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MarcusK

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Bewertung vom 17.08.2016
Wunschdenken
Sarrazin, Thilo

Wunschdenken


ausgezeichnet

Sarrazin sagt, was Sache ist. Dafür wird er geliebt und gehasst. Dazwischen findet sich nicht viel, außer bei denjenigen, die sich nicht um unser Land sorgen. Ich gehöre zu denen, die ihn bewundern: Niemand anderes sagt so deutlich, was Sache ist. Niemand anderes hält an seiner Meinung so aufrecht und aufrichtig fest. Niemand stellt sich so in den Dienst unseres Vaterlandes.



Sarrazin hat als Finanzminister gedient, er hat als Bundesbankvorstand gedient und nun macht er sich mit dem nächsten Buch verdient. Er ist lebensklug, erfahren und analytisch messerscharf. Natürlich gefällt das denen nicht, die beim Einschlafen von Multikulti träumen und sich am nächsten Morgen an Schulhöfen ergötzen, auf denen niemand mehr Deutsch spricht: Die erste Gruppe, weil sie es nicht kann, und die zweite Gruppe, weil sie Angst vor der ersten Gruppe hat, nicht als „Schweinefleischfresse“ beschimpft und ausgegrenzt werden möchte.



In seinem Buch führt Sarrazin aus, dass es die oberste Pflicht des Staates ist, für Sicherheit und Ordnung zu sorgen: „Der oberste Maßstab für gutes Regieren […] ist das individuelle Wohlergehen jedes Einzelnen in einer politischen Einheit, etwa einer Gemeinde oder einem Staat. […] Als Maßstab für staatliches Handeln ergibt sich daraus, dass der Staat eine doppelte Aufgabe hat: Er muss einerseits dem einzelnen Bürger den Freiheitsraum sichern, den er braucht, um sein individuelles Glück zu verfolgen. Andererseits muss er jeden Einzelnen vor der Gewalt der anderen schützen. Es geht also um die Kombination von Freiheit und Sicherheit.“ Leider hat sich unser Staat dazu entschieden, in jede Kleinigkeit (be-)steuernd einzugreifen; damit beschneidet er sich selbst bei der Leistungsfähigkeit in seinen Kernaufgaben.



Freiheit und Sicherheit gehören für Sarrazin zusammen. Das macht er in seinem Buch, das ein wenig an eine Sammlung von Essays erinnert an vielen Stellen klar. Klar ist aber auch: Wenn man zu vielen fremden Menschen zu viele Freiheiten auf Kosten unseres tradierten Freiheitsbegriffes wegen falscher Rücksichtnahme einräumt, dann werden wir unsere Freiheit, wie wir sie heute kennen, irgendwann verlieren. Sarrazin macht unterstreicht einmal mehr, dass wir Freiheit und Sicherheit nicht dadurch bewahren, dass wir an Integration nur appellieren und ansonsten jedes mögliche „Beleidigtsein“ von irgendjemandem vorwegdenken. Es ist Wunschdenken zu meinen, dass man es jedem Recht machen kann: kulturell wie finanziell. Es ist gut, dass Sarrazin immer wieder gedruckte Mahnrufe veröffentlicht.

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