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Die Erzählungen verdanken ihren Glanz, ihre emotionale Kraft und ihre Tiefe dem kühlen Blick, der scharfsichtigen Menschenkenntnis der Nobelpreisträgerin und natürlich ihrer stilistischen Brillanz. Sie hat eine einzigartige Fähigkeit, mit wenigen knappen Sätzen das Innerste einer Figur bloßzulegen.
In »Die Begünstigte« geht es um eine junge Frau, deren Mutter gestorben ist. Unter den Papieren, die sie ordnen muss, findet sie einen Brief ihres Vaters, aus dem hervorgeht, dass er vielleicht gar nicht ihr Vater ist. Der Mann, der unter Umständen ihr biologischer Vater ist, ein berühmter
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Produktbeschreibung
Die Erzählungen verdanken ihren Glanz, ihre emotionale Kraft und ihre Tiefe dem kühlen Blick, der scharfsichtigen Menschenkenntnis der Nobelpreisträgerin und natürlich ihrer stilistischen Brillanz. Sie hat eine einzigartige Fähigkeit, mit wenigen knappen Sätzen das Innerste einer Figur bloßzulegen.
In »Die Begünstigte« geht es um eine junge Frau, deren Mutter gestorben ist. Unter den Papieren, die sie ordnen muss, findet sie einen Brief ihres Vaters, aus dem hervorgeht, dass er vielleicht gar nicht ihr Vater ist. Der Mann, der unter Umständen ihr biologischer Vater ist, ein berühmter Schauspieler, nähert sich ihr, als er ein Engagement in der Stadt hat. Sie ist von ihm fasziniert ... In einem chinesischen Restaurant in New York treffen sich drei Tote, Edward Said, Susan Sontag und Anthony Sampson, mit der Autorin. Sie unterhalten sich lebhaft, aber den ganzen Abend hindurch wartet sie auf den einen, der nicht kommt: »Träumen von den Toten«. In der Titelgeschichte »Beethoven war ein Sechzehntel schwarz« geht es, wie so oft bei Nadine Gordimer, um die Verschiebung gesellschaftlicher Werte. Plötzlich erscheint es durchaus ersehnenswert, als weißer Professor irgendwo versteckte schwarze Vorfahren zu haben, und Frederick Morris bricht auf, um sie in einer kleinen Bergbaustadt zu suchen.
Autorenporträt
Gordimer, NadineNadine Gordimer, geboren 1923 in dem Minenstädtchen Springs, Transvaal, gehört zu den bedeutendsten Erzählerinnen unserer Zeit. Jahrzehntelang schrieb sie gegen das Apartheidregime an und setzt sich bis heute mit dessen zerstörerischen Folgen für die schwarze und weiße Bevölkerung auseinander. 1991 wurde ihr der Nobelpreis für Literatur verliehen. Sie starb am 13. Juli 2014 in Johannesburg, Südafrika.
Rezensionen
'Gordimers glasklare Sprache, die Tiefe ihrer Gedanken- und Gefühlswelt lassen einen Großteil der modernen Literatur trivial wirken.' (The Times)

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 21.11.2008

Liebesleid
Nadine Gordimer träumt ihre toten Freunde herbei

Das Empyreum ist in der antiken Philosophie der oberste Himmel. Für Nadine Gordimer ist es das Nirgendwo, in dem Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft gleichzeitig bestehen, der richtige Ort also, um mit geliebten Toten weiter zu kommunizieren. "Von den Toten träumen" heißt eine Erzählung in ihrem neuen Buch. Aber träumen ist hier viel zu vage. Nadine Gordimer trifft drei berühmte verstorbene Weggefährten in einem chinesischen Restaurant und, als sei es das Selbstverständlichste der Welt, setzt sie dort die vertrauten Gespräche über politische Ereignisse wie über Persönliches mit ihnen fort. Als Erster kommt der Palästinenser Edward Said, der mit seinen Hauptwerken "Orientalismus" und "Der dritte Weg", was den Nahost-Konflikt betrifft, so aktuell ist wie zu Lebzeiten. Der englische Publizist und Freund Anthony Sampson, Kolumnist des "Observer", erscheint als Nächster, der sich wie früher mit den aktuellen politischen Problemen befasst. Doch dann tritt Susan Sontag auf und übertrifft die drei Freunde mit ihrer intellektuellen Brillanz und ihrer leidenschaftlichen Rhetorik. Die vier unterhalten sich im Parlando der Eingeweihten über Gott und die Welt, über Huntingtons "Kampf der Kulturen" wie über das eigene unvollendete Werk und - ironisch distanziert - auch über die Ölkrise. "Wie sollen wir ohne sie auskommen?", klagt Nadine Gordimer beim Abschied der herbeigeträumten Gäste.

Dass die Nobelpreisträgerin für Literatur auch eine politische Schriftstellerin ist und von Anfang an eine Gegnerin der Apartheid war, beweist sie aufs Neue in dieser und in anderen Erzählungen, die zu ihren zweihundert bereits veröffentlichten hinzukommen. Die heutige Lage in Südafrika fasst sie in einem Satz zusammen: "Früher gab es Schwarze, die weiß sein wollten. Jetzt gibt es Weiße, die schwarz sein wollen. Es ist dasselbe Geheimnis." Der Satz steht in der Titelgeschichte "Beethoven war ein Sechzehntel schwarz". Ein Diamantenhändler aus London sucht vergeblich in einem Township nach Verwandten mit Honighaut, Abkömmlinge seines englischen Urgroßvaters. Dessen Abbild im ovalen Rahmen lässt vermuten, dass er die Schönheit junger Afrikanerinnen während der monatelangen Abwesenheit von seiner Ehefrau ohne Skrupel nicht nur von ferne genoss.

"Die Formen des Erzählens sind willkürlich", schreibt Nadine Gordimer in "Alternative Schlüsse", dem kürzesten der neuen Texte. "Ich habe sie hier", fährt sie fort, "für mich selbst, mal ausprobiert." So überrascht sie uns auch mit verspielten Variationen ihrer Kunst. Dazu gehört der Monolog eines Bandwurms, der seinen Wirt mit einem Wort verlässt, das sonst nicht zum Wortschatz der Autorin gehört. Ebenso vergnüglich ist die Begegnung mit einer Kakerlake names Gregor frei nach Kafka, aber auch das Porträt einer Großmutter, die ihren Berliner Salon mit Künstler- und Politikerprominenz auch in Südafrika eröffnet.

Die letzten drei Geschichten kreisen um das große Thema "gescheiterte Liebe". Mit großer Behutsamkeit und herzzerreißender Trauer versteht es Nadine Gordimer, davon zu erzählen. Die Sammlung ist ihrem verstorbenen Mann, dem aus Berlin emigrierten Kunstsammler Reinhold Cassirer, gewidmet. Sie war fast fünfzig Jahre mit ihm verheiratet. In Malte Friedrich hat die Autorin einen hervorragenden Übersetzer gefunden.

MARIA FRISÉ

Nadine Gordimer: "Beethoven war ein Sechzehntel schwarz". Erzählungen. Aus dem Englischen übersetzt von Malte Friedrich. Berlin Verlag, Berlin 2008. 173 S., geb., 19,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 15.01.2009

Diesseits der DNA
Nadine Gordimers „Beethoven war ein Sechzehntel schwarz”
Ein Name ist eben doch nicht nur Schall und Rauch. Er öffnet Türen, Zugänge zu Verlagen und erlaubt es, Texte unterschiedlichster Genres zu einem Buch zusammenzufassen. Dieses Buch zum Beispiel heißt – wie die Nobelpreisträgerin – „Nadine Gordimer”, sein Untertitel lautet: „Beethoven war ein Sechzehntel schwarz”. Auf dem Schutzumschlag jedenfalls dieses neuesten Werkes von Nadine Gordimer ist ihr Name der Blickfang.
Der eigentliche Titel aber, in dünnen Lettern wie beiläufig nur erwähnt, und die Titelgeschichte selbst schlagen ein Motiv an, das die sehr divergenten Gattungen des schmalen Bändchens, Erzählungen, Träume, Glossen, Fabeln, immerhin einigermaßen zusammenhält. Es geht nicht mehr um Apartheid und den Kampf zwischen Schwarz und Weiß in Südafrika, bei dessen Schilderung Gordimer episches Format erreichte. Es geht um die Epoche danach, um die Identitätskrise der ehemaligen Kolonialherren, um ihre verlegene Suche nach einer Selbstdefinition, die sie ihren einstigen Feinden näherbringen könnte. Dieser Versuch, unbeholfen wie er nun einmal ist, rechtfertigt die stakkatoartigen Lösungsvorschläge auch der Autorin, die literarischen Capriccios, zu denen sie die Experimente eines postkolonialen Denkens verarbeitete.
Das allerneuste Fabeltier
Der Titel des ersten Textes „Beethoven war ein Sechzehntel schwarz” ist ein Zitat aus der Rede eines weißen Rundfunksprechers. In den Adern des Klassikers wollte der Redner ein Tröpfchen schwarzen Blutes entdecken, denn selbst die Tradition muss umgefärbt werden, um politische Korrektheit herzustellen. Mit Ironie beobachtet Gordimer die Gutwilligkeit ihrer englischen und burischen Landsleute, die so lange nichts von der Vermischung der Rassen hatten wissen wollen. Die neue, geradezu modische Liberalität zu kritisieren, erfindet Gordimer eine Erzählung, die alle biologischen Argumente außer Kraft setzt. „Die Begünstigte” ist eine erwachsene Frau, die spät erst entdeckt, dass der von ihr geliebte Vater nicht der natürliche Vater ist. Nach einer psychischen Krise der Tochter mündet ihr Leben wieder in alte Bahnen, die Liebe zum Vater bleibt die Liebe zum Vater, auch wenn sie nicht auf einem biologischen Fundament ruht: „Sie umarmte DEN VATER]ihn, er küsste sie auf die Wange, und sie schmiegte sich an seine Wange. Das hatte nichts mit DNA zu tun.”
Der Unmut gegen die biologische Begründung politischer Absichten verleitet Gordimer zu Allegorien oder Fabeln, die der Leser nicht ohne Missbehagen zur Kenntnis nimmt. So etwa entdeckt Gordimer das allerneueste Fabeltier, den Bandwurm. Dessen Lebenslust und -leid ist tatsächlich nichts als reine Biologie, er besteht nur aus dem Trieb nach Nahrung, und, sobald diese giftig ist, verendet das Tier. Biologie also kann vernünftige Verhältnisse auf keinen Fall begründen, so lehrt es die Fabel, in der das politische Argument auf den Bandwurm heruntergekommen ist.
Aus solchen Niederungen führt der folgende Traum wieder hinaus und hinauf ins hellste Bewusstsein – zum Gipfeltreffen nämlich dreier Größen des Befreiungskampfes der Dritten Welt, die schon immer das Richtige wollten, Edward Said, Susan Sontag und Anthony Sampson. Ein Traum imaginiert die Begegnung dieser verstorbenen Freunde, einer Götterversammlung, an der sich Sontag als „mythische Göttin” beteiligt, Said „das Licht seiner Intellektualität” leuchten lässt, und Anthony Sampson, der als Weißer Redakteur einer Zeitung gewesen war, die allein von Schwarzen betrieben wurde, lenkt das Gespräch auf „politische Konflikte und Skandale, Strategien und Ideologien, korrupte Regierungen und tyrannische Fundamentalisten”. Die Völkerverständigung unter diesen Personen unterschiedlichster Nationalität und Rasse, dem Palästinenser, der Jüdin, dem Engländer und der Südafrikanerin, soll zeigen, dass Intellektualität mehr bedeutet als alle Biologie, so wie im privaten Leben Liebe „mehr ist als DNA”.
Der Name „Nadine Gordimer”, unter dem diese divergenten Überlegungen gesammelt sind, hat sich bewährt: Er bezeichnet eine intellektuelle Person, der political correctness wichtiger ist als literarische Qualität, die deshalb auch diesmal das politische Bewusstsein nach dem Befreiungskampf der Schwarzen in Südafrika der fernen Welt vor Augen führen darf in Impromptus, deren literarischer Wert so wenig wichtig ist wie in der Politik die Biologie. HANNELORE SCHLAFFER
NADINE GORDIMER: Beethoven war ein Sechzehntel schwarz. Erzählungen. Übersetzt von Malte Friedrich. Berlin Verlag, Berlin 2008. 173 S., 19,90 Euro.
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Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.sz-content.de
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Hannelore Schlaffer sieht die disparaten Gattungen dieses Bandes, der Erzählungen, Fabeln Träume und Glossen versammelt, vor allem durch den Namen der Autorin Nadine Gordimer verbunden, erkennt als lose Klammer dieser so unterschiedlichen Texte aber doch die Post-Apartheid-Epoche. In Erzählungen wie der Titelgeschichte lote die Nobelpreisträgerin ironisch die Versuche weißer Südafrikaner aus, nach dem Ende der Apartheid eine politisch korrekte Identität zu entwickeln, so die Rezensentin eingenommen. Die politische Fabel über den Bandwurm, mit dem Gordimer sich gegen biologische Argumente politischer Intentionen wendet, hat Schlaffer nach eigenem bekunden "Missbehagen" verursacht, wobei unklar bleibt, ob das am Fabeltier oder am Text liegt. Das abschließende Resümee der Rezensentin lautet jedenfalls, dass es der südafrikanischen Autorin nicht in erster Linie um die "literarische Qualität" ihrer Texte geht und damit erklärt sich Schlaffer auch einverstanden.

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