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guybrush
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Bühlertal

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Insgesamt 21 Bewertungen
Bewertung vom 09.11.2018
Der Zorn der Einsiedlerin / Kommissar Adamsberg Bd.12
Vargas, Fred

Der Zorn der Einsiedlerin / Kommissar Adamsberg Bd.12


ausgezeichnet

Kann man mit Spinnengift morden? Das ist die große Frage und wird nicht die einzige bleiben. Fakt ist, dass auffällig viele alte Männer am Biss einer Einsiedlerspinne sterben, was eigentlich unmöglich ist. Fast zufällig stolpert Kommissar Adamsberg über diese Merkwürdigkeit und wir ahnen es schon, das lässt ihn nicht mehr los. Er forscht auf eigene Faust, denn alle halten ihn für verrückt, auch seine Brigade. Vor allem sein Freund und Stellvertreter Danglard stellt sich gegen ihn.

Gerade erst aus Island zurückbeordert, scheinen die Nebelbänke der Insel den Kommissar nicht frei zu geben. „ Sie hielten ihn oft für einen Träumer und eigensinnigen Fantasten, im Guten wie im Schlechten … ohne zu ahnen, dass er im Nebel einfach gut sah.“ Und so findet er die Spur zu einem Waisenhaus und zu einer Clique von grausamen Kindern, der „Einsiedlerspinnen-Bande“, die dort vor vielen Jahren ihr Unwesen getrieben haben. Handelt es sich um die Rache der gequälten Kinder?

Es dauert lange, bis Adamsberg dieses Rätsel lösen kann. Wie so oft verirrt er sich auf Abwege, folgt falschen Spuren, verheddert sich in scheinbar Nebensächlichem. Vargas vergleicht ihn mit Magellan auf der Suche nach der Passage zum Pazifik, allzeit der Gefahr des Schiffbruchs ausgeliefert. Mir macht es immer wieder Spaß, ihn auf diesen Irrfahrten zu begleiten und nach und nach folgt ihm auch sein Team. Erst nur wenige, dann immer mehr. Manch einer mag das als langweilig empfinden. Ich finde es wunderbar. Hier gibt es keinen thrilligen Mainstream. Wenn die Ermittlung stockt, gehen sie erst mal essen oder kümmern sich um ihre Amselfamilie, deren Überleb im Asphaltdschungel von Paris gesichert werden muss. Das ist herrlich entschleunigend. Das ist französische Lebensart vom feinsten.

Die Figuren von Fred Vargas haben etwas Surreales. Adamsberg ist ein sensibler Träumer, zwar ein feiner Beobachter, doch als Kommissar eine unrealistische Fehlbesetzung. Sein Team besteht aus Typen, die so mit Sicherheit in keiner Dienststelle eine Chance hätten. Einer hat das absolute Gedächtnis, trinkt zu viel. Eine andere hortet krankhaft Lebensmittel, wieder ein anderer fällt alle 3 Stunden in Tiefschlaf. Trotzdem funktionieren sie auf der fiktionalen Ebene hervorragend. Jeder ist auf seine spezielle Art liebenswürdig und authentisch. Das passt, das funktioniert hervorragend.

Der Humor ist zum niederknien. Wer schon mal was mit absurdem Theater in Berührung gekommen ist, dem werden solche Dialoge bekannt vorkommen.
„Ist Voisnet Raucher?“
„Nein. Vielleicht hat er seinem Sohn eine geklaut.“
„Er hat keinen Sohn.“
„Dann weiß ich auch nicht.“
„Kennst Du Balzac?“
„Nein, Louis. Die Gelegenheit hat sich nie ergeben.“
„Nun sieh dir Voisnet an, und du siehst Balzac. Er hat zwar nicht seine Finsteren Augenbrauen und er ist noch nicht so dick, aber denk dir einen schwarzen Schnauzer hinzu, und du siehst Balzac.“
„Also ist Balzac letztendlich gar nicht tot.“
„Letztendlich nein.“
„Wie tröstlich.“

Der Kriminalfall wirkt stark konstruiert. Aber wen kümmert das, wenn er beim Lesen so viel Unterhaltungswert hat. Wenn ich Realität will, schau ich Nachrichten. Wenn ich einen außergewöhnlichen Krimi lesen will, greife ich zu Vargas. Dabei ist das Thema, das in diesem Buch aufgegriffen wird, so real, dass es, wenn mal wieder so ein entsetzlicher Fall bekannt wird, durchaus in der Presse große Aufmerksamkeit findet.
„Unsere Zeit, Kommissar? Von welcher Zeit reden Sie? Einer zivilisierten? Einer vernunftbestimmten Zeit? Einer friedlichen Zeit? Unsere Zeit ist unsere Urgeschichte, unser Mittelalter. Der Mensch hat sich doch um keinen Deut geändert. Schon gar nicht in seinen tiefsten Gedanken.“ Das ist leider allzu wahr und genauso erschreckend.
Wie es trotzdem gelingt, aus einem so abstoßenden Thema einen Unterhaltungsroman zu machen, der sogar mit einer gewissen Leichtigkeit aufwarte

Bewertung vom 23.05.2016
APOCALYPSE MARSEILLE (eBook, ePUB)
Gruber, Andreas

APOCALYPSE MARSEILLE (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Utopisch, abgründig, gut!

„Apocalypse Marseille“ ist eine Sammlung von 13 sehr abwechslungsreichen utopischen Kurzgeschichten, die alle zwischen 1998 und 2012 bereits in diversen Magazinen veröffentlicht wurden. Für dieses Buch hat Andreas Gruber sie neu überarbeitet und serviert sie dem Leser mit sehr persönlichen und informativen Vorworten.

Das Spektrum ist weit. Düstere Dystopie, absolut schräger Alien-Betriebsausflug, Zeitreise, morbide Gameshow und vieles mehr gestalten Reise durch Raum, Zeit und fremde Galaxien abwechslungsreich und unterhaltsam. Andreas Gruber besitzt ein wunderbares erzählerisches Talent sowie eine abgründige Fantasie. Eine Kombination, die mich noch nie enttäuscht hat und die auch diesmal wieder ins Schwarze trifft.

Gute Unterhaltung ist mit „Apocalypse Marseille“ garantiert. Schade nur, dass man es so schnell zu Ende gelesen hat.

Bewertung vom 26.07.2015
Northern Gothic
Gruber, Andreas

Northern Gothic


ausgezeichnet

Genreübergreifender Lesespaß mit Gänsehautgarantie

Ich habe lange keine Anthologie – sprich Sammlung von Kurzgeschichten – mehr gelesen und war also sehr gespannt, ob ich mich damit anfreunden kann. Kurz gesagt, ja. Das liegt vor allem an der kruden Mischung, die Andreas Gruber mit „Northern Gothic: Unheimliche Geschichten“ anbietet. Von Wyatt Earp über Dr. Watson bis Edgar Allan Poe, ob Science Fiction, Horror oder Fantasy, für jeden Geschmack wird etwas geboten. Von experimentellen 1-Satz Geschichten, bis zu komplexen Mainstream-Storys ist wirklich alles dabei, was das Herz des Lesers höher schlagen lässt. Einige Geschichten wurden bereits in diversen Magazinen veröffentlicht, andere sind neu, alle jedoch wurden überarbeitet. Ich fand die Mischung interessant und ausgesprochen unterhaltsam. Kein deutschsprachiger Autor schreibt so vielseitig und genreübergreifend.

Als Bonus gibt’s zu jeder Geschichte im Buch ein Vorwort. Hier erzählt Andreas Gruber, woher er die Idee zur Geschichte hat und wie sie entstanden ist. Das schafft eine Nähe zum Gelesenen und zum Autor. Manchmal nimmt es allerdings leider auch die Pointe vorweg.

Bei der letzten Geschichte angelangt, war ich traurig, dass das Buch schon zu Ende ist. Ein schöneres Kompliment kann ich einem Autor nicht machen.

Und wenn ihr mal in im niederösterreichischen Grillenberg vorbei kommt und Andreas besuchen wollt … geht NICHT mit ihm in den Keller! Lest die erste Geschichte im Buch und ihr wisst, was ich meine.

Bewertung vom 10.06.2015
Nun ruhet sanft / Kommissar Dühnfort Bd.7
Löhnig, Inge

Nun ruhet sanft / Kommissar Dühnfort Bd.7


ausgezeichnet

Ein Rest von Schuld

Kaltblütig eine ganze Familie ausgelöscht. Kommissar Konstantin Dühnfort, seines Zeichens werdender Vater, ist erschüttert. Doch halt. Einer hat überlebt. Kurz nach dem Mord taucht der Familienvater plötzlich am Tatort auf. Mit einem Strauß roter Rosen für seine Frau. Steht er tatsächlich unter Schock, oder ist er ein guter Schauspieler? Für Dühnfort ist die Sache von Anfang an klar. Er will dem Vater die kaltblütige Tat nachweisen. Hat er sich vorschnell verrannt?

Eines kann Inge Löhnig hervorragend, die Untiefen des menschlichen Verhaltens ausloten. Das stellt sie auch bei „Nun ruhet sanft“ wieder trefflich unter Beweis. Beim Reinlesen dachte ich noch „Ihre Storys waren auch schon mal prickelnder“. Aber je weiter ich im Buch vorankam, desto interessanter fand ich die Geschichte. Und zum Schluss bin ich doch wieder restlos überzeugt.

Eigentlich ist Tom Sassen der ideale Verdächtige. Je mehr man ihn kennen lernt, umso ekelhafter findet man ihn. Ein arroganter schwanzgesteuerter Egozentriker, der Menschen nur benutzt und ständig um sich selbst kreist. Aber ist er wirklich zu einer solchen Tat fähig? Diese Frage lässt sich bis zum Schluss kaum beantworten und ist hervorragend in Szene gesetzt. „Warum kommt es zu derartigen Amokläufen? Gekränkte Eitelkeit? Zutiefst verletzte Gefühle? Die Unfähigkeit, mit Zurückweisung umzugehen? Und es würde schlimmer werden, in einer Gesellschaft, in der nur noch Ellenbogen zählten, in der als Vorbild galt, wer rücksichtslos und egoistisch war.“

Mein ewiger Kritikpunkt spielt ja leider wie immer die Hauptrolle. Langweiler Dühnfort. Altmodisch, spießig, großbürgerlich und immer ein wenig blasiert. Manchmal würde ich ihm gerne seine Espressomaschine wegnehmen und schauen, was dann noch von ihm übrig bleibt. Aber da er nun mal der Kommissar ist, muss ich mit ihm leben. Und mal ganz ehrlich, meine große Liebe wird er nie, aber ich kann inzwischen ganz gut mit ihm. Macht der Gewohnheit!

Mit der Dühnfort-Serie von Inge Löhnig kann man nichts falsch machen. Das ist deutsche Krimi-Qualität vom Feinsten. Sie hat es einfach drauf.

Bewertung vom 06.06.2015
Heimweh
Raabe, Marc

Heimweh


ausgezeichnet

Marc Raabe wird immer besser

„Heimweh“ ist in vielerlei Hinsicht ein typischer Raabe geworden. Jesse Berg muss sich der Vergangenheit stellen, traumatische Kindheitserinnerungen verarbeiten und das Geheimnis seiner Kindheit lüften. Waren es in „Schnitt“ und „Schock“ weitgehend die schnellen Schnitte und die brutale Action, die einen fast atemlos machten, hat er sich in seinem neuen Roman mehr Zeit gelassen, die Geschichte zu entwickeln. Mir kommt das sehr entgegen, denn das gibt mir die Gelegenheit, mich ganz auf die Geschichte einzulassen, statt immer nur hinterher zu hecheln.

Sie ist gut erzählt, die Geschichte einer verpfuschten Kindheit. Eingearbeitete Rückblenden untermauern die Handlungsweise der Personen in der Gegenwart. Schneller als Jesse Berg ahnt der Leser dadurch die wahrscheinlichen Zusammenhänge. Das Tut der Spannung aber keinen Abbruch.

Besonders gelungen sind die Passagen mit dem alten Heimleiter und der kleinen Isa. Die sind mir richtig ans Herz gegangen. Auch die Heimkinder und ihre Interaktion fand ich wirklich geglückt. Selbst in einem Internat aufgewachsen, kam mir einiges mehr als bekannt vor. Für mich also stellenweise ein Stück eigene Vergangenheitsbewältigung.

Marc Raabes Schreibstil ist gereift und das tut dem Roman gut. Heimweh ist ein Psychothriller, bei dem das Gewicht etwas mehr auf „Psycho“ als auf „Thriller“ liegt. Die Action kommt dabei keineswegst zu kurz und die Spannung entsteht aus der Spekulation, wie es denn nun wirklich gewesen ist. „Erinnerungen sind nur datengestützte Erfindungen“ und deshalb nichts, worauf man eine Zukunft bauen kann.

Bewertung vom 26.04.2015
Golanhöhen
Bischoff, Marc-Oliver

Golanhöhen


ausgezeichnet

Schlaflos in Frankfurt – Tod. Leben. Lüge. Wahrheit.

Eine Frau aus der Vergangenheit, ein Kind ohne Zukunft und ein Kommissar am Limit. Das schreibt der Verlag und das trifft es auch ganz gut.

Der Kommissar:
Gideon Richter von der Kripo Frankfurt ist gerade Vater geworden. Die Schreiattacken seines Sohnes rauben ihm den Schlaf. Unbewältigte Schuldgefühle aus der Vergangenheit sorgen für Alpträume und die häufiger werdenden Blackouts beängstigen ihn.

Der Fall:
„Golanhöhen“ Frankfurt a. M. – ein sozialer Brennpunkt . Wer hier angekommen ist, lebt ohne Hoffnung. Armut und Trostlosigkeit bestimmen das Leben. Gewalt ist an der Tagesordnung, Suizid ein oft gewählter Ausweg. Doch der vermeintliche Suizid entpuppt sich schnell als Mord. Und die kurz zuvor im Müll gefundene Babyleiche könnte das Kind der Ermordeten sein. Ein komplizierter Fall, der Gideon nahe geht. Zu nahe vielleicht …

Mein Fazit:
Dies ist der dritte Teil der Frankfurt-Trilogie und somit leider auch der letzte. Wieder ist es Marc-Oliver Bischoff gelungen, dem Leser ein brisantes Thema in einen klugen und spannenden Krimi näher zu bringen. Es gibt in der Tat an diesem Buch nichts auszusetzen. Das Thema ist aktuell und interessant, die Handlung schlüssig. Die Personen wirken lebendig und dreidimensional. Der Spannungsbogen passt perfekt. Ein Krimi aus der Oberliga, der locker mit großen Kollegen wie Andreas Franz oder Inge Löhnig mithalten kann. Wenn er nicht sogar besser ist. Interessanter in jedem Fall.

Mir persönlich hat „Die Voliere“ sowohl von der Thematik, als auch von der Emotionalität her, besser gefallen. Aber das ist Geschmackssache und außerdem Jammern auf ganz hohem Niveau.

Wer die Krimis von Marc-Oliver Bischoff noch nicht kennt, sollte es dringend nachholen. Seine Bücher gehörten eigentlich auf jede Bestsellerliste!

Bewertung vom 12.04.2015
Die guten Frauen von Christianssund / Dan Sommerdahl Bd.1 (6 Audio-CDs)
Grue, Anna

Die guten Frauen von Christianssund / Dan Sommerdahl Bd.1 (6 Audio-CDs)


sehr gut

Der erste Fall für Sommerdahl und Torp

Eigentlich ist Dan Sommerdahl Kreativdirektor einer Werbeagentur in Christianssund, einer idyllischen Provinzstadt in Dänemark. Da er gerade einen üblen Burnout hat, will er seiner Branche den Rücken kehren. Die Tatsache, dass in seiner Agentur die Leiche einer Putzfrau gefunden wird, vereitelt sein Vorhaben allerding. Denn der ermittelnde Kommissar ist zufälligerweise sein Jugendfreund Flemming Torp, und der kann Dans Insider-Wissen und seine Unterstützung als Amateurdetektiv gut gebrauchen …

Ein Krimi in guter skandinavischer Tradition? Nicht ganz, denn die typische deprimierende Düsternis fehlt. Die Geschichte kommt eher mit spielerischer Leichtigkeit daher. Am ehesten lässt sich Anna Grues Stil mit dem von Camilla Läckberg vergleichen, allerdings ohne nervende Kleinkinderbetreuung und ständiges Zimtschneckengemampfe. Grues Figuren wirken erwachsener und haben deutlich mehr Potenzial. Die kleinen Reibereien zwischen Sommerdahl und Torp, sowie die pfiffigen Dialoge, sorgen mit ihrem Wortwitz für zusätzliche Schmunzeleffekte.

Ein typischer Regionalkrimi? Nicht wirklich, denn Christianssund steht stellvertretend für viele ähnliche Kleinstädte, unter deren gutbürgerlicher Oberfläche nur scheinbar alles in Ordnung ist. Was Sommerdahl und Torp aber ausgraben, ist ganz und gar nicht in Ordnung. Schwarzarbeit, Menschenhandel, Prostitution und häusliche Gewalt. Hier ist Anna Grue für meinen Geschmack ein wenig zu tief in den Verbrechenssumpf eingetaucht. Weniger wäre für den Anfang mehr gewesen. Und so muss man aufpassen, dass die Geschichte sich in ihrer komplizierten Verwobenheit nicht verzettelt. Zumal es bei der letztendlichen Profanität des Motivs auch gar nicht nötig gewesen wäre. Trotzdem ist es ein spannender und wirklich hörenswerter Krimi, der Lust auf weitere Folgen macht.

Der geniale Dietmar Wunder macht das Hören zum Genuss. Er kann seine Stimme so geschickt modulieren, dass man bei Dialogen wirklich das Gefühl hat, verschiedenen Personen zu lauschen. Absolut überzeugend und sehr angenehm.

Alles in Allem ein gutes Krimidebüt, bei dem man neugierig sein darf, wie sich die Zusammenarbeit der beiden Freunde in zukünftigen Fällen gestalten wird. Ich jedenfalls bin schon gespannt.

Bewertung vom 22.03.2015
Wenn der Postmann nicht mal klingelt (eBook, ePUB)
Minck, Lotte

Wenn der Postmann nicht mal klingelt (eBook, ePUB)


sehr gut

Loretta „goes Hollywood“ …

… na zumindest hat Freundin Isolde ein Drehbuch geschrieben, das verfilmt werden soll. Wie praktisch, dass Lorettas Mitbewohnerin Diana gerade auszieht. Theaterdiva Emily Eichberger nutzt die Gelegenheit zur Recherche und zieht kurzerhand bei Loretta ein. Emilys Bruder sorgt zusätzlich für Aufruhr in Lorettas Gefühlsleben. Wie zu erwarten, geht es auch diesmal nicht ohne kriminelle Komplikationen. Anonyme Drohanrufe, dubiose Päckchen und dann stirbt auch noch Emilys Agentin unter merkwürdigen Umständen. In was ist Loretta da schon wieder hineingestolpert!

Auch der 4. Teil der Serie hält, was er verspricht. Humorvolle Unterhaltung, bei der die Spannung nicht zu kurz kommt. Und doch haben mir die drei Vorgänger besser gefallen. Woran liegt`s? An Pascal! Der ist einfach zu gut um wahr zu sein und passt – so ganz ohne Macken – nicht zu Lorettas Chaoten-Truppe. Und steht es nicht schon im Klapptext: „… Emilys Bruder Pascal, der es Loretta im Übrigen schwermacht, sich aufs Wesentliche zu konzentrieren.“ Das Wesentliche ist für mich in dem Fall: weniger Romantik, dafür wieder mehr spannende Action, mehr spontane Slapstick-Einlagen und vor Allem viel mehr Ruhrpott! Aber das ist Jammern auf hohem Niveau. Ich habe trotzdem viel gelacht, was vor allem Lorettas Scharfzüngigkeit geschuldet ist. Aber ehrlich, auch die war noch spritziger, bevor ihr die Hormone ins Kraut geschossen sind ;-)

In der gewohnt liebevollen Art ist Lorettas illustrer Freundeskreis gezeichnet. Allesamt eine gelungene Mischung aus schrägen Typen mit bodenständigem Ruhrpott-Charme und einem großen Herzen. Man muss sie einfach mögen.

„Wenn der Postmann nicht mal klingelt“ – eine turbulente Komödie, in der die Spannung nicht zu kurz kommt. Witzig, spritzig, Unterhaltung mit hohem Wohlfühlfaktor.

Bewertung vom 08.03.2015
Todesurteil / Sabine Nemez und Maarten Sneijder Bd.2
Gruber, Andreas

Todesurteil / Sabine Nemez und Maarten Sneijder Bd.2


ausgezeichnet

„Manchmal denke ich, das Leben eines Ermittlers ist ein langer süßer Selbstmord.“ – Konrad Wessely

Wenn auf eine Story das Adjektiv vielschichtig passt, dann auf „Todesurteil“ von Andreas Gruber. Was er und hier serviert sind 2 komplexe Handlungsstränge. Einer spielt in Deutschland, wo sich die BKA Studenten, insbesondere Sabine Nemetz, mit 4 „Coldcases“ beschäftigen, die blutiger und mysteriöser kaum sein könnten. Bei dem anderen, handelt es sich um einen aktuellen Fall, der in Wien angesiedelt ist.

Es ist ein Thriller der in seiner Blutigkeit an amerikanische Vorbilder erinnert, dieses Szenario aber in ein europäisches Umfeld transportiert. Meiner Meinung nach, funktioniert der Transfer gut. Kurze Kapitel und häufige Tatortwechsel machen Tempo, ohne einen durchs Buch zu hetzen. Spannung entsteht vor allem dadurch, dass man versucht die losen Enden zu verknüpfen, die vielen roten Fäden nicht aus den Augen zu verlieren, Täter zu identifizieren, Motive zu suchen und natürlich durch spektakuläre Einzelaktionen der Protagonisten. Dabei ist man den Ermittlern nur um eine Nasenlänge voraus, weil man beide Handlungsstränge parallel beobachten kann.

Maarten S. Sneijder wird bereits zum zweiten Mal ins Rennen geschickt. Die fiktive Figur des Fallanalytikers beim BKA Wiesbaden, ist eine charismatische Persönlichkeit. Mich erinnert er an einen modernen Sherlock Holmes. Genialer Exzentriker oder exzentrisches Genie? In jedem Fall misanthropisch, sarkastisch, schwer zugänglich und gerne auch mal bis unter die Haarspitzen zugekifft. Merkwürdigerweise wächst er einem trotzdem schnell ans Herz. Ihm zur Seite steht seine Studentin Sabine Nemetz, unkonventionell und hartnäckig, auch sie bereits bekannt aus dem ersten Buch. Ein schräges aber schlagkräftiges Team, das immer wieder mit gewagten Alleingängen für Hochspannung sorgt.

Auch das Team in Wien scheint nicht so recht zusammen zu passen. Die engagierte Staatsanwältin Melanie Dietz mit Therapiehund Sheila und der tröge Kriminalbeamte Hauser mit seinen Geckos, haben wenig gemeinsam und tun sich dementsprechend schwer mit der Zusammenarbeit.

Mit Nemetz und Dietz hat Andreas Gruber 2 intelligent und sympathische Frauen erfunden, die durchaus ihren Mann stehen. Mit den Herren der Schöpfung wird man in diesem Buch schwerer warm. Auf mich wirken die Frauenfiguren in diesem Buch durchweg glaubhafter, als die Männer. Das mag aber daran liegen, dass ich selbst eine Frau bin.

„Todesurteil“ bietet für jeden Lesegeschmack spannende Unterhaltung. Wer sich gerne in kranke Serienmörder hineinversetzt, wird ebenso bedient wie der, der gerne polizeiliche Ermittlungen verfolgt und mitspekuliert. Wer schräge Charaktere mag, wird sie in diesem Buch genauso vorfinden wie der, der sie eher realitätsnäher und bodenständig bevorzugt. Außerdem eine äußerst komplexe Story mit Tempo, Spannung und überraschenden Wendungen. Ich habe mich über 570 Seiten lang gut unterhalten gefühlt und an keiner Stelle kam Langeweile auf.