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Readit

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Insgesamt 9 Bewertungen
Bewertung vom 25.09.2012
Der ungeladene Gast
Jones, Sadie

Der ungeladene Gast


ausgezeichnet

Man stelle sich ein englisches Landgut vor, in den 1920er Jahren. Die beste Zeit des Adels ist vorbei, die Wirtschaftskrise droht, und auch auf Sterne, dem Landsitz der Familie Torrington, hat man schon bessere Zeiten gesehen. Man versucht, sich nichts anmerken zu lassen, aber Geld ist knapp. Edward Swift, der zweite Ehemann der schönen Charlotte Torrington, ist bereit, nochmals zur Bank zu fahren um einen neuen Kredit zu erbitten und so seiner geliebten Frau und deren drei Kindern Emerald, Clovis und Imogen, genannt Smudge, das Heim zu erhalten, obwohl er genau weiß, dass das Haus auf Dauer nicht zu halten sein wird.
Es ist der 30. April und somit der Geburtstag der älteren Tochter Emerald. Die Familie hat alles zusammengekratzt und ein paar Freunde eingeladen um das Ereignis stilvoll zu feiern - man gönnt sich ja sonst nichts. Kurz nach Ankunft der Gäste macht das Gerücht eines Zugunglücks die Runde, und auf Sterne sollen Überlebende untergebracht werden. Kaum gesagt sind sie auch schon da, eine Gruppe arm und zerlumpt aussehender Passagiere, die nach einer Unterkunft und Nahrung verlangen. Derr Haushalt ist damit völlig überfordert, die Haushälterin mit den Geburtstagsvorbereitungen beschäftigt, das Hausmädchen muss die Haare ihrer Herrschaften richten, die Hausherrin verweigert sich und die jüngste Tochter bereitet sich vor auf das, was sie "Das große Unterfangen" nennt: ein Ganzkörperportrait ihres Lieblingsponys auf ihrer Schlafzimmertapete. Bleibt Emerald, die versucht, Normalität in das Haus zurückzubringen.
Es wäre alles halb so schlimm, wenn nicht plötzlich ein weiterer ungeladener Gast auftauchen würde: Charlie Traversham-Beechers ist anders als seine Mitreisenden, kultiviert, gut gekleidet, und doch wird Charlotte bei seinem Anblick blass und würde ihn am liebsten des Hauses verweisen. Ihre Ahnungen bestätigen sich, vermag er es doch, allen Anwesenden den Spiegel vorzuhalten und ihre schlechteste Seite nach außen zu kehren - und außerdem verrät er ein lange gehütetes Geheimnis.
Geheimnisvoll ist dieses Buch, bis sich alles zum guten Schluss hin auflöst. Ich habe zugegebenermaßen länger gebraucht, das Buch zu lesen - ich bin nicht sofort mit den Personen warm geworden, und wäre die zauberhafte Sprache nicht gewesen mit viel Witz und sehr interessanten Wendungen, ich hätte es abgebrochen. Diese Idee, das Pony die Treppe raufzubugsieren, es zu malen und dann hinterher wieder hinunter zu bekommen - einfach göttlich. Und dann der Running Gag mit dem Namen "Charlie Traversham-Beechers"... Doch, ich habe mich gut unterhalten, nachdem ich mich eingelesen hatte. Und dann habe ich es bedauert, dass es zu Ende war!

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 24.07.2012
Tote Fische beißen nicht / Pippa Bolle Bd.3
Auerbach & Keller

Tote Fische beißen nicht / Pippa Bolle Bd.3


ausgezeichnet

Pippa Bolle ist wieder als Haussitterin unterwegs: dieses Mal soll sie in Südfrankreich die Umbauarbeiten eines Ferienhauses für ihre Freundin Pia überwachen. Am herrlich gelegenen Lac Chantilly in einer komfortablen Ferienwohnung lässt es sich gut aushalten und gleichzeitig eine gut bezahlte Übersetzertätigkeit ausführen. Ein weiterer Vorteil ist, dass Pippa zu ihrem 40. Geburtstag (ich hätte nicht gedacht, dass sie schon 40 wird!) nicht zu Hause ist und somit die riesen-Geburtstagsparty der Freunde aus der Berliner Transvaalstraße ausfällt - das kann ich gut nachvollziehen.

Mit der Ruhe am See ist es aber schnell vorbei, als ein Berliner Angelverein namens "Kiemenkerle" mannsstark einfällt, die ihren jährlichen Angelausflug mit einem Preisangeln toppen wollen. Immerhin geht es um 10.000 Euro Preisgeld. Und auch das beschauliche, angeblich nur wenig Arbeit machende Überwachen der Umbaumaßnahmen erweist sich als Mogelpackung, denn das Ferienhaus birgt ein Geheimnis, das es zu ergründen gilt. Kurzerhand spannt Pippa die Kiemenkerle in ihre Ermittlungen mit ein - einer der Angler ist schließlich Polizist und hat auch schon bei der Lösung des Mordes auf der Insel Schreberwerder mitgewirkt. Auch vor Verehrern mangelt es Pippa nicht, und zu guter Letzt taucht noch Exmann Leo auf und macht einen halbherzigen Versuch, seine ihm noch Angetraute zurückzugewinnen.

Aus dem Familiengeheimnis wird schließlich Mord - einer der Angler wird tot im Kühlwagen aufgefunden, kurz nachdem er einen Riesenfisch aus dem See gezogen hatte. Und jetzt wird es wirklich brenzlich, und Pippa gerät in mehr als eine gefährliche Situation. -

Der Roman ist wirklich sehr detail- und personenreich, und ich war froh, im Personenverzeichnis nachschlagen zu können. Das Buch liest sich sehr flüssig, hat Witz und ständig neue Ideen. Herrlich die vier Didier-Jungs! Oder Régine! Schön auch, dass sich die Autorinnen selbst in das Buch hereingeschrieben haben, eine wirklich nette Idee. Ich habe es sehr gerne gelesen und freue mich schon auf den nächsten Band, der hoffentlich bald kommt.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 24.07.2012
Voll streng, Frau Freitag
Frau Freitag

Voll streng, Frau Freitag


ausgezeichnet

Frau Freitags Schulklasse ist inzwischen in der zehnten Klasse angekommen, und so langsam sollten sich die Schüler Gedanken machen um einen gescheiten Abschluss und einen Ausbildungsplatz. Aber wer sie kennt, weiß, dass das so schnell nichts wird, die Schüler sind chaotisch wie eh und je: unentschuldigte Fehlstunden, verpasste Anmeldetermine, mangelhafte Leistungen "aber das schaffe ich noch bis zu den Zeugnissen, ich schwöre" - da hilft es auch nichts, dass Frau Freitag via Facebook versucht, ihre Schützlinge auf den richtigen Weg zu führen.

Das Buch besteht aus Frau Freitags Blogeinträgen - kurze, oft voneinander unabhängige Episoden aus dem Schulalltag. Dadurch kann man auch zwischendurch noch ein paar Seiten lesen, ohne dass man den Anschluss verpasst oder nicht mehr in die Handlung hineinfindet. Leider hat das Buch ungeheures Suchtpotential - zwischendurch noch ein paar Seiten lesen geht eigentlich gar nicht, denn man liest sich fest und schwuppdiwupp ist ein Stündchen vergangen. Oder auch zwei. Ich jedenfalls habe mich gefreut, Neues über Fatma, Elif, Marcella, Funda, Abdul, Bilal und Co. zu lesen. Und mit dem dicken Dirk und Dschinges aus der 7. kommt schon die nächste Generation - hoffen wir, dass Frau Freitag nicht die Ideen ausgehen.

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 31.05.2012
Die Toten von Sandhamn / Thomas Andreasson Bd.3
Sten, Viveca

Die Toten von Sandhamn / Thomas Andreasson Bd.3


ausgezeichnet

Auf Sandhamn verschwindet die 20jährige Lina Rosen - eigentlich ungewöhnlich auf einer Insel, wo jeder jeden kennt. Kurze Zeit später flüchtet Nora, bekannt aus den beiden vorhergehenden Bänden, in ihr Sommerhaus, nachdem sie herausgefunden hat, dass ihr Mann sie mit einer Krankenschwester betrügt. Und ausgerechnet Noras Kinder finden beim Spielen ein Leichenteil, dass sich als Armfragment der Leiche Linas herausstellt. Kommissar Thomas Andreasson und sein Team ermitteln auch in diesem Fall.

In einer Parallelhandlung lesen wir von Gottfrid, einem Jungen, der zu Beginn des 20. Jahrhunderts aufwächst, später heiratet, eine Familie gründet und doch todunglücklich ist. Von seinem eigenen Vater nur drangsaliert, ist er glücklich, mit Vendela scheinbar die perfekte Frau gefunden zu haben. Doch Vendela leidet nach der Geburt des Sohnes Thorwald unter einer postnatalen Depression und kann den Haushalt nicht bewältigen, geschweige denn eine gute Mutter und Ehefrau sein. Der Sohn Thorwald ist derjenige, der am meisten leidet, denn der Vater ist jähzornig und gewalttätig - es schmerzt, lesen zu müssen, wie der Vater mit seinem Sohn umgeht. Nesthäkchen Kristina hingegen ist der Sonnenschein des Vaters, sie kann gar nichts falsch machen, und sie weiß dies auszunutzen. Die Situation eskaliert, als Thorwald der Situation entfliehen will, aber aufgegriffen wird und vom Vater ohne Essen und Trinken eingesperrt und sich selbst überlassen wird.

Erst spät im Buch wird klar, wie diese beiden Fälle des verschwundenen Mädchens und des unglücklichen Jungen zusammenhängen, obwohl doch so viele Jahre dazwischen liegen. Der Fall löst sich auf, aber es bleibt ein schaler Beigeschmack: kann eine Familienfehde wirklich so lange und über so viele Generationen Bestand haben? Ein weiterer Band folgt hoffentlich: was wird aus der Annäherung zwischen Thomas und seiner Ex-Frau, und wie geht es mit Nora und Hendrik weiter, oder ist mit Pelle schon der nächste Mann an Noras Seite eingeführt? Und vor allem: wird Thomas wieder gesund?

Mir hat auch dieses Buch gut gefallen: eine gelungene Mischung zwischen Kriminalfall, Schicksal aus der Vergangenheit und Privatleben des Ermittlerteams (zu dem ich auch Nora zähle, gibt sie doch oft die entscheidenden Hinweise).

Bewertung vom 05.10.2010
Birne sucht Helene
Henn, Carsten Sebastian

Birne sucht Helene


ausgezeichnet

Birne sucht Helene ... nur dass in diesem Buch die Birne eigentlich Paolo Birnbaum heißt und die Helene Eli bzw. mit vollem Namen Elisabeth. Eli ist etwas naiv und hat ein Chaos-Gen. Sie ist Buchhändlerin, hat einen schwulen besten Freund und lebt in Köln - wo auch sonst? Beim Straßenverkehrsamt arbeitet Paul, er meldet des öfteren Elis neue gebrauchte Autos an, und langsam verliebt er sich in sie. Dumm nur, dass Eli denkt, er sei schwul ... ein leidenschaftlicher Kuss lässt Pauls Hormone tanzen, Eli hingegen merkt nichts. Die beiden kommen zunächst nicht zusammen, Paul sucht aber weiterhin nach Mrs. Right. Um die Frauen beeindrucken zu können, besucht er Kochkurse und entwickelt sich zum Hobbykoch, dessen Ratschläge überall gefragt sind. Eli und Paul treffen sich ab und zu, Paul kocht für sie, das Abendessen gerät zum Desaster, man geht wieder auseinander, läuft sich erneut über den Weg ...Und irgendwann nach vielen Irrungen und Wirrungen merken Eli und Paul, dass sie füreinander bestimmt sind.

Dies war ein herrlich romantisches Buch, eine wirklich schöne Liebeskomödie, die ich mir auch gut verfilmt vorstellen könnte. Eine nette Idee war es, die Kapitel als Gänge zu bezeichnen, und wirklich lustig waren Pauls Kontaktanzeigen, mit deren Hilfe man Pauls Liebesleben gut verfolgen konnte. Auch so musste ich öfters herzlich lachen ... Als Dreingabe waren noch ein paar Rezepte beigefügt, mit denen Paul versuchte, seine Liebe zu umgarnen, und natürlich das ultimative Rezept zu "Birne Helene". Es gab noch so viele Details, die einfach nur schön und auch originell waren ... die Schafe, die auf Pfiffe Formationen bilden; die Geierschildkröte; der Kampfkater R2D2; die besten Freunde Pauls ... mir hat alles gut gefallen, und ich hoffe, dass Herr Henn noch mehr solcher Bücher schreiben kann.

Bewertung vom 05.10.2010
Engel aus Eis / Erica Falck & Patrik Hedström Bd.5
Läckberg, Camilla

Engel aus Eis / Erica Falck & Patrik Hedström Bd.5


sehr gut

Diesmal ist es also ein Geheimnis aus der Vergangenheit von Ericas Mutter, um das sich das 5. Buch der schwedischen Erfolgsautorin dreht. Erica und ihr Mann Patrik wohnen mit Tochter Maya in Ericas altem Elternhaus. Beim Stöbern auf dem Dachboden findet Erica in einem alten Koffer ein paar Sachen ihrer verstorbenen Mutter: Tagebücher, ein Babyhemdchen mit Blutflecken daran und einen Orden aus dem 2. Weltkrieg. Diesen bringt sie zu Erik Frankel, einem pensionierten Geschichtslehrer, um mehr über dessen Herkunft zu erfahren. Vielleicht gibt es in den Tagebüchern einen Hinweis, warum die Mutter, Elsy, so gefühlskalt gegenüber ihren Töchtern Erica und Anna war. Erica hat sehr darunter gelitten, vielleicht noch mehr als Anna, denn sie hat immer versucht, Anna die fehlende Mutterliebe zu ersetzen. Die Tagebücher bringen ein anderes Bild von Elsy ans Licht: ein fröhliches junges Mädchen war sie, das mit seinen Freunden Frans, Britta und Erik ein relativ glückliches und unbeschwertes Leben führte, so wie man es zu Zeiten des Zweiten Weltkriegs führen konnte.

Da schreckt ein Mord Erica und Patrik auf: der alte Geschichtslehrer Erik Frankel wurde ermordet. Patrik ist eigentlich im Erziehungsurlaub, aber hier kann er nicht anders: er muss ermitteln. Auch Erica hilft mit, denn es zeigt sich, dass der Mord mit Vorfällen aus der Vergangenheit ihrer Mutter zu tun hat. Auch Britta wird getötet, bevor Erica sie weiter zu ihrer Mutter befragen kann. Als dann weitere Tagebücher von Elsy auftauchen, liest man eine fast unglaubliche Lösung der ganzen Geschichte...

Mir haben die Krimihandlung und die Auflösung sehr gut gefallen, ebenso die Bezüge zum Rechtsextremismus im heutigen Schweden. Sehr gut waren die Einschübe über die Zeit des Widerstands während des Zweiten Weltkriegs und das Schicksal Axels, Erik Frankels Bruder. Das ist mir richtig unter die Haut gegangen. Wirklich lustig - fast ein running gag - war wieder Mellberg, der auf den Hund kommt, sich verliebt und sogar Geburtshelfer sein darf. Die neue Kollegin Paula und ihre Lebensgefährtin sind sympathisch gezeichnet, das alles war rund. Nicht so rund hingegen war das Familienleben Ericas und Patriks, das mir etwas zu viel Raum in der Geschichte einnahm. Damit meine ich nicht die Geschehnisse um Ericas Mutter, sondern das ewige Gezänk um Kinderbetreuung und volle Windeln. Damit wird das Buch nur unnötig aufgebläht und langweilig, zumal sicherlich nicht alle Leser auch die vorhergehenden vier Bände gelesen haben und manches gar nicht einordnen können. Der wichtigste Hinweis - das blutbefleckte Babyhemdchen - wird gar nicht richtig zur Kenntnis genommen: als Polizist hätte ich das Hemdchen kriminaltechnisch untersuchen lassen. Insgesamt in meinen Augen ein etwas schwächerer Band der Reihe, deshalb gibt es auch nicht die volle Anzahl an Sternen.

Bewertung vom 19.03.2010
Finstere Orte
Flynn, Gillian

Finstere Orte


ausgezeichnet

Um es vorweg zu nehmen: dieses Buch ist eines der besten, die ich seit langem gelesen habe! Worum geht es?

Libby Day musste als Siebenjährige mit anhören, wie fast ihre ganze Familie umgebracht worden ist. Als Täter wurde Bruder Ben verhaftet, er ist seitdem im Gefängnis und Libby hat keinen Kontakt mehr zu ihm. Sie lebt ein armseliges Leben, hat kaum soziale Kontakte und die Geschehnisse trotz psychologischer Hilfe nicht verkraftet. Nun ist sie auch noch pleite: vorher hat sie von Spenden wohlmeinender Mitbürger gelebt, doch das Geld ist aufgebraucht. Da kommt das Angebot des "Kill-Clubs" gerade recht: dieser Club hat es sich zur Aufgabe gemacht, Verbrechen zu überprüfen und zu Unrecht Verurteilten zu helfen. Ein Teil der Mitglieder des Clubs hält Ben für unschuldig und bietet Libby Geld dafür, dass sie zu ihm geht und ihn befragt und auch so versucht, sich neu zu erinnern, denn Ben wurde hauptsächlich wegen ihrer Aussage verurteilt. Jetzt muss sich Libby endlich ihrer Vergangenheit stellen und findet tatsächlich Erstaunliches heraus...

In Rückblenden erfährt der Leser, wie es wirklich war, sowohl aus Bens Sicht als auch aus Mutter Pattys Sicht: die armseligen finanziellen Verhältnisse, dieses Von-der-Hand-in-den-Mund-leben, der drogen-, alkohol- und spielsüchtige Exmann, der immer auf der Suche nach Geld ist und das Familienleben noch mehr verkompliziert, die chronische Überforderung Pattys (heute würde man wahrscheinlich Burn-Out-Syndrom sagen, aber das gab es in den 80ern noch nicht), die Kinder, die wegen der abgetragenen Kleidung und der kostenlosen Schulspeisung gehänselt wurden. Ben ist Patty bereits entglitten, er hat sich ungute Freunde gesucht. Nun droht auch noch die Zwangsräumung und damit die Obdachlosigkeit - Patty ist verzweifelt und greift zum letzten Strohhalm.

Die Geschichte ist sehr spannend aufgebaut mit den Sprüngen zwischen der Jetztzeit und der Tatzeit und dem für mich doch etwas überraschenden Schluss. Auf jeden Fall ist dies ein Buch, das sich zu lesen lohnt!

1 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 14.08.2009
Kuchen backen in Kigali
Parkin, Gaile

Kuchen backen in Kigali


ausgezeichnet

Quietschebunt kommt das Cover daher, pink und gold dominieren. Genauso quietschebunt sind die Kuchen, die Angel in Kundenauftrag backt. Damit verdient sie etwas zum Lebensunterhalt dazu, müssen sie und ihr Mann sich doch um die fünf Enkelkinder kümmern, da deren Eltern bereits tot sind: die Schwiegertochter starb an AIDS, der Sohn war ebenfalls infiziert, wurde aber erschossen, die Tochter war infiziert und brachte sich selber um, nachdem sie von ihrer Krankheit erfahren hatte. Angel ist in der Nachbarschaft geachtet, alle kommen mit ihren Sorgen und Nöten zu ihr, und allen steht sie mit Rat und Tat zur Seite. Sie (und damit auch der Leser) erfährt von ihren Mitmenschen alles über ihr Leben: vom Genozid in Ruanda, von Bestechung, von AIDS und der Verdrängung aus den Köpfen der Menschen, von Straßenkindern, unehelichen Kindern, Prostituierten, die mit ihrer Arbeit das Überleben der Familie sichern, von weiblicher Genitalverstümmelung und vielem mehr. Jeder Kuchen steht für eine neue Geschichte, so dass das Buch eigentlich aus vielen kleinen Episoden besteht.

Angel ist der Engel im wörtlichen Sinn: sie stiftet Ehen, hilft allen, so gut sie es kann, und wenn sie nur zuhört oder aus Resten eine warme Mahlzeit für die Straßenkinder zaubert. Trotz der Armut, die überall herrscht, findet man in diesem Buch eine Lebensfreude, die ansteckt.Das Buch lenkt den Blick auf Afrika, ohne belehrend zu sein, zeigt z.B. die Gräueltaten des Genozids auf, die sonst so nicht mehr in den Köpfen präsent wären.

Für mich war es sehr gut lesbar, ein paar Setzfehler könnten bei der nächsten Auflage bereinigt werden. Allerdings hätte ich gerne eine Karte gehabt, denn im Urlaub hatte ich natürlich keinen Atlas dabei, um die Orte, in denen das Buch spielt, nachschlagen zu können.