesammelt und sie verspricht den Club zu helfen. Zunächst sind die Clubmitglieder nicht sehr begeistert eine Frau in ihren Reihen zu begrüßen, aber sie sind auf ihre Hilfe angewiesen. Doch Alice muss sich auch dem Chaos stellen, das sie selbst hinterlassen hat. Allem voran ihren Ex-Freund Blake, bei dem das Misstrauen ihr gegenüber tief sitzt. Zu allen Problemen stellt sich auch noch heraus, dass ein Verräter in ihren Reihen ist und Informationen an verfeindete Clubs weitergibt. Die Situation in der sich Alice wiederfindet wird immer gefährlicher und emotional belastender. Kann Blake ihr wieder die Stütze werden, wie er es zuvor einmal war?

Die Story wird ausschließlich aus der Sicht von Alice geschrieben und zwar aus der Ich-Perspektive. Alice ist eine starke Protagonistin die trotzdem sehr emotional ist. Sie rennt vorerst vor ihren Problemen davon und stellt sich letztendlich der Vergangenheit und ihren Gefühlen. Der Tod von ihrem Bruder, hat für sie alles geändert und sie stellt den Club und die Werte, die sie vertreten, in Frage.
Nachdem sie zurück in ihrer Heimatstadt ist, um ihren kranken Vater zu besuchen und dem Club zu helfen, muss sie sich allen Problemen und dem Chaos stellen, welches sie hinterlassen hat, als sie ohne Abschied gegangen ist. Doch auch wenn sie in einer Outlaw Familie aufgewachsen ist, muss sie sich nach und nach in die Club Angelegenheiten einarbeiten und lernen sich zu behaupten. Sie hat von Beginn an einen starken Charakter und kann auch mit viel weiblichen Feingefühl und guten Argumenten punkten. Aber auch wenn viele Members sie schon seit ihrer Kindheit kennen, ist es noch einmal etwas anders, von ihnen als vollwertiges Mitglied akzeptiert zu werden. Gerade das sie ein weibliches Mitglied aufnehmen, finden einige Members nicht so positiv, da muss Alice noch viel Überzeugungsarbeit leisten.
Gerade ihren Ex-Freund Blake hat sie ein durchlöchertes Herz hinterlassen und auch sie selbst kann sich nicht von seiner Anziehung fernhalten und ihre Gefühle verdrängen. Allerdings sitz das Misstrauen tief und auch unausgesprochene Gefühle stehen immer wieder im Raum zwischen ihnen.

Neben dem Problemen, die der Club mit sich bringt und dem emotionalen Chaos von Alice, schafft es die Autorin auch das Freiheitsgefühl auf einem Bike, und die heißen Tage von Arizona dem Leser nahezubringen. Sehr bildlich und detailliert beschreibt sie unter anderem den Fahrtwind auf der schweißübersäten Haut und es entsteht so auch ein Gefühl von Verbundenheit mit der Protagonistin. Auch die Strukturen in einem Biker Club werden gut erklärt und man sieht das Clubhaus und die Charaktere vor dem innerlichen Auge. Auch die Nebencharaktere, wie Jared, sind sehr gut ausgearbeitet und haben noch wichtige Aufgaben für die Handlung.

Der Schreibstil ist locker und hat mir gut gefallen, auch die Länge der Kapitel fand ich sehr gut, da man nicht seitenweise Dialoge lesen musste die sich im Kreis drehen. Somit gab es auch keine ständigen Wiederholungen. Vielleicht hätte ich mir hier und da die Sichtweise von Blake gewünscht, aber die Autorin hat hier tatsächlich nur das Augenmerk auf der starken weiblichen Protagonistin Alice gelegt.

Abschließend fand ich die Story gut, wenn auch teils sehr inszeniert, aber dennoch spannend. Dagegen hat mir der starke weibliche Anteil super gefallen. Denn Frauen müssen sich nicht immer vorbildhaft Verhalten und können auch sehr viel austeilen und einstecken. Einige Aktionen von Alice kann man moralisch in eine Grauzone stecken und andere Aktionen gehen weit darüber hinaus. Schusswaffen sind zum Beispiel allgegenwärtig und Alice scheint sich der tatsächlichen Konsequenzen noch nicht bewusst zu sein, was es bedeutet diese tatsächlich bei einer Aktion mitzuführen. Aber immerhin sind Waffen nun mal kein Spielzeug und die Möglichkeit besteht zu jeder Zeit, dass es zumindest Schwerverletzte geben könnte.

Ich würde gerne mehr über taffe und starke Bikerinnen lesen, die sich behaupten können. Auch den Leseeinblick in den nächsten Band, liest sich bereits sehr spannend und interessant.
Für „Promise of Redemption“ kann ich eine Leseempfehlung aussprechen und bin gespannt auf den nächsten Band „Promise of Loyalty“, der voraussichtlich im Juli 2024 erscheinen wird.
Mixitack aus Hannover

Bewertung von rapunzel xxl am 25.04.2024
25 letzte Sommer
Schäfer, Stephan

25 letzte Sommer


ausgezeichnet

Ein tolles Buch

25 letzter Sommer ist ein Roman von Stephan Schäfer. Dieses Buch erzählt auf 176 Seiten die Geschichte der Freundschaft zwischen „Ich“ und dem Bauern Karl.

Die Geschichte wird in der Ich-Perspektive erzählt. Das „Ich“ ist jeden Tag in die Arbeit vertieft und steht ständig unter Druck. Ich starre ständig auf sein Mobiltelefon und antworte von der Arbeit und hat nie einen Moment der Ruhe. An einem Samstagmorgen wollte ich plötzlich am See schwimmen gehen, also traf ich Karl dort zum ersten Mal. Nach dem gemeinsamen Schwimmen lud mich Karl zum Kaffeetrinken in sein Haus ein und es entstand eine plötzliche Freundschaft. Je mehr ich Karl kennenlerne, desto mehr verändert sich auch mein Lebensgefühl.

Der Schreibstil des Autors gefällt mir sehr gut, sodass er leicht und angenehm zu lesen ist und der Leser sich gut in die Geschichte integrieren kann. Das Thema dieses Buches regt zum Nachdenken an und ich habe nach der Lektüre viel darüber nachgedacht. Genau wie „Ich“ im Buch muss ich alle paar Minuten mein Handy verlassen und nach Nachrichten und E-Mails suchen, und ich habe oft Sorgen und Stress. Aber dieses Buch hat mich gelehrt, das Leben, das vor mir liegt, zu schätzen und meine Freizeit zu genießen. Ich möchte dieses Buch jedem um mich herum empfehlen.
rapunzel xxl

Bewertung von Shilo aus Ulm
am 25.04.2024
Amrum (eBook, ePUB)
Bohm, Hark; Winkler, Philipp

Amrum (eBook, ePUB)


sehr gut

Lesenswert
Der 10jährige Nanning liebt seine Nordseeinsel Amrum, auf der er mit seiner Familie zuhause ist. Zusammen mit seinem Freund Hermann streift er auf ihr herum, tritt Schollen und jagt Kaninchen. Er hilft der Nachbarin Tessa auf ihrem Feld für etwas Milch, Futter für seine Hühner und ab und zu einem Stück Butter. Denn er muss für seine hochschwangere Mutter und seine zwei kleinen Geschwister sorgen. Seine Eltern sind treue Hitleranhänger. Mit Kriegsende kommen die Engländer und das Leben und die Stimmung ändern sich.
Hark Bohm beschreibt in seinem ersten Roman anschaulich das Leben von Nanning in den letzten Kriegsmonaten auf der Insel und lässt den Leser an seinen Gedanken und Gefühlen teilhaben. Es ist das Leben eines Jungen, der es sich zur Aufgabe gemacht hat, für seine Familie zu sorgen. Es geht in diesem Buch vor allem um Zusammenhalt, Freundschaft und dem Ziel, seinen Weg zu finden. Und zu einer tiefen Liebe zur Insel Amrum.
Dieses Buch hat mir unterhaltsame und kurzweilige Lesestunden bereitet. Gerne empfehle ich es weiter und vergebe 4 Sterne.
Shilo aus Ulm

Bewertung von Shilo aus Ulm
am 25.04.2024
Wir waren nur Mädchen (eBook, ePUB)
Jackson, Buzzy

Wir waren nur Mädchen (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Die ergreifende Geschichte einer Heldin
In ihrem Debütroman erzählt Buzzi Jackson die ergreifende, sowie auch hochdramatische Geschichte von Hannie Schaft, einer niederländischen Widerstandskämpfer im zweiten Weltkrieg. Nachdem sie ihr Jurastudium abbrechen muss, beschließt sie, sich der Widerstandsbewegung anzuschließen. Ihr Ziel ist es, den Nazis soviel Schaden wie nur möglich zuzufügen. Sie schreckt auch nicht davor zurück, ausgewählte Personen zu töten. Schon bald ist sie unter dem Pseudonym „das Mädchen mit den roten Haaren“ die meistgesuchte weibliche Person in Holland. Sie verliebt sich in Jan Bonekamp, der ebenfalls dem Widerstand angehört und zeitweise ihr Partner ist. Dieses wird furchtbare Folgen nach sich ziehen. Und trotzdem wird sie immer versuchen, im Gegensatz zu den Nazis, menschlich zu bleiben.
Dieses Buch beruht auf wahren Begebenheiten und wurde von der Autorin bis ins letzte Detail penibel recherchiert. Realhistorische und fiktive Personen und Ereignisse sind glaubhaft miteinander verwoben. Lebensecht und nachvollziehbar sind die einzelnen Charaktere dargestellt. Eine flüssige und emotionale Schreibweise führt durch die dramatische und aufreibende Handlung, die mit ihrem Fortschreiten immer immer gewaltiger an Fahrt aufnimmt.
Die Geschichte um Hannie Schaft hat mir mehr als nur einmal Gänsehaut über den Rücken laufen lassen. Sie ist überaus fesselnd und hat mich tief bewegt. So war es mir fast unmöglich, das Buch wieder aus der Hand zu legen. Gerne empfehle ich es weiter. 5 Sterne.
Shilo aus Ulm

Bewertung von Juti aus HD
am 25.04.2024
Der Trafikant
Seethaler, Robert

Der Trafikant


ausgezeichnet

Wiener Milieugeschichte mit Freud

Nach „Das Café ohne Namen“ wollte ich auch dieses Buch lesen, weil die Geschichte in ähnlicher Weise erzählt wird.

Unser Held ist Franzl aus dem Salzkammergut, der von seiner Mutter zum Trafikant Otto nach Wien geschickt wird, weil ihr Finanzier bei einem Sommergewitter im See ertrunken ist und sie ihren Sprössling anscheinend nicht alleine versorgen kann. Über die Beziehung der Mutter erfahren wir kaum was, nur dass Franz’ Vater verstorben ist.

Wir begleiten Franzl nach Wien, der im Nebenraum des Trafik nächtigt. Ich sollte noch schreiben, dass ein Trafik ein Zeitungskiosk mit Zigarren ist.
Er sitzt auf einem Hocker an der Tür, während Otto, der im Ersten Weltkrieg ein Bein verloren hat, verkauft. Franzl reift heran, wird zum Franz und wundert sich, wieviele Titel die Kunden haben.

Doch wenn der Professor kommt, muss auch er aufstehen. Er freundet sich mit Freud an, vom dem es auf Seite 127 heißt: „Der Professor hingegen war dermaßen klug, dass er die Bücher, die er lesen wollte, gleich selber schreiben konnte.“

Freund gibt Franz Tipps, wie er mit sich verlieben kann. So lernt er die Böhmin Anezka kennen, doch seine Liebe bleibt etwas einseitig. Gegen Ende klebt Franz seine Träume an die Außenwand des Trafiks und wir Leser erwarten die Deutung des Professors, aber es kommt anders.

Als Franz nach Wien kommt, schreiben wir das Jahr 1937 und da Freud Jude ist, ist die Machtübernahme der Nazis ein zentrales Thema. Otto wird als erster verhaftet und nachdem Freud geflohen ist, bekommt auch Franz Schwierigkeiten, ja noch mehr, aber ich will nicht spoilern.


Ein rundum gelungener Roman, der auch die Postkarte von Franz an seine Mutter und zurück enthält. Die Gräueltaten der Nazis beschönigt er immer. 5 Sterne
Juti aus HD

Bewertung von Gisel aus Stuttgart
am 25.04.2024
Mord unterm Reetdach / Kristan Dennermann ermittelt Bd.1
Weißmann, Eric

Mord unterm Reetdach / Kristan Dennermann ermittelt Bd.1


sehr gut

Uriges von Sylt

Der Immobilienmakler Kristan Dennermann soll das Haus des alteingesessenen Sylters Hinnerk Petersen verkaufen. Doch seltsamerweise ist Hinnerk verschwunden – nur um dann als Leiche wieder aufzutauchen. Zunächst schien klar, dass die Söhne das Anwesen erben und Dennermann den Auftrag zum Verkauf geben. Aber da kursieren Gerüchte von einer jungen Frau, die bei dem alten Hinnerk ein und aus gegangen sein soll. Schon bald ahnt der Immobilienmakler, dass hinter dieser Geschichte viel mehr steckt, und er will unbedingt jedes Geheimnis aufdecken. Umso mehr, als er kurz darauf selbst in Gefahr gerät…

Kristan Dennermann eignet sich auf den ersten Blick gar nicht als Ermittler, denn es widerstrebt ihm, Rätsel zu lösen. Und doch hat er den besonderen Blick auf seine Klientel, was ihn wiederum doch ganz geeignet für seine Ermittlungen erscheinen lässt. Er ist ein bisschen besonders, mit seiner (etwas übertriebenen) Liebe zu seinem Corgi Prince of Wales und seiner Mitarbeiterin, die genauso ihre Eigenarten pflegt wie Dennermann selbst. Der Flair der beliebten Nordseeinsel ist gut eingefangen, dafür eignet sich Dennermanns Beruf als Immobilienmakler besonders gut. Auch der Kriminalfall ist gut aufgebaut, als Leser ist man von Anfang an zum Mitraten angehalten. Überrascht hat mich die Auflösung allemal, damit hatte ich nicht gerechnet. Aber was soll‘s, Sylt und seine Bewohner sind für eine Überraschung immer gut.

Auf weitere Fälle mit Kristan Dennermann kann man sehr gespannt sein. Sehr gerne empfehle ich das Buch weiter und vergebe 4 von 5 Sternen.
Gisel aus Stuttgart

Bewertung von Stresserella aus NRW
am 24.04.2024
Yellowface
Kuang, R. F.

Yellowface


ausgezeichnet

Juniper Hayward und Athena Liu kennen sich schon seit ihrer Collegezeit, beide sind Autorinnen. Doch während scheinbar alles was Athena anfasst mühelos zu Gold wird, ist Juniper trotz aller Anstrengung mit ihrer Arbeit deutlich weniger erfolgreich. Sie ist sich sicher, ihr Misserfolg und Athenas Erfolg sind nur Folgen ihrer beider Hautfarbe und Herkunft. Bei einem ihrer seltenen Treffen wird June Zeugin von Athenas Unfalltod und entdeckt, während sie auf den Rettungsdienst wartet, ein Manuskript von Athena, welches sie prompt an sich nimmt. Denn die Geschichte muss veröffentlicht werden, unter welchem Namen auch immer, und genau das tut sie. Unter einem Künstlernamen, der so gesehen nicht wirklich einer ist, veröffentlicht June und hat endlich den Erfolg, von dem sie sicher ist, ihn zu verdienen. Doch so sehr sie für ihr vermeintliches Werk gelobt wird, so schnell sieht sie sich mit Kritik und Vorwürfen konfrontiert. Und plötzlich stellt sich die Frage, wie weit June für ihr Geheimnis und ihren Erfolg gehen wird.

Es stand schon lange auf der Wunschliste von Übersetzungen, jetzt konnte ich es endlich lesen. Und ich wurde nicht enttäuscht. Der Schreibstil ist fesselnd und modern, es ist gut und flüssig lesbar. Auch inhaltlich hatte ich nichts auszusetzen. R.F. Kuang bietet uns interessante Einblicke in Buchbranche und Verlagswesen, behandelt gesellschaftlich aktuelle und wichtige Themen wie Rassismus und kulturelle Aneignung, aber auch den Einfluss und die Gefahr von Social Media und die Frage nach dem eigenen moralischen Kompass. Nicht nur einmal wollte ich June packen und schütteln, anschreien, sie fragen was in ihrem Kopf vor sich geht. Ihre Versuche der (nicht sehr gelungenen) Selbstüberzeugung haben mich stellenweise beinahe wütend gemacht. Nichts an ihrem Verhalten ist sympathisch, aber wie sollte sie das in dieser Geschichte auch sein? Das Ende fand ich wenig überraschend, aber naheliegend und passend. So oder so gehört „Yellowface“ dieses Jahr zu meinen Top-Empfehlungen.

Was unbedingt noch erwähnt werden muss, ist diese fantastische Gestaltung. Wer auch immer sich das ausgedacht hat, Applaus. Als wären die knallige Farbwahl und der schöne Farbschnitt nicht schon genug, hatte man die großartige Idee, den Titel des im Roman behandelten Romans auf den Buchdeckel zu drucken, inklusive ursprünglicher und veröffentlichender Autorin. Kein Blick unter den Schutzumschlag hat mich je so überrascht.
Stresserella aus NRW

Bewertung von DieDenkerin am 24.04.2024
Der falsche Vogel
Miller, C.L.

Der falsche Vogel


ausgezeichnet

Ansprechende Buchcover und Titel, da beide etwas mysteriös und zynisch wirken. Ein vermeintlicher Mord, in der Heimatstadt der Protagonistin, der natürlich, wie könnte es anders sein, auch mit anderen Ungereimtheiten und Dingen die nicht zusammen passen, statt gefunden hat.
Der Text ist gut verständlich und recht zügig und flüssig lesbar. Der Titel des Buches hat mich zu aller erst interessiert, da er etwas ausdrückt, was nicht unbedingt wahr zu sein scheint. "Der falsche Vogel" deutet dieses auf jeden Fall so an. Ich kann die Empfehlung geben, dieses Buch sich auch einmal zu Gemüte zu führen. Es ist ein klassisch schöner Krimi mit Spannungsaufbau und Höhepunkten, mit Irreführung und am Ende einer Aufklärung, mit der nicht jeder auf Anhieb so gerechnet hätte. Es hat auf jeden Fall Spaß gemacht dieses Buch gelesen zu haben.
DieDenkerin