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JulesK

Bewertungen

Insgesamt 3 Bewertungen
Bewertung vom 19.04.2013
Ein ganzes halbes Jahr
Moyes, Jojo

Ein ganzes halbes Jahr


ausgezeichnet

Es gibt diese Bücher, die einen noch lange nach dem Lesen beschäftigen und zum Nachdenken anregen und „Ein ganzes halbes Jahr“ ist eines davon.
Auf eine sehr berührende Art und Weise erzählt die Autorin die Geschichte von Louisa und Will, die den Leser ab der ersten Seite fesselt und mitten in das Geschehen zieht.
Der Schreibstil ist recht einfach gehalten, doch er beschreibt die Gefühle und Gedanken der Protagonistin sehr echt und ergreifend.
Ich habe vor allem zum Ende hin bitterlich geweint und das schaffen wirklich nicht viele Bücher. Hier wird ein Thema behandelt, an dem sich bestimmt viele Geister scheiden werden und zu vielen Diskussionen anregen wird. Meiner Meinung nach wurde eben dieses aber von der Autorin sehr gut behandelt und genau diese Art, wie mit diesem schwierigen Thema umgegangen wird, macht dieses Buch so besonders. Jetzt fragt man sich wahrscheinlich, warum ich so um den heißen Brei herum rede, aber ich möchte einfach nicht zu viel verraten. Denn genau das war ebenfalls ein großer Pluspunkt der Geschichte: ich wusste bis zum Schluss nicht, wie es wohl ausgehen würde. Konnte mich dann aber doch mit dem Ende arrangieren.

Louisa, kurz Lou ist einer dieser quirligen, besonderen Charaktere, die man sofort in sein Herz schließt und ich hätte mir keine bessere Protagonistin für diese Art von Geschichte vorstellen können. Denn sie bringt mir ihrer aufgeweckten Art genau die richtige Prise Humor in diese sonst sehr traurige Geschichte herein und hebt in der ein oder anderen Situation das Stimmungsbild.
Die Autorin schafft es, eine gewisse Dramatik zu erzeugen, die aber zu keiner Zeit überzogen oder aufgesetzt wirkt, sondern sehr echt und ergreifend.
Die Ganze Geschichte lebt im Endeffekt von den Gefühlen, die sie dem Leser vermittelt. Man lacht, weint und leidet mit den Charakteren mit, die allesamt sehr greifbar gestaltet sind.

Die Beziehung zwischen Will und Louisa wird sehr schön und glaubhaft beschrieben. Die Annäherung erfolgt nur sehr langsam und zaghaft, doch so ist der Leser jederzeit mit dabei und kann die Gefühle der Charaktere sehr genau nachvollziehen. Man erlebt die Entwicklung beider Charaktere, denn Louisa schafft es nicht nur Will zu verändern, sondern Will verändert auch sie.
Diese beiden haben die ganze Zeit eine so unglaubliche Nähe zum Leser. Man hat eigentlich keine andere Wahl, als sie sofort ins Herz zu schließen.


Hin und wieder wechselt die Perspektive auch zu anderen Nebencharakteren im Umfeld der beiden. Das war vor allem gut, um auch mal die Situationen aus anderen Blickwinkeln zu beobachten. Dies hat aber nie den Lesefluss gestört und bot eine nette Abwechslung von der Perspektive der Protagonistin Louisa.


Fazit:
„Ein ganzes halbes Jahr“ ist ein ganz besonderes Buch, das den Leser auf eine Art und Weise berührt, die noch lange nach dem Lesen nachhallt. Ich würde es sofort jedem empfehlen, nein, gar aufdrängen, der gerne romantische, berührende und lustige Dramen liest.
Eines der besten Bücher, die ich bisher gelesen habe.

2 von 3 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 04.03.2013
Frau Bengtsson geht zum Teufel
Jensen, Caroline L.

Frau Bengtsson geht zum Teufel


weniger gut

Müsste ich genaustens festelegen, was „Frau Bengtsson geht zum Teufel“ denn nun ist, könnte ich es wohl nicht. Denn das Buch ist nun fertig gelesen und ich frage mich, was genau mir die Autorin eigentlich mitteilen wollte.
Auf eine sehr sarkastische und seltsame Weise wird hier das Thema Gott und der christliche Glaube behandelt. Aber will das Buch dabei kritisieren? Hm, das ist eine gute Frage. Denn, zwar wird im Zwiegespräch von Rakel und Frau Bengtsson der Glaube ordentlich durch den Fleischwolf gedreht, so richtig kritisch wirkt dies aber nicht. Auf 240 Seiten wird philosophiert und sinniert, wie viel Wahrheit denn nun im christlichen Glauben liegt. Dabei ziehen sich diese langen und drögen Abschnitte aber leider sehr in die Länge und am Ende ist man als Leser genauso schlau wie vorher. Jede Erkenntnis oder These, welche die beiden aufstellen klingt gleich und irgendwie belanglos.

Frau Bengtsson als Protagonistin bleibt leider sehr auf Distanz zum Leser. Dies liegt überwiegend an dem sehr eigenwilligen Stil des Buches. Sie wird immer nur als „Frau Bengtsson beschrieben“, nie erfährt man auch nur einmal ihren Vornamen. Aber irgendwie erscheint dies auch passend, da der Erzähler in der Position des kommentierenden Beobachters steht. Sie ist sehr gefangen in ihrem Alltagstrott, aber trotz allem glücklich, wie ihr Leben verläuft. Als sie einmal auch nur minimal aus diesem Trott ausbricht, stirbt sie. Ironie des Schicksals. Anfangs wirkt sie, trotz ihres sehr überzeichneten Charakters noch sympathisch und nachvollziehbar. Ich konnte mir aber einfach nicht vorstellen, warum eine kleine und feine Hausfrau, nachdem sie die Bibel studiert hat und nicht zufrieden mit dem ist, was sie findet, mir nichts dir nichts bereit ist, Ehebruch zu begehen, zu morden und andere Menschen in ihr Unglück zu treiben. Für eine Frau, die stets bedacht ist, darauf zu achten, wie sie auf andere Menschen wirkt ist das schon ziemlich widersprüchlich
Alle Charaktere sind sehr stereotypisch gestaltet. Da hätten wir einmal die kleine und tüchtige Haus- und Ehefrau Frau Bengtsson, die streng gläubige Theologiestudentin Rakel und der sehr praktisch veranlagte Ehemann. Diese fügen sich alle sehr gut in das Gesamtbild der Geschichte ein, was war es also, was an „Frau Bengtsson geht zum Teufel“ so wenig überzeugt? Ganz klar: Die Langeweile. Denn eigentlich geschieht nicht wirklich etwas. Bis die gute Hausfrau endlich einmal beschließt gegen Gott vorzugehen, wie im Klappentext beschrieben, vergehen gut 2/3 des Buches. Womit? Geschwafel. Anders kann man es leider nicht ausdrücken.
Der Humor ist im Buch leider nur sehr selten vertreten, wenn ist er aber sehr schwarz und es wird Gott, der Tod und eigentlich das Leben an sich auf die Schippe genommen. Leider reichten diese wenigen witzigen Passagen nicht aus, um das Buch als unterhaltend zu bezeichnen.

Fazit:
„Frau Bengtsson geht zum Teufel“ ist gespickt mit sehr viel schwarzem Humor, es gelingt jedoch nicht den Leser durchweg zu unterhalten. Belanglose und in die Länge gezogene Abschnitte, in denen über das Leben und Gott sinniert wird mindern das Lesevergnügen sehr. Leider nicht mein Buch.

Bewertung vom 04.03.2013
Nachtaktiv
Senoner, Sophie

Nachtaktiv


ausgezeichnet

Sophie Senoner beschreibt in ihrem Debütroman „Nachtaktiv“ das Berliner Leben der Studentin Heloise und ihrer Freundinnen. Der Leser begleitet sie auf der Suche nach der Liebe, auf dem Umweg über etliche sexuelle Eskapaden und ist schließlich hautnah dabei, als sie ihr Leben grundlegend ändern will.

Der Schreibstil der Autorin und die ganze Form der Geschichte ist dabei recht eigenwillig, aber deswegen nicht unbedingt schlecht. Es ist nur nicht was für Jedermann. Sie bringt die Gedanken der Protagonistin direkt und unbeschönigt aufs Papier. Dabei verwendet sie eine sehr echte und umgangssprachliche Sprache, wodurch das ganze Gebilde eher an ein Tage- oder Notizbuch erinnert, als wirklich an einen Roman. Auch gibt es keine wirklichen Kapitel. Vielmehr ist die Geschichte chronologisch gegliedert, indem Heloise von ihrem Jahr datiert und in zeitlicher Abfolge erzählt. Das ist auf jeden Fall eine nette Abwechslung und die Form passt auch irgendwie zum Gesamtbild der Geschichte, denn sie ist genauso echt und locker, wie die Protagonistin und ihr Leben.

Heloise ist eine junge Berliner Studentin, die ihr Leben so lebt, wie es ihr gerade entgegen kommt. Sie ist ein sehr sympathisches und doch irgendwie distanziertes Mädchen, das nicht ganz weiß, was sie noch mit ihrem jungen Leben anfangen soll. Sie ist nicht perfekt, im Gegenteil: Sie hat sehr viele Fehler, trifft eigentlich andauernd die falsche Entscheidungen und ist definitiv nicht das kleine, nette Mädchen von nebenan. Sarkastisch und selbstironisch reflektiert sie ihr eigenes Leben und Verhalten, um dann zum Schluss zu merken, wie falsch ihr Leben eigentlich läuft und was sie dagegen tun kann um das zu ändern. Sie ist als Protagonistin so echt und vielschichtig, dass sich jeder sofort mit ihr identifizieren kann. Wenn auch nur ein kleines bisschen. Denn es ist fast schon erschreckend, wie unbeschönigt und realistisch die Autorin das Leben der Studentin beschreibt.
Die Hauptthemen sind: Sex, Drogen, Alkohol, Ex-freunde, die Liebe und das Leben an sich. All dies wird mit einer frechen Stimme erzählt, die wohl die heutige Studentengeneration sehr unterhaltend und vor allem sehr greifbar vertritt.
Besonders lustig ist, wie Heloise mit dem Thema Single umgeht. Manche mögen vielleicht kritisieren, dass sie zu viel darüber nachdenkt und sinniert, aber das faszinierende ist, dass man (Ich) sich eigentlich in jedem einzelnen Gedanken wiederfinden kann.
Das gilt für das gesamte Buch: In jeder erzählten Geschichte, Situation oder auch jedem Gedanken steckt immer ein Fünkchen Wahrheit und jeder kann sich irgendwie darin wiederfinden.
Die Geschichte mag zwar an einigen Stellen überflüssig wirken, oder dass sie manchmal vor sich hin dümpelt. Trotz allem fesselt sie und zaubert dem Leser das ein oder andere Lachen ins Gesicht. Ich habe die Charaktere und ihr Berlin nach einem Tag, an dem ich das Buch verschlungen habe so ins Herz geschlossen, dass ich mir wirklich eine Fortsetzung wünsche.

Aber halt, einmal zurück zu ihrem Berlin.
Am liebsten würde ich jetzt, nach dem Lesen, einen Ausflug nach Berlin machen. Aber das wäre wahrscheinlich keine gute Idee, denn geht man nach dem Buch und seinen Charakteren, sind Touristen da gar nicht gerne gesehen.
Die Stadt Berlin ist ein wichtiges Stilmittel in dem Roman. Die drei Freundinnen entscheiden, was „Berlin ist“ und was eben nicht. Es wird sich über Touristen und Zuzos ( Die Zugezogenen) lustig gemacht. Man bekommt das Gefühl, dass Berlin ihre ganz eigene kleine Welt ist, in der sie versuchen, so zu sein, wie sie es am liebsten wollen, es aber nicht immer können. Denn auch die Metropole Berlin hilft nicht bei Liebeskummer oder lässt den lang gewünschten Mr. Right antanzen.