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Winfried Stanzick

Bewertungen

Insgesamt 2354 Bewertungen
Bewertung vom 27.06.2018
Das andere Achtundsechzig
Hodenberg, Christina von

Das andere Achtundsechzig


ausgezeichnet

Christina von Hodenberg, Das andere Achtundsechzig. Gesellschaftsgeschichte einer Revolte, C.H.Beck 2018, ISBN 978-3-406-71971-4

Schon zum 40. Jahrestag von „68“ haben sich vor allem die männlichen Protagonisten der „Bewegung“ in zahllosen Büchern und Interviews geäußert, immer mit dem Ziel ihre eigene Rolle genau zu definieren und unsterblich zu machen.

Nun in diesem Jahr, der 50. Wiederkehr von Achtundsechzig sind etliche dieser Bücher noch einmal aufgelegt worden, aber auch andere sind erschienen, die eine differenzierten und neuen Blick auf das Geschehen des Jahres 1968 werfen und seine Bedeutung neu definieren. Nennen will ich hier außer dem vorliegenden Buch das von dem Psychoanalytiker Claus Koch, der das Jahr 1968 in einer Geschichte von drei Generationen analysiert und beschreibt. Seine Frage:
„Die Eltern legten das Land in Schutt und Asche. Dann bauten sie es wieder auf, bis ihre Kinder 1968 in Berlin und anderswo es noch einmal anzünden wollten. Um damit die Vergangenheit endlich zum Schweigen zu bringen. Und ihre Kinder? Können sie, jenseits von Stillstand und trügerischer Ruhe das Land noch einmal zu neuem Leben erwecken?“
Seine Antwort: Die Phantasie und die Kraft der jungen Generation, in die Koch viel Hoffnung setzt, wird nötig sein, diese Welt besser zu machen und die Hoffnung darauf nicht aufzugeben.

Christina von Hodenberg hat nach dem Blick auf erstmal ausgewertete Quellen den Eindruck, dass das bisherige Bild der 68 er sehr unvollständig und verzerrt ist. Denn die vor allem männlichen Chronisten haben die prägende Rolle der Frauen damals unterschlagen.

Die Frauen fehlen in dem herkömmlichen Bild von 68. Sie kommen in der großen Erzählung der revolutionären Männer nicht vor. In ihrem Buch "Das andere Achtundsechzig" füllt Christina von Hodenberg diese Leerstelle, erinnert an vergessene Aktivistinnen und zeigt: 1968 war weiblich.

3 von 3 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 27.06.2018
Türme und Plätze
Ferguson, Niall

Türme und Plätze


ausgezeichnet

In seinem neuen hier vorliegenden umfangreichen Buch weist der renommierte Historiker Niall Ferguson, dass „Netzwerke, Hierarchien und der Kampf um die globale Macht“ keine neuen Phänomene der Neuzeit des 21. Jahrhunderts sind, sondern er zeigt, wie die Welt schon immer vernetzt war.

In einer gut lesbaren und faszinierenden Analyse beschreibt er die sozialen Netzwerke seit der frühen Neuzeit und erklärt, welche politische und wirtschaftliche Rolle sie seit dieser Zeit bis in die aktuelle Gegenwart in der Weltgeschichte spielen.

Vor allem die Erfindung des Buchdrucks erweiterte den Horizont der Menschen. In der frühen Neuzeit begann damit die Hoch-Zeit der Netzwerke. Ferguson erzählt von den Freimaurern und Illuminaten bis zu Google, Facebook und Co., den sozialen Netzwerken der Gegenwart. Sie verbreiteten revolutionäre Ideen und trugen zum Umsturz von Regierungen und Herrschaftssystemen bei.

Spione, Banker, Wissenschaftler oder gar Freimaurer forderten die politischen Machthaber heraus. Niall Ferguson zeigt, dass solche Vernetzungen unterhalb der Machtebene der lang übersehene Schlüssel zum Verständnis der Geschichte sind, analysiert aber auch moderne Netzwerke wie Facebook, Google oder den "IS". Sein Fazit: Hierarchisch organisierte Staaten und Institutionen können sich nur dann dauerhaft halten, wenn sie es schaffen, sich mit den modernen Netzwerken zu arrangieren.

3 von 3 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 17.05.2018
Cornell und der Toaster
Scheffner, Robert;Dax, Eva

Cornell und der Toaster


ausgezeichnet

Robert Scheffner, Cornell und der Toaster, Oetinger 2018, ISBN 978-3-7891-0907-2

Cornell ist eine Figur, von der man nicht genau weiß, wie alt er wohl ist. Jedenfalls scheint er alleine zu leben. Im Buch wird erzählt , dass er schon lange nicht mehr mit Menschen sprach. Deshalb mag man annehmen, dass er schon erwachsen ist. Cornell frühstückt gerne und dabei lebt er seinen Toaster über alles.

Eines Tages hört er ein Klopfen aus der Nachbarwohnung und schließt nicht gerade begeistert daraus, dass ein Neuer neben ihm wohnt. Auch dieser Unbekannte geht niemals aus, das findet er schnell heraus.

Als dann am nächsten Tag sein geliebter Toaster Feuer fängt und kaputt geht, is Cornell sehr traurig und beerdigt seinen Toaster in der nächsten Nacht in seinem Garten. Als er am frühen Morgen wieder ins Haus geht, sieht er hinter seiner Gardine den neuen Nachbar mit finsterer Miene lauern.

Nach einer kurzen Nacht mit wenig Schlaf, denkt Cornbell am Frühstücktisch noch nach, wie er denn zu einem neuen Toaster kommt, als er mit Schrecken wahrnimmt, dass im Garten ein großes Loch ist und der Toaster gestohlen wurde. Nach großer Überwindung klopft er beim Nachbarn, der ihm öffnet. Nach einigen Missverständnissen wird klar: der Nachbar hat den Toaster repariert.
„So wundert es kaum, dass sie bald schon beschlossen:
Ab jetzt wird das Frühstück zu dritt nur genossen.“

Ein schönes, ungewöhnliches Bilderbuch, mit einer liebevoll in Stop-Motion-Optik inszenierte Geschichte über Freundschaft, für Kinder und erwachsene Trickfilmliebhaber.

5 von 5 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 17.05.2018
Margot Käßmann
Birnstein, Uwe

Margot Käßmann


ausgezeichnet

Uwe Birnstein, Margot Käßmann. Folge dem, was Dein Herz Dir rät, Bene Verlag 2018, ISBN 978-3-96340-000-1

Obwohl Uwe Birnstein, der Autor der von Margot Käßmann autorisierten Biografie, die hier im neuen christlichen Bene Verlag innerhalb der Droemer Gruppe vorliegt, über eine lange Zeit immer wieder eng mit Margot Käßmann zusammengearbeitet und dieser auch freundschaftlich verbunden ist, ist es ihm gelungen, eine wirklich unabhängige und kritische Würdigung des Lebens und Wirkens dieser außergewöhnlichen Frau zu verfassen, die man „die Bischöfin der Herzen“ nannte.

Aus der intensiven Zusammenarbeit der beiden, zu denen auch die Besuche vieler originale Schauplätze gehörte, stammen auch die vielen bisher unveröffentlichten Fotos aus dem Privatarchiv der engagierten Theologin.

Wie wurde Margit Käßmann zu einer populärsten und angesehensten Persönlichkeiten Deutschlands? Was sind die sie bis heute prägenden Kindheitserfahrungen ? Wie lernte sie Toleranz und Courage, woher stammen ihre Geradlinigkeit, ihr Mut und ihre Friedensliebe? Wie bringt sie Familienleben und Beruf unter einen Hut? Und vor allem: Welche Rolle spielt der christliche Glaube in ihrem Leben, wie schenkt er ihr Trost und Bestärkung?


All diesen Fragen geht Uwe Birnstein, selbst Theologe, in seiner über 200 Seiten langen Spurensuche nach und beschreibt ein ganz außergewöhnliches Frauenleben und ein Glaubensleben und eine Lebenspraxis, die Respekt hervorruft. Feinfühlig porträtiert er eine Frau, die oft im Scheinwerferlicht steht.

Eine beeindruckende und gelungene Biografie.

2 von 3 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 17.05.2018
Das Böse, es bleibt
D'Andrea, Luca

Das Böse, es bleibt


ausgezeichnet

Luca D’Andrea nutzt immer wieder wechselnde Erzählperspektiven um zum einen die extrem spannende Handlung ganz langsam und gegen Ende immer schneller voranzubringen, sondern auch um dem Leser die einzelne Charaktere und ihre Vergangenheit vorzustellen. Dies hilft dem Leser, sich mehr und mehr ein Bild zu machen, wie die einzelnen Menschen zu dem geworden sind, was sie heute sind und zu dem kamen, was sie heute antreibt, sie aber auch quält.

Es ist, neben den wunderbaren Naturschilderungen, gerade jene besondere Atmosphäre, die dunkle, sich bedrohlich steigernde Ahnung von etwas ganz Bedrohlichem und Schrecklichem, die den Leser das Buch einfach nicht aus der Hand legen lässt, aber auch die Art und Weise, wie sich das Verhältnis zwischen den beiden Hauptfiguren Simon und Marlene langsam aber sicher in eine Richtung verändert, die nichts Gutes ahnen lässt.

Doch es geht nicht nur um Marlene und Simon oben auf dem Berghof. Immer wieder wird auch erzählt von Simon, der seine Edelsteine zurückhaben will und einem sogenannten im Dunkel bleibenden „Konsortium“, von dem Simon abhängig ist. Und schicken auch sehr schnell ihren besten Mann auf die Spuren von Marlene. Er hat keinen Namen, man nennt ihn „Mann des Vertrauens“ und trotz aller hervorragender Manieren ist dieser Mann, der nie versagt, ein Ungeheuer mit ungeheuerlicher Vergangenheit.

Es ist eine Geschichte voller Kobolde und Märchen, Traditionen und altem Wissen. Eine Reise in Gedanken und Erinnerungen, in Träume und Wahnvorstellungen.
"Entweder hatte man Vertrauen, oder man hatte es nicht. Etwas dazwischen gab es nicht."

Es gelingt Luca D’Andrea ganz hervorragend, seine Leser sofort mit hineinzuziehen in diesen Bann und atemlos in der Lektüre fortzuschreiten, die ihn mit immer neuen ungeahnten Wendungen, völlig gefangen nimmt.

Ein wirklich empfehlenswerter Thriller, der in 30 Sprachen gleichzeitig erscheint.

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 17.05.2018
Es geht uns gut
Geiger, Arno

Es geht uns gut


ausgezeichnet

Arno Geiger, Es geht uns gut, DTV 2018, ISBN 978-3-423-14650-0


Philipp Erlach (36) lebt als Schriftsteller in Wien. Was er schreibt bzw. geschrieben hat, wird nicht einmal angedeutet, man bekommt den Eindruck, dass er nicht wirklich erfolgreich ist oder aber in einer Schaffenskrise. So wie er sich in den Monaten Mai und Juni des Jahres 2001 durch sein Leben wurstelt, wäre das auch gar nicht verwunderlich.

Philipp Erlach hat in Hietzing, einer Wiener Nobelgegend, die alte Villa seiner Großeltern geerbt. Wohl hauptsächlich aus wirtschaftlichen Gründen nimmt er dieses Erbe an, aber er wehrt sich auch dagegen. Denn alles, was diese Villa an Familiengeschichte atmet, allem, was sich auf dem tatsächlichen und dem virtuellen Dachboden versteckt, begegnet er feindlich.

Sein Privatleben ist genauso ungeordnet und unklar, wie ihm seine eigene Vergangenheit und erst recht seine persönliche Zukunft erscheint.
„Insgeheim möchte doch jeder wissen, wie die Zukunft sein wird, und sei es nur, damit es in der Gegenwart leichter fällt sich einzubilden, dass man weiß, was man tut.“
So formuliert er in seinen persönlichen Notizen, als er beginnt, das Haus zu entrümpeln. Seine verheiratete Freundin Johanna, zu der er nicht wirklich eine tiefe Bindung aufbauen kann, schickt ihm zwei Schwarzarbeiter, Steinwald und Atamatov, ein Ukrainer. Sie tut das, weil sie ihren Philipp kennt: alleine wäre er nicht imstande, irgendetwas an den Haus zu machen.

Vor allen Dingen nicht, sich mit der Vergangenheit zu konfrontieren, die in dem Haus lebt und „aufbewahrt“ ist. Und so müssen die beiden Schwarzarbeiter, mit denen er im Laufe der Zeit, die sie für ihn arbeiten, ziemlich hilflos eine Freundschaft anknüpfen will, den Dachboden entrümpeln, in denen sich eine Menge Tauben ein neues Zuhause eingerichtet haben.

Kistenwiese verschwinden Sachen, Bücher und Einrichtungsgegenstände, die auf dem Boden zum Teil über Jahrzehnte gelagert waren, in den bestellten Containern. Steinwald und Atamatov entwickeln noch das realistischste Verhältnis zu den Hinterlassenschaften: sie schaffen alles, was noch irgendeinen Wert haben könnte, in Steinwalds gebrauchten Mercedes und verhökern es auf Flohmärkten.

Philipp Erlach will und kann sich nicht mit der Vergangenheit seiner beiden Herkunftsfamilien auseinandersetzen, vielleicht weil er so gar keine Vorstellung hat von seiner Zukunft und seine Gegenwart so trostlos.

Wie reich an menschlichem Schicksal und politischer Bedeutung seine Familiengeschichten sind, erzählt Arno Geiger in literarischen Blitzlichtern, in denen er in einem Zeitrahmen zwischen 1938 und 1989 immer wieder an einen Tag in der Vergangenheit zurückkehrt und schildert, was passiert.

Hier, in diesen Kapiteln, hat man das Gefühl, dass die beschriebenen Menschen leben, ihr Leben gestalten, und dort , wo sie keine Macht darüber haben, sich wenigstens mit ihrem Schicksal auseinandersetzen, anders als Philipp Erlach im Jahre 2001. Dem Leser entschlüsselt sich nicht die Antwort auf die Frage, welche Details aus der beschriebenen Familiengeschichte ihm tatsächlich bekannt sind. Diese beziehungslose Aneinanderreihung der aktuellen Kapitel und denen aus der Geschichte verstärkt noch den Eindruck, dass Erlach ein Mensch ohne wirkliche Wurzeln ist, und dass darin auch sein eigentliches menschliches und wohl auch schriftstellerisches Dilemma begraben liegt.

Für einen Leser aus Deutschland, der sich mit der österreichischen Geschichte nicht so auskennt wie mit der des eigenen Landes, ist das Buch auch als Informationsquelle über das Land und seine Menschen aufschlussreich.

Arno Geiger liebt seine Personen, die er schildert, er liebt und leidet mit ihnen. Sein Buch ist eine Einladung an seine Leser, die eigene Lebensgeschichte ernster zu nehmen.

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 17.05.2018
Nur für Boys - Alles was du wissen musst
Cox, Lizzie

Nur für Boys - Alles was du wissen musst


ausgezeichnet

Lizzie Cox, Nur für Boys, Ravensburger Verlag 2018, ISBN 978-3-473-55455-3

Witzig und peppig aufgemacht, mit vielen humorvollen Illustrationen versehen kommt dieses zunächst in England für Jungen in der Pubertät erschienen kleine Handbuch daher, das „alles was du wissen musst“ seinen männlichen Lesern im Untertitel ankündigt.

In kurzen, verständlichen Texten wird alles Wesentliche erklärt, was in dieser schwierigen Zeit der Entwicklung zum Erwachsenen in Körper und Seele vor sich geht.
Worterklärungen und ein Register sowie ein Wort an die Erwachsenen finden sich im Anhang eines handlichen und sehr empfehlenswerten Buches.

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 17.05.2018
Krokodilwächter / Kørner & Werner Bd.1
Engberg, Katrine

Krokodilwächter / Kørner & Werner Bd.1


ausgezeichnet

Katrine Engberg, Krokodilwächter, Diogenes 2018, ISBN 978-3-257-07028-6

Mit „Krokodilwächter“ beginnt der Diogenes Verlag die Veröffentlichung einer neuen Krimiserie aus Dänemark. Katrine Engberg war mit ihrem Debütroman dort sehr erfolgreich und man darf schon jetzt sehr gespannt auf die weiteren Folgen der Serie um die beiden Ermittler Jeppe Korner und Anette Werner sein. Jedenfalls ist dem Diogenes Verlag nach Anne Reineckes „Leinsee“ ein weiteres vielversprechendes Debüt ins verlegerische Netz geraten.

Als der Rentner Greger Hermansen, einer der Mieter der emeritierten Hochschullehrerin Esther de Laurenti, seinen Müll vor das Haus bringen will, entdeckt er im ersten Stock, dass die Wohnungstür der beiden jungen Frauen die dort seit einiger Zeit zusammen wohnen, offen steht. Als er nachschauen will, stolpert er über die grauenhaft zugerichtete Leiche von Julie, die erst vor kurzem nach Kopenhagen gezogen war um dort Literatur zu studieren, und erleidet dabei einen Herzanfall.

Jeppe Korner und Anette Werner von der Kopenhagener Mordkommission werden mit den Ermittlungen beauftragt. Anette ist ein ausgeglichener Mensch, glücklich verheiratet und hat eine Familie, bei der sie sich wohl fühlt.

Jeppes Frau hat sich seit einiger Zeit von ihm getrennt. Sie konnte das Polizistenleben nicht mehr ertragen. Jeppe versucht krampfhaft wieder auf die Füße zu kommen, kommt aber in diesem ersten Band der auf mehrere Teile angelegten Reihe noch nicht viel weiter. Das Band ihrer gegenseitigen Sympathie ist dünn, aber sie mühen sich um eine gute Zusammenarbeit. Wie die sich weiterentwickeln wird, werden die nächsten Bände zeigen.

Schnell ist klar, dass es sich bei der Toten um Julie Stender handelt. Lange rätseln die Ermittler darüber, dass der Täter ihr irgendeine Form von Botschaft ins Gesicht geschnitten hat.

Rätselhaft bleibt auch lange, dass in einem Roman, den Esther de Laurenti im Ruhestand begonnen hat, ein fast ähnlicher Mord in allen Einzelheiten geschildert wird. Doch es gibt weitere Opfer mit weiteren Zeichen.
Nach und nach bieten sich viel Personen als mögliche Täter an. neben Esther de Laurenti ist da noch ihr Gesangslehrer und jugendlicher Freund Kristoffer.

Im Laufe der Ermittlungen taucht eine Gruppe von Literaten auf, mit denen Esther de Laurenti auf einer nur dieser Gruppe zugänglichen Internetseite die Teile ihres Romans ausgetauscht hat. Doch es scheint, als hätten auch noch andere Zugang zu dieser Seite….

Eine sich ständig steigende Spannung erzeugend, führt Katrine Engberg den zunehmend begeisterten Leser zu einer Lösung, die er nicht für möglich gehalten hätte.

Ein absolut gelungenes Debüt, das Lust auf weitere Bände dieser Reihe macht. Ob Diogenes damit ähnlichen Erfolg hat wie mit den Büchern von Donna Leon oder Martin Walker?

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 17.05.2018
Sommernachtstod
Motte, Anders de la

Sommernachtstod


ausgezeichnet

Anders de la Motte. Sommernachtstod, Droemer 2018, ISBN 978-3-42630624-6

Über die erste Hälfte dieses spannenden Kriminalromans aus Schweden, der auf langen Strecken eher wie ein Psychodrama einer vom Schicksal getroffenen Familie und des Dorfes, in dem sie wohnt daherkommt, erzählt Anders de la Motte in zwei Strängen.
Der erste spielt im Spätsommer 1983, als in einem kleinen Dorf in Südschweden der 4 Jahre alte kleine Billy verschwindet. Er spielte im Garten, als ihn ein Kaninchen ablenkt, er ihm folgt bis zu einem Zaun und dann plötzlich nicht mehr da ist. Es folgt die Schilderung einer Suche nach diesem Jungen, bei der der örtliche Polizeichef Krister Mansson die Leitung übernommen hat. Auch als nach einiger Zeit ihm zwei Kriminalpolizisten aus der Stadt vor die Nase gesetzt werden, gibt es keine brauchbaren Ergebnisse. Der im Dorf unbeliebte Tommy Rooth wird verdächtigt, doch man kann ihm nichts nachweisen. Billys Mutter wird depressiv und nachdem sie aus der psychiatrischen Klinik entlassen wird, geht sie aufs Eis und ertrinkt.
Schon direkt nach dem Prolog, in dem Billy verschwindet, fügt Anders de la Motte lange sehr unverständlich und kryptisch bleibende Brieffragmente ein - Absender und Adressat unbekannt. Sie bleiben bis zum Ende des spannenden Romans, der eine völlig überraschende Lösung bringt, unklar.

Der andere Erzählstrang spielt in der Gegenwart des Romans, 20 Jahre nach dem Verschwinden des kleinen Billy. Dessen Schwester Vera, die sich jetzt Veronica nennt, arbeitet nach einer entsprechenden Ausbildung als Therapeutin in Stockholm. Sie hat vor kurzen einen Zusammenbruch erlebt, und hat nun unter der Anleitung ihrer erfahrenen Kollegen Ruud in einer Trauerselbsterfahrungsgruppe als Leiterin die Chance sich zu bewähren und ihren Arbeitsplatz zu sichern.
Als eines Tages ein junger Mann in die Gruppe kommt, sich als Ilka vorstellt und von seinem vor 20 Jahren verschwundenen damaligen Freund erzählt und dabei das Dorf haargenau beschreibt, glaubt Veronica in diesem Mann ihren Bruder zu erkennen.

Sie fährt nach Hause in ihr Dorf und beginnt auf eigene Faust dem damaligen Verschwinden ihres Bruders nachzugehen. Ihr anderen Bruder Michael, der bei der Polizei arbeitet, hilft ihr nach ersten Zweifeln und auch der ominöse junge Mann taucht wieder auf. Kann sie ihm Vertrauen? Ist er tatsächlich der wieder aufgetauchte Billy? Lange bleibt das unklar und der Leser ist hin- und hergerissen.

Man kann das Buch, das in der zweiten Hälfte hauptsächlich in der Gegenwart spielt, kaum aus der Hand legen,. So spitzt sich die Handlung zu, bis ein völlig überraschender Schluss den Leser aus Wolken fallen lässt und die Auflösung bringt.

Anders de la Motte ist in seiner Heimat ein preisgekrönter Schriftsteller. Hierzulande blieben seine bisher erschienenen Bücher eher unbeachtet. Das wird sich nach diesem Knüller sicher ändern.

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.