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Bewertungen

Insgesamt 109 Bewertungen
Bewertung vom 18.01.2012
Die Bestimmung / Die Bestimmung Trilogie Bd.1
Roth, Veronica

Die Bestimmung / Die Bestimmung Trilogie Bd.1


ausgezeichnet

Mit ihrem sechzehnten Geburtstag kommt für Beatrice auch der Tag der Entscheidung. Sie muss sich entscheiden, ob sie weiter bei ihren Eltern in der Fraktion der Selbstlosen bleibt, oder ihren eigenen Weg sucht und sich ins Ungewisse einer neuen Gemeinschaft stürzt. Eine Entscheidung, die ihr ganzes zukünftiges Leben beeinflussen wird. Eine Wahl, die sie nie wieder rückgängig machen kann.

Als Beatrice sich am Tag der Entscheidung den furchtlosen Ferox anschließt, ahnt sie noch nicht, dass sie sich damit mitten in eine Intrige begibt, die nicht nur ihr eigenes Leben bedroht, sondern einen Umsturz der gesamten Gesellschaft bewirken könnte.

Dystopien gibt es momentan viele auf dem Buchmarkt und ich gestehe: ich liebe es! Aber ich habe auch hohe Ansprüche an mein derzeitiges Lieblingsgenre und diesen Ansprüchen wurde “Die Bestimmung“ mehr als gerecht. Veronica Roth schaffte es, mich bereits nach wenigen Seiten mit ihrem großartigen Erzählstil vollkommen zu fesseln und ich konnte das Buch kaum noch aus der Hand legen. In weniger als zwei Tagen hatte ich es regelrecht verschlungen.

Mit unendlichem Ideenreichtum entwirft sie eine zukünftige Welt, die zunächst fast unwirklich harmonisch wirkt, deren gesellschaftliche Defizite aber nach und nach immer deutlicher ans Licht drängen und an der perfekten Oberfläche kratzen. Der Plot ist gut durchdacht und lässt zu keinem Zeitpunkt Zweifel daran aufkommen, dass die Autorin genau weiß, wo sie hin will.

Die Charaktere sind großartig ausgearbeitet und die Schauplätze runden die Stimmung des Romans perfekt ab. Der zunächst unterschwellig brodelnde Konflikt in Beatrices Welt bahnt sich überzeugend realistisch an und fesselte mich bis zur Unerträglichkeit. Mehr als ein Mal verfluchte ich meine Unfähigkeit schneller lesen zu können, weil ich die Spannung einfach nicht mehr aushalten konnte.

Ich habe so schnell gelesen, dass ich noch nicht mal dazu kam, mir das ein oder andere Zitat zu markieren, was ich eigentlich sonst fast immer tue. Besonders, wenn mir ein Buch so gut gefällt wie dieses.

Veronica Roth hat absolut gekonnt einen furiosen Auftakt hingelegt, dessen Fortsetzung ich jetzt schon kaum erwarten kann.

Unbedingte Leseempfehlung!

2 von 4 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 09.01.2012
Das Erbe der Macht / Eragon Bd.4
Paolini, Christopher

Das Erbe der Macht / Eragon Bd.4


gut

Die Armee der Varden und Surdaner rückt Urubaen immer näher und Eragon steht kurz vor seinem Ziel Galbatorix zu besiegen und ein neues Zeitalter der Drachenreiter einzuläuten. Doch angesichts der Macht des Königs und seines Drachen Shruikan, sowie seiner Gehilfen Murthag und Dorn, scheint das Unterfangen fast aussichtslos und ihre letzte Möglichkeit scheint, sich auf die Prophezeiung, die Eragon von einer Werkatze erhielt ernst zu nehmen und sich auf die Suche nach dem Felsen von Kuthian zu machen in dem, laut Vorhersage, Hilfe und Beistand auf Eragon warten.

Leider muss ich an dieser Stelle zuerst einmal zugeben, dass ich sehr enttäuscht von dem Finale einer meiner Lieblings-Fantasy-Buchreihen bin. Nicht nur, dass man drei Jahre auf eine Fortsetzung warten musste, nachdem der dritte Band erschienen war. Es warten außerdem auch etwa 300 Seiten Langeweile auf den Leser, bis die Geschichte anfängt spannend zu werden. Aber das ist sie dann auch. Nach ein paar unerwarteten Wendungen, kommt wieder ein frischer Wind auf und zeitweise fällt es einem schwer, das Buch aus der Hand zu legen. Angehende Liebesgeschichten, eine Entführung, sowie ein unglaublicher Fund lockern den ernsten und etwas tristen Verlauf der Geschichte auf und sorgen dafür, dass der Klimax sowie die Erwartungen rapide steigen.

Angenehm überrascht war ich darüber, dass nach dem Finale der Geschichte ein unerwartet langer Teil folgte, der die Pläne für die Zukunft der Protagonisten und des Landes Alagaësia darlegt. Und trotzdem kann ich für dieses Buch leider nicht mehr als drei Sterne vergeben, da es auf mich wirkt, als hätte Paolini eigentlich nicht mehr weiter schreiben wollen. Das ist insbesondere deswegen schade, da er sich zu Anfangs so viel mühe machte und sogar eigene Sprachen für die verschiedenen Völker Alagaësias erfand. Nur wenige Stellen wirken, als wären sie mit dem Elan, der Detailverliebtheit und vor allem der Lust geschrieben worden, mit denen Christopher Paolini die ersten drei Teile verfasste.

Zitate:

Er sah mehr Sterne, als er für möglich gehalten hätte – er hatte nicht geahnt, dass es so viele gab. Rot, blau, weiß und golden standen sie am Firmament wie funkelnder Staub. Die Sternenbilder, die er kannte, waren nach wie vor gut zu erkennen, aber dazwischen leuchteten jetzt tausend schwächere Sterne, die er zum allerersten Mal sah. Und die Sterne schienen nicht nur heller; die Finsternis zwischen ihnen auch dunkler. Es war als hätte bisher immer ein Nebel über seinen Augen gelegen, der ihn daran gehindert hatte, die wahre Pracht der Sterne zu erkennen, wenn er in den Himmel blickte. (Seite 547, 548)

Der Name war prachtvoll und majestätisch, aber auch gefärbt von Traurigkeit, denn er benannte sie als das letzte Weibchen ihrer Art. Aus den Worten hörte Eragon die Liebe und Hingabe, die sie für ihn empfand, außerdem all die anderen Eigenschaften, die ihre Persönlichkeit ausmachten. Die meisten davon kannte er, einige aber auch nicht. Ihre Schwächen stachen genauso heraus wie ihre Tugenden, aber insgesamt hatte man den Eindruck von Feuer, Schönheit und Pracht. (Seite 611)

9 von 12 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 08.01.2012
Meine Seele gehört dir / Angelfire Trilogie Bd.1
Moulton, Courtney Allison

Meine Seele gehört dir / Angelfire Trilogie Bd.1


gut

An die Alpträume und ihren irgendwie komischen Dad hat Ellie sich schon fast gewöhnt wie es scheint. Doch dann taucht Will auf, ein mysteriöser Fremder, der sie völlig aus der Fassung bringt und ihr Dinge über sie selbst erzählt, die sie kaum glauben kann. Doch es scheint die Wahrheit zu sein, denn bald steckt sie mittendrin in Kämpfen zwischen Gut und Böse und ihr bleibt keine Wahl, als sich mit ihrem Schicksal zu arrangieren.

Der erste Band der „Angelfire“-Trilogie hat es gleich in sich! Sofort zu Beginn wird man gemeinsam mit Ellie mitten in die Handlung geworfen und muss sich erst mal ein wenig zurecht finden, denn der Kampf zwischen Himmel und Hölle beginnt recht unvermittelt und ich hatte anfangs einige Schwierigkeiten mit dem Tempo, das Courtney Allison Moulton vorlegt. Die Informationsflut hat mich ein wenig erschlagen und ich hatte stellenweise fast Mühe mitzukommen. Trotzdem hat es sich aber gelohnt durchzuhalten, denn der Humor und die liebevollen Sticheleien, mit denen Ellie und Will sich gegenseitig mindestens genauso harte „Kämpfe“ liefern, wie mit ihren anderen Gegnern, entschädigt schon für vieles.

Mit der weiteren Handlung entwickelte sich der anfangs noch ein wenig holprige Schreibstil in einen flüssigen, gut zu lesenden. Gekonnt verwebt die Autorin atemberaubende Kampfszenen mit leiseren, romantischeren Momenten und steigert die Ungeduld des Lesers schon sehr, da sich Ellie nur sehr langsam an ihre vorigen Leben erinnert. So erfährt man auch nur nach und nach mehr über Will, der recht verschlossen ist und auch gar nicht so recht in unsere Zeit zu passen scheint.

Insgesamt kam die Ausarbeitung der Charaktere zwischen all dem rätselraten und kämpfen für mich ein wenig zu kurz, so dass ich keine wirklich Verbindung aufbauen konnte. Wirklich neu ist die Thematik nicht und Courtney Allison Moulton fügt dem auch nur wenig hinzu. Das wenige jedoch hat Hand und Fuß und mir wirklich gut gefallen und auch, dass am Ende eigentlich keine Fragen offen bleiben, fand ich positiv.

3 Sterne für einen soliden Auftakt zu einer Trilogie, die hoffentlich bald fortgesetzt wird.

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 07.01.2012
Wachstumsschmerz
Kuttner, Sarah

Wachstumsschmerz


ausgezeichnet

Luise, Anfang 30, hat einen Job den sie liebt und einen Mann den sie liebt. Gerade plant sie, mit eben diesem Mann, Flo, in eine gemeinsame Wohnung zu ziehen. Alles könnte so schön sein und doch ist da irgendwas, das stört. Sind das die Erwartungen, die man von den Eltern, der Gesellschaft oder sonstwem übergestülpt bekommt? Oder sind es die Erwartungen, die man selbst an sich hat? Endlose Fragen stürzen mehr oder weniger plötzlich und unerwartet auf Luise ein und noch bevor sie so wirklich kapiert hat, was eigentlich los ist, steht ihr ganzes Leben Kopf. Ist es jetzt soweit? Wir sie jetzt „erwachsen“? Kann und will Flo da mitmachen? Aus zwischen den einzelnen Kapiteln eingestreuten Memos erfährt der Leser zunächst jedenfalls nur, dass Flo nicht mehr da ist. Wo er ist, warum, wohin und wann er gegangen ist erfährt man erst im Laufe des Buches.

Ich werde 30. Noch dieses Jahr. Und ich kämpfe sehr, sehr, sehr darum, ein okayes (Danke Frau Kuttner für diese Wortschöpfung!) Gefühl dafür zu bekommen. So ein bisschen hat „Wachstumsschmerz“ mir dabei geholfen. Es hat mir gezeigt, dass die ganzen Dinge, die „man“ eben tut, nichts weiter sind, als Konstrukte, die einem helfen können – aber eben bei weitem nicht müssen – sich an seinem Leben entlangzuhangeln; einen Weg durch den Dschungel der Möglichkeiten zu finden.

Dachte ich auch anfangs noch „Was zum Geier ist eigentlich Luises Problem?!“, wurde mir nach und nach klar, dass genau DAS das Problem ist. Wachstumsschmerz eben. Ein unbestimmtes Gefühl, dass irgendetwas ganz und gar nicht rundläuft und dass nichts so ist wie es sein sollte, wobei man noch nicht mal weiß, WIE es denn sein sollte. Gekonnt verpackt Sarah Kuttner dieses ganze Dilemma in einen Roman, in dem ich mich mit Leichtigkeit wiederfinden konnte und der mir gezeigt hat, dass ich vermutlich nicht die einzige bin, die sich gelegentlich mit so wirren Gedanken trägt und dass ein bisschen Überforderung eigentlich völlig normal ist. Die anderen können’s nur vielleicht besser verstecken.

So wie schon bei Sarah Kuttners erstem Roman (Mängelexemplar) hatte ich beim Lesen oft das Gefühl, dass mir jemand auf der Couch bei einer Tasse Tee sein Leben, oder zumindest ein Stück daraus, erzählt. Von „Schreibstil“ zu sprechen ist also schon fast falsch, viel eher sollte man ihren „Erzählstil“ loben. Kein abgehobenes Geschwafel, keine Plattheiten, nichts Geschöntes, sondern nur das Leben so, wie es nun mal ist. Auch Kuttners Hang zu Wortspielereien kam wieder deutlich zum Vorschein, wenn auch nicht ganz so ausgeprägt wie in „Mängelexemplar“.

Für mich war „Wachstumsschmerz“ ein kleines Stückchen Lebenshilfe, von dem ich nicht wusste, dass ich es brauchte. Deshalb: 5 Sterne.

4 von 4 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 15.12.2011
Peace Food
Dahlke, Ruediger

Peace Food


weniger gut

Nachdem im letzten Jahr Jonathan Safran Foer mit “Tiere essen” in Sachen Vegetarismus gewaltig vorgelegt hatte, zieht nun Ruediger Dahlke mit “Peace Food” nach und versucht eine Lanze für den Veganismus zu brechen.

Das Buch ist in vier Teile gegliedert:

Krank durch Fleisch- und Milchprodukte
Das Leid der Tiere
Das Beste für Körper und Seele
30 vegane Rezepte für ein glückliches Leben
Anschließend folgt ein Anhang, der unter anderem weitere Bücher des Autors auflistet und ein ausführliches Register.

Allem voran steht eine zehnseitige Einleitung, in der Ruediger Dahlke kurz den Inhalt des Buches und seine Beweggründe, sich mit dem Thema zu befassen, erläutert. Dieser Teil hat mir wirklich sehr gefallen und würde – für sich stehend – auch sicher 4 Sterne verdienen.

Bis dahin war ich also noch wirklich begeistert. Die weiteren Teile allerdings haben mich (als Veganerin!) nicht überzeugen können und ich befürchte, dass “Peace Food” bei Nicht-Veganern eher auf Ablehnung stoßen wird, als auf Zustimmung. Warum?

Teil eins beleuchtet die negative Wirkung, die der Verzehr tierischer Produkte in körperlicher und seelischer Hinsicht auf den Menschen haben kann. Dort zitiert Dahlke seitenweise Studienergebnisse, packt ein paar Allgemeinplätze und ein bisschen Pathos dazu. Der Leser wird erschlagen von Zahlen und Namen, statt von der an sich so wichtigen Botschaft überzeugt zu werden. Weiter geht es in Teil zwei mit dem Leid der Tiere, wo dem Autor scheinbar auch wenig Eigenes einfiel und er stattdessen die grausamsten Szenen aus “Tiere essen” und des erschütternden Berichts von Christiane Haupt über die Zustände in einem deutschen Schlachthof zitiert. Im dritten Teil erfährt der Leser noch etwas über Sonne und Schlaf als Heilquelle und es werden auf fünf Seiten Aussagen verschiedener Weltreligionen zum Thema abgearbeitet.

Fast im gesamten Buch finden sich außerdem sehr gehäuft nicht besonders subtile Hinweise auf andere Bücher des Autors, sowie ein von ihm kreiertes Nahrungsergänzungsmittel. Insgesamt wirkte “Peace Food” dadurch leider eher abstoßend als ansteckend.

Aus dem Rezeptteil habe ich bisher nichts gekocht, einige der Rezepte von Dorothea Neumayr klingen aber wirklich gut; wie zum Beispiel: Karotten-Ingwer-Suppe mit karamellisiertem Apfel oder Pasta mit Kirschtomaten und Rucola.

Fazit: Hier wurde ein extrem wichtige Botschaft für reine Selbstvermarktung missbraucht. Leider also nur 2 Sterne.

Zitate:

Mir scheint, nach ungezählten Fleischskandalen, nach Giftorgien im Futter und im Verbraucher, nach aus der Tierzucht stammenden Vogel- und Schweinegrippeviren ist die Zeit reif für ein Umdenken und einen Neuanfang. Letzerer aber kann nur vom Einzelnen ausgehen, von ihm aber kann er sich ausbreiten wie ein Lauffeuer, von Mund zu Mund und Herz zu Herz. (Seite 11)

Es ist für die Seele wichtig, nur das zu sich zu nehmen, was wir von Anfang bis Ende problemlos und ohne Widerwillen selbst verarbeiten können. Da fallen dann für die meisten schon alle Geschöpfe weg, die ein Gesicht haben und eine Mutter, die sie geboren hat und ihr Gesicht erkennt. Für Körper und Seele einfacher wird es auch, wenn man sich auf Pflanzen beschränkt, die gewachsen sind, Wurzeln geschlagen und Blüten gebildet haben – etwas, das für Mars, Bounty und die meisten Süßigkeiten nicht gilt. Sie werden auch weder dazu beitragen, uns zu verwurzeln, noch unser wahres Wesen zur Blüten bringen. (Seite 91)

Der im Osten durchaus geläufige Gedanke, all jene Wesen, die unter uns gelitten hätten, erwarteten uns auf der anderen Seite zusammen mit denen, die wir gefördert und geliebt haben, mag erschrecken und trösten zugleich. So ernten wir spät, was wir beim Einkaufen entscheiden. (Seite 141)

(gekürzt wegen Begrenzung auf 4000 Zeichen)

18 von 22 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 06.12.2011
Hide*Out / Out Trilogie Bd.2
Eschbach, Andreas

Hide*Out / Out Trilogie Bd.2


ausgezeichnet

Für die Kohärenz ist Christopher mittlerweile zur echten Bedrohung geworden. Sie jagen ihn und mit ihm die ganze Gruppe um seinen Unterstützer Jeremiah Jones. Die Situation wird immer gefährlicher und niemand scheint mehr sicher zu sein vor der Allmacht der Kohärenz. Sie ist überall. Sie sieht alles, sie weiß alles, sie kann alles – kann Christopher es trotzdem schaffen, ihr den entscheidenden Schritt voraus zu sein?

Den in “Black*Out” begonnenen, unglaubliche spannenden Plot setzt Andreas Eschbach hier nicht minder fesselnd fort und gleich nach wenigen Seiten ist man wieder mittendrin in der Zukunftsvision einer vollständig vernetzten, ihrer Individualität beraubten Menschheit.

Gottgleich glaubt die Kohärenz unbesiegbar zu sein – allmächtig! Scheinbar unaufhaltsam schreitet sie voran, assimiliert Mensch um Mensch.

Eschbach spielt so gekonnt mit seinem Thema, dass beim Leser bald die Grenze zwischen Realität und Fiktion verschwimmt. Wie weit ist diese absolute Vernetzung wirklich weg? Ist die Technik längst soweit, ohne dass wir es auch nur ahnen? Sind wir wirklich allein in unserem Kopf?

Die Charaktere erreichen eine angemessene Komplexität und besonders die Entwicklung die Christopher durchlebt macht ihn glaubwürdig und verleiht ihm die nötige Tiefe. Die schwammige Ungreifbarkeit, die der Kohärenz hingegen anhaftet, macht sie nur umso beängstigender.

Rundherum eine perfekte Mischung aus Realität, Fiktion, Nervenkitzel und Erzählkunst, eine großartige Fortsetzung, die die Spannung auf das Finale ins Unermessliche steigert.

Zitate:

Ein Mann muss klug sein, natürlich. Und wenn er lange genug lebt, wird er vielleicht irgendwann weise. Aber Klugheit, das ist etwas anderes als das, was ihr Intelligenz nennt. Klugheit sitzt im ganzen Körper. Klugheit muss auch das eigene Herz kennen, muss mit der Kraft des eigenen Körpers vertraut sein. Intelligenz dagegen sitzt nur im Kopf. Sie ist wie ein Fieber. Eine Krankheit. (Seite 233)

Anstatt einfach nur ihre Sicht der Welt erzählen zu können, kam es immer so weit, dass sie sich verteidigen musste, sich und ihr Recht, nicht so zu sein wie alle anderen. Offenbar war dieses Recht irgendwann abgeschafft worden, ohne dass sie es mitgekriegt hatte. (Seite 317)

“Okay”, sagte er. “Ich tu’s.” Weiter sagte er nichts. Vor allem sagte er nicht so etwas wie auf deine Verantwortung, wie es wohl die meisten anderen getan hätten. Und dass er das nicht tat, weckte in Christopher eine plötzliche Zuversicht, die ihm selber unerklärlich war. Sie hatte etwas mit der Einsicht zu tun, dass man in Wirklichkeit niemals etwas auf die Verantwortung von jemand anderem tun konnte. Egal was man tat, man tat es immer auf eigene Verantwortung. (Seite 398)

Es kommt nicht auf den Kuss an, sondern darauf, was er ausdrückt. Wenn er die Verbindung zwischen zwei Menschen ausdrückt, dann ist es wirklich ein Kuss. Ansonsten sind es nur Lippen, die sich berühren. (Seite 447)

6 von 6 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 28.11.2011
Je schneller ich gehe, desto kleiner bin ich
Skomsvold, Kjersti Annesdatter

Je schneller ich gehe, desto kleiner bin ich


ausgezeichnet

Sollte ich dieses kleine und doch so große Buch mit einem Wort beschreiben, wäre das sehr einfach: Einsamkeit.

Mathea Martinsen ist so einsam, wie ein Mensch nur sein kann. Ihr ganzes Leben hat sie an der Seite ihres Mannes Epsilon verbracht; sich verzweifelt an ihn geklammert und doch hat es nicht gereicht. Denn Epsilon ist tot und mit ihm starb Matheas ganzes Leben. Keine Kinder, keine Freunde, nichts. Ausschließlich auf ihren Mann fixiert hat sich ihr Leben zum allergrößten Teil nur in den eigenen vier Wänden abgespielt.

Wie soll es nun weitergehen? Wird sie die Isolation ertragen können, bis sie schließlich selbst diese Welt verlässt? Will sie das überhaupt? Und wenn ja: wie?!

Kjersti A. Skomsvold legt mit “Je schneller ich gehe, desto kleiner bin ich” ein Debut vor, das mich wirklich kalt erwischt hat. Entgegen des Klappentextes konnte ich nur wenig von einer “schüchternen alten Dame, die es noch einmal wissen will” erkennen. Stattdessen erlebte ich mit Mathea, was es aus einem Menschen machen kann, wenn er sein Leben lang übersehen wird; wenn er für andere gar nicht existent zu sein scheint. Zurückgezogen und fast schon krankhaft darauf bedacht, niemandem zur Last zu fallen oder gar peinlich zu sein, ist Epsilon ihr einziger Bezugspunkt nach außen, zum Leben außerhalb der gemeinsamen Wohnung.

In Rückblicken erzählt die Ich-Erzählerin von Epsilon, von ihrem Kennenlernen, ihrer Ehe und den letzten gemeinsamen Jahren. Diese Erinnerungen sind das einzige, das Mathea noch halten kann und sie scheint sich dem nur zu klar bewusst zu sein. Beinahe schmerzhaft erlebt der Leser mit, wie sie versucht sich aufzuraffen um doch noch etwas aus dem verbliebenen Rest ihres Lebens herauszuholen. So füllt sie eine Zeitkapsel mit geliebten Erinnerungen und Dingen, von denen sie glaubt, dass sie etwas über sie aussagen und sie überwindet sich schließlich doch, den Seniorentreff zu besuchen und auch, wenn man an der ein oder anderen Stelle fast über Matheas Unvermögen, die alltäglichsten Dinge zu erledigen hätte lachen können, so blieb mir dieses Lachen auch ziemlich oft im Hals stecken. In beinahe jedem der sprachlich wirklich großartigen Sätze, sticht vor allem Matheas unfassbare Einsamkeit hervor; wirkliche Hoffnung habe ich nicht herauslesen können.

Ich gebe zu, ich lese nicht gerne Bücher mit nur so wenigen Seiten und in der Regel werde ich eher enttäuscht, wenn ich es doch tue. Aber Kjersti A. Skomsvold hat es tatsächlich geschafft, auf nur 144 Seiten so eine dichte, berührende und erschreckende Geschichte zu erzählen, dass ich viel mehr Seiten wohl auch eher nicht hätte ertragen können.

5 Sterne für einen Roman, der uns aufgibt, ein wenig mehr darauf zu achten, ob und wen wir tagtäglich einfach übersehen.

Zitate:

Es ist ein Selbstbetrug zu glauben, dass man nicht einsam sein kann, nur weil man beschäftigt ist, aber das wichtigste ist, dass niemand anders glaubt, man wäre einsam. (Seite 74)

Es ist eine gute Sache, jemanden zu haben, der wach ist, während man schläft. (Seite 108)

(…) ich habe gelesen, dass man als Weltraumreisender bei seiner Rückkehr jünger ist, als man es wäre, wenn man auf der Erde geblieben wäre, denn Zeit ist relativ. Ein Tag mit Epsilon ist beispielsweise nicht dasselbe wie ein Tag ohne ihn. (Seite 109)

June kam als ganzer Mann von der Armee zurück. Er konnte sein Bett machen und einen Menschen erschießen, das sah ich ihm an. (Seite 121)

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 28.11.2011
In Liebe, Brooklyn
Schroeder, Lisa

In Liebe, Brooklyn


ausgezeichnet

Vor einem Jahr starb Lucca bei einem Autounfall und inzwischen sind seine Freundin Brooklyn und sein Bruder Nico schon beinahe geübt darin, ihre Trauer zu übertünchen und Alltag zu spielen.

Wie gehen Teenager, die ja in der Regel schon genug mit sich selbst zu kämpfen haben, mit so einem Verlust um? Abwechselnd wird aus Brooklyns und Nicos Sicht geschildert, wie die beiden über die Dauer von mehreren Monaten versuchen, mit der Trauer fertig zu werden. Während Brooklyn ihre Einsamkeit durch Briefe an Lucca zu bekämpfen versucht, ist Nicos Ventil das Laufen. In einem Traum bittet Lucca Nico darum, sich um Brooklyn zu kümmern und so überzeugt er Brooklyn schließlich, mit ihm gemeinsam zu trainieren. Allmählich beginnen beide (einen gemeinsamen?) Weg ins Leben zurückzufinden.

Was macht dieses Buch nun so besonders? Besonders beeindruckt hat mich, wie Lisa Schroeder es geschafft hat, einen Roman zu schreiben, der auf jegliche Nebenhandlung einfach verzichtet und der trotzdem an keiner Stelle konstruiert oder mühsam wirkt. Jeder Satz, jedes Wort sitzt und man ist so dicht dran an den Charakteren, dass ich manchmal selbst schon fast das Gefühl hatte, zu trauern.

Eine bessere Aufmachung hätte man für das Buch sicher nicht finden können. Gerade mal 10 x 15 cm groß ist es und so hatte ich beim Lesen mehrmals das Gefühl wirklich ein Tagebuch zu lesen. Gerade weil auch der Inhalt nicht im Fließtext geschrieben ist, sondern wirklich so, wie man Tagebucheinträge bzw. Briefe schreiben würde. Der schimmernde Einband und das Lesebändchen runden es perfekt ab. Schade nur, dass es wirklich innerhalb von ein paar Stunden ausgelesen war.

Fazit: Ein kleines Buch mit Platz für große Gefühle. Traurig, authentisch und letztlich aber auch hoffnungsvoll und philosophisch. Ein Buch, das ich sicher noch das ein oder andere Mal zur Hand nehmen werde.

1 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 23.11.2011
Des Wahnsinns fette Beute
Sinnen, Hella von;Scheel, Cornelia

Des Wahnsinns fette Beute


sehr gut

Ja sind die denn des Wahnsinns fette Beute? Offenbar schon, denn wie anders ist dieses Buch zu erklären, als das die Autorinnen und ihre Beuteopfer gleichermaßen einen an der Klatsche haben? Aber haben wir das nicht alle irgendwie? Die einen mehr, die anderen weniger – wobei ich mich ehrlicherweise zu Ersteren zähle.

Auf 496 Seiten bringen uns Hella von Sinnen und ihre Angetraute Conny Scheel nun die Macken und Marotten der Prominenz näher und man denkt eigentlich alle 2 Minuten: Ach du heiliges Kanonenrohr!!! Einer bekloppter als der andere, jeder total gestört. Aber immer wieder musste ich auch über mich selbst grinsen, wenn ich mich beim zustimmenden Nicken erwischte und feststellte: JA, das machst du ganz genau so. (Nein, ich werde jetzt NICHT verraten an welchen Stellen genau ich nicken musste!)

Dabei fand ich ganz besonders interessant, dass nicht unbedingt die Interviews, von denen man sich vorher am Meisten Beklopptes versprochen hatte am Ende tatsächlich auch die lustigsten waren. Einer meiner absoluten Favoriten war definitiv Jens Riewa, seines Zeichens Tagesschausprecher und somit eigentlich ein eher seriöser Vertreter seiner Art. Aber so kann man sich täuschen. Unangefochten ganz vorne mit dabei auch das Bekenntnis von Hella und Conny selbst und natürlich von my loveliest Denglish-Specialist Gayle Tufts. Einfach köstlich!

Sicher sind auch Passagen dabei, die man sich für meinen Geschmack hätte sparen können (Howard Carpendale beispielsweise *gähn*), aber das sind wenige und das tut dem Gesamtspaß wirklich keinen Abbruch.

Also unbedingt lesen und herausfinden, welche Macken ihr an euch selbst wiederfindet, während ihr über Deutschlands Promiwelt herrlich lachen könnt. :-)

6 von 7 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.