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Thilo Sarrazin hat mit seinen umstrittenen Thesen die öffentliche Meinung gespalten, aber auch die Integrationsdebatte neu in Gang gebracht. Das war überfällig. Zu viel lief schief. Das denkt auch Lamya Kaddor. Doch pauschale Anklagen helfen ihrer Ansicht nach nicht weiter. Aufgewachsen als Tochter frommer arabischer Einwanderer, will sie als eine der ersten islamischen Religionspädagoginnen in Deutschland mit ihrem sehr persönlichen Buch einen Beitrag für eine fundierte Debatte leisten. Die Stimme einer neuen Generation.

Produktbeschreibung
Thilo Sarrazin hat mit seinen umstrittenen Thesen die öffentliche Meinung gespalten, aber auch die Integrationsdebatte neu in Gang gebracht. Das war überfällig. Zu viel lief schief. Das denkt auch Lamya Kaddor. Doch pauschale Anklagen helfen ihrer Ansicht nach nicht weiter. Aufgewachsen als Tochter frommer arabischer Einwanderer, will sie als eine der ersten islamischen Religionspädagoginnen in Deutschland mit ihrem sehr persönlichen Buch einen Beitrag für eine fundierte Debatte leisten. Die Stimme einer neuen Generation.
Autorenporträt
Kaddor, Lamya
Lamya Kaddor, geboren 1978 in Ahlen/Westfalen, ist einer größeren Öffentlichkeit als Pionierin der islamischen Religionspädagogik und als Herausgeberin des ersten 'Koran für Kinder und Erwachsene' (mit Rabeya Müller, 2. Auflage 2008) bekannt. Die Islamwissenschaftlerin berät die Politik, ist eine gefragte Referentin und spricht regelmäßig im »Forum am Freitag« des ZDF.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 08.03.2013

Kein Bildnis von Gott
Vom Islam und seiner reichen Geschichte oder:
Warum Prophet Muhammad einen Schleier trägt
VON PETRA STEINBERGER
Es gehört schon einiges dazu, 1400 Jahre Religionsgeschichte auf grade mal 60 Seiten zusammenzufassen, ohne dass das Unternehmen allzu platt wird, zu beschönigend, zu banal. Dieser Gefahr allerdings ist Lamya Kaddor, Islamwissenschaftlerin und Religionspädagogin, meist recht gut ausgewichen. Islam. Geschichte, Glaube und Gesellschaft ist eine knappe Einführung in die Grundlagen des Islam, nicht allzu kritisch – aber von Kritik hat der Islam in den letzten Jahren sowieso genug abbekommen.
  Das liegt vor allem an den allseits bekannten Ereignissen – ob 9/11 oder Ehrenmorde, ob afghanische Taliban oder die iranische Atombombe – und an ihrer Darstellung in den Medien. Nicht, dass es keine differenzierten Berichte gäbe. Das Problem ist, dass es immer so wirkt, als sei diese Religion der Auslöser. Was ja nicht heißt, dass sie ursächlich mit all diesen Vorgängen verbunden ist. Aber weil diese Religion immer und immer wieder in einem Atemzug mit ihnen genannt, also in einen sprachlichen Zusammenhang mit ihnen gesetzt wird, lösen Worte wie Muslime oder Islam in den Köpfen vieler Menschen oft ungute Assoziationen aus. Das ist in den meisten Fällen gar nicht beabsichtigt – funktioniert aber leider so.
  Und was bei Erwachsenen funktioniert, schlägt bei Kindern mindestens ebenso gut an – nur noch versteckter. Dabei sollte gerade eine derart unbewusst erzeugte Ablehnung einer, überhaupt jeder Religion doch unbedingt verhindert werden. Deshalb ist Sachlichkeit wichtig bei einer Hinführung an dieses Thema. Also bitte keine Schwelgereien, keine Religionsromantik, keinen Glaubenskitsch. Und keine Apologetik, was in diesem Buch vorbildlich unterblieben ist. Nur scheint die Vorsicht manchmal dazu geführt zu haben, dass das Buch nun ein wenig zu sachlich erscheint – zu weit weg vom Leben. Man hätte sich, gerade für Kinder, ein wenig mehr Geschichten gewünscht, kleine Vignetten, die komplexe Zusammenhänge in Bildern auflösen und so besser im Gedächtnis haften bleiben als abstrakte Daten.
  Geschichten wie diese, die sich auf den allerersten Seiten versteckt hat: dass es im Islam das Gebot gibt, sich von Gott kein Bildnis zu machen. Und da Muhammad in diesem Gebot als der Prophet mit eingeschlossen ist, wird er, bis auf wenige Ausnahmen, traditionell mit Gesichtsschleier dargestellt. Oder die Geschichte vom Dschinn Iblis, der Adam, den ersten Menschen, verführte (ein bisschen so wie die Schlange im christlichen Paradies).
  Man könnte nun überlegen, ob es Sinn gemacht hätte, bei der kurzen Erklärung des Begriffes „Fatwa“, also Rechtsgutachten, ein paar Zeilen über Salman Rushdie dazuzuschreiben. Oder bei dem Kapitel über „Ungläubige im Koran“ die Tatsache, dass es teils heftige Diskussionen darüber gibt, ob beispielsweise die Sekte der Ahmadiyya in Pakistan noch als muslimisch gilt oder nicht – was ja, da es vom pakistanischen Staat verneint wurde, für deren Mitglieder Sanktionen mit sich bringt. Man hätte vielleicht mehr über die Stellung der Frauen erzählen können – immerhin einer der Punkte, die von Islamgegnern häufig genannt werden. Ebenso hätte man vielleicht auf die sehr heftig geführte innerislamische Debatte über die Reformierbarkeit des Islam oder über eine islamische Aufklärung etwas tiefer eingehen können.
  Andererseits : Hätte man solch neuralgische Punkte, und davon gibt es im Islam, wie in jeder Religion, unzählige, tatsächlich ausführlicher behandelt, wären es wohl nicht mehr 60 Seiten, sondern 600 geworden. Doch der Autorin war anderes wichtiger. Hoffen wir also, dass muslimische Vorbilder wie Mesut Özil oder Franck Ribéry ebenso wie dieses Buch dazu beitragen, die versteckten Klischees aus den Köpfen heraus- und Respekt hineinzupacken.
Lamya Kaddor: Islam. Geschichte, Glaube und Gesellschaft. Gerstenberg 2012. 64 S., 14,95 Euro.
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