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Wole Soyinka, der erste afrikanische Nobelpreisträger, hat sich seit jeher in die Politik eingemischt. Er tritt unerschrocken ein für Demokratie und die Respektierung der Menschenrechte, klagt gegen Korruption und Manipulation und fordert die Mächtigen dieser Welt auf, sich für die Achtung der Würde des Menschen einzusetzen.
Als Gastdozent eingeladen, seine Sicht auf den Zustand der Welt darzustellen und neue Perspektiven daraus zu entwickeln, hielt Soyinka 2004 die in der angelsächsischen Welt mit hohem Ansehen belegten Reith-Lectures der BBC, deren erster Dozent kein Geringerer als
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Produktbeschreibung
Wole Soyinka, der erste afrikanische Nobelpreisträger, hat sich seit jeher in die Politik eingemischt. Er tritt unerschrocken ein für Demokratie und die Respektierung der Menschenrechte, klagt gegen Korruption und Manipulation und fordert die Mächtigen dieser Welt auf, sich für die Achtung der Würde des Menschen einzusetzen.

Als Gastdozent eingeladen, seine Sicht auf den Zustand der Welt darzustellen und neue Perspektiven daraus zu entwickeln, hielt Soyinka 2004 die in der angelsächsischen Welt mit hohem Ansehen belegten Reith-Lectures der BBC, deren erster Dozent kein Geringerer als Betrand Russell war.

"Ich habe recht, du bist tot!" - Diese offensichtlich weltweit verbreitete Formel verabscheuungswürdiger Machthaber, mit denen immer noch Geschäfte und Politik gemacht werden, stellt Soyinka in seiner Vortragsreihe schonungslos an den Pranger. Das Gute und das Böse, sie gehen an politischen Scharnierstellen unselige Bündnisse miteinander ein, und wenn dies so ist, wie soll dann die Welt an ihrem Wesen genesen?

Auf eindrückliche Weise weckt uns hier einer unaufgeregt und sachlich auf, mitzudenken und mitzuarbeiten an einer besseren Welt.
Autorenporträt
Wole Soyinka wurde 1934 in Abeokuta (Westnigeria) geboren. 1967 wurde er wegen seines Engagements im Biafra-Krieg verhaftet und 28 Monate lang in Isolationshaft gehalten. Im Ammann Verlag erschienen seine Romane Aké - Jahre der Kindheit (1986, NA 2003), Der Mann ist tot. Aufzeichnungen aus dem Gefängnis (1987), Ìsàra (1994), Ibadan (1998), Die Ausleger (2002) und der Gedichtband Samarkand und andere Märkte (2004).
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 11.07.2005

Schleunigst würgen
Wole Soyinka redet sich in der BBC gegen Fanatiker in Rage
Eigentlich sollte er eine Idealbesetzung als Reith-Dozent sein, der Literaturnobelpreisträger und engagierte Menschenrechtler Wole Soyinka. Der Nigerianer ließ einen weiteren profunden Beitrag in der seit 1948 alljährlich vom Radio der BBC ausgestrahlten Vortragsreihe erwarten, die „das öffentliche Verständnis und die Debatte über bedeutende Themen von aktuellem Interesse fördern” soll. Erster Dozent der nach BBC-Generaldirektor Lord John Reith benannten Vorlesungen war Bertrand Russell, der über „Autorität und das Individuum” sprach, zu den späteren Rednern zählten Ralf Dahrendorf, Anthony Giddens und die Philosophin Onora O’Neill.
Soyinka stellte seine fünf Reith-Vorträge 2004 unter die Überschrift „Klima der Angst”. Brutale Gewalt gehe nicht mehr zuvorderst von Staaten oder säkularen Ideologien aus, sondern von nichtstaatlichen Gruppen, die vorgeben, einer göttlichen Offenbarung zu folgen, lautet die Kernthese. Die größte Gefahr produzieren nach Ansicht des bekennenden Atheisten, der in einer christlichen Familie aufwuchs und heute mit gewisser Sympathie die traditionellen Gottheiten seiner Yoruba-Heimat betrachtet, die beiden auf Missionierung ausgerichteten Weltreligionen Christentum und Islam.
Soyinka kämpft gegen gewalttätige US-Christen, die abtreibungswillige Frauen drangsalieren und Mediziner töten, die schärfste Klinge aber führt er gegen Fanatiker muslimischer Couleur. Dazu bewegen ihn nicht nur die Angriffe in westlichen Ländern, sondern vor allem der medial viel weniger beachtete Terrorismus im Süden. Über der Sahara-Republik Niger wurde bereits 1989 ein Passagierflugzeug durch einen Sabotageakt zum Absturz gebracht, als dessen Drahtzieher Muammar el Gaddafi vermutet wird. Offiziell aufgeklärt und gesühnt wurde das Verbrechen bis heute nicht. Ebensowenig müssen die Fanatiker Konsequenzen fürchten, die in Soyinkas Heimat Gewaltorgien anzetteln, wann immer ihrer Meinung nach Gesetze des Korans übertreten werden.
Erstaunlich phantasiearm
Soyinka geißelt die Glaubenskrieger und fordert ein Ende von Verharmlosung und klammheimlicher Komplizenschaft durch opportunistische Machthaber. Sein Anliegen bringt er mit Hilfe einer drastischen Volksweisheit aus seiner Heimat auf den Punkt, wonach traditionell von der Mutter eines missgestalteten Neugeborenen erwartet wird, dass sie ihr Kind in der Abgeschiedenheit des Hauses erwürgt. Entsprechend müsse „die Mutter Religion der Menschheit heute schleunigst mit wohltätigen Kindesmorden zu Hilfe eilen” und ihre fanatisierten Abkömmlinge disziplinieren.
Die Wucht der eigenen Worte bringt ihren Schöpfer allerdings mitunter aus dem Tritt. Soyinka jongliert mit vielfach reproduzierten politischen Schlüsselvokabeln von „68” bis „Achse des Bösen”. Er schafft ungewohnte Blickwinkel, aber seine Darstellungen sind manchmal ungenau, es entsteht der Eindruck mangelnder Recherche. Dass Studenten in Deutschland im Gefolge von ’68 gewohnheitsmäßig fremder Leute Autos mitgehen ließen, ist ebensowenig haltbar wie die Charakterisierung südsudanesischer Rebellen, die seit langem berüchtigt sind für ihre Misshandlungen der Zivilbevölkerung, als „schwarze Freiheitskämpfer”.
Zudem verharmlost Soyinka die Gräuel der Vergangenheit, wenn er die Bedrohungen der Gegenwart ins Unermessliche steigert. „Ereignisse eines bislang unvorstellbaren Ausmaßes haben praktisch jede Ecke der Welt verwundbar werden lassen”, diagnostiziert der Schriftsteller. Die Hexenverbrennungen und die Völkermorde an Armeniern, Juden und den Tutsi in Ruanda, um nur dies zu nennen, verbreiteten zu ihrer Zeit ebenfalls namenlose Angst, auch wenn CNN damals noch keine Live-Bilder lieferte.
Die Relationen verliert der im US-Exil lebende 71-Jährige auch an anderer Stelle aus dem Auge. Ein offenbar unangenehmes Schreiben der Steuerbehörde erscheint ihm als „nacktes Gesicht der Macht in seiner banalsten Form”, und zu den „am meisten machtbesessenen Beamten” ernennt Soyinka US-Grenzkontrolleure, die zugleich jung, weiblich und schwarz sind. Da versteigt sich der hoch geehrte Literat zu deplazierten, misogyn gefärbten Eitelkeiten. Gleichzeitig stellt er allzu viele Fragen nicht, die einem zum religiös motivierten Terrorismus einfallen könnten, und auch bei möglichen Auswegen aus dem Gefängnis der Gewalt bleibt Soyinka erstaunlich phantasiearm. Ein politischer Essayist muss keine Patentlösungen liefern, aber analytische Schärfe und inspirierende Denkanstöße darf man von einem Reith-Dozenten schon erwarten.
GABY MAYR
WOLE SOYINKA: Klima der Angst. Ammann Verlag, Zürich 2005. 173 Seiten, 17,90 Euro.
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Gaby Mayr findet die fünf Vorträge des nigerianischen Autors Wole Soyinka, die dieser 2004 für die BBC gehalten hat und die nun in Buchform erschienen sind, zumindest zwiespältig. Unter dem Titel "Klima der Angst" wendet sich Soyinka, selbst "bekennender Atheist", gegen die Gewalt, die von christlichen und islamischen Fanatikern ausgeht. Dabei prangert er insbesondere die "medial viel weniger beachteten" Terrorakte im Süden Nigerias an, die von islamistischen Fanatikern verübt werden, erklärt die Rezensentin. Mit "Volksweisheiten" seiner Heimat bringt Soyinka manchmal seine Ansichten auf den Punkt, allerdings lässt er sich auch von der "Wucht der eigenen Worte" mitunter allzu sehr mitreißen, bedauert Mayr. Der Autor verwende "vielfach reproduzierte politische Schlüsselvokabeln", die zwar ungewohnte Perspektiven böten, häufig aber einfach nur "ungenau" wirkten. Dabei entsteht nach Mayr der "Eindruck mangelnder Recherche", zum Teil findet sie die Äußerungen des Autors gar unhaltbar, beispielsweise wenn er von den für ihre Drangsalierung der Bevölkerung bekannten südsudanesischen Rebellen als "schwarzen Freiheitskämpfern" schreibt. Zudem kritisiert sie, dass Soyinka seinen Gewaltbegriff mitunter allzu beliebig aufspannt und dann auch schon mal über einen "offenbar unangenehmen" Steuerbescheid schreibt, dass sich hier "Macht in seiner banalsten Form" zeige. Die enttäuschte Rezensentin beklagt, dass "viele Fragen" zu religiös motivierter Gewalt in diesen Vorträgen nicht gestellt werden und hätte sich mehr "analytische Schärfe" und mehr "inspirierende Denkanstöße" von diesem Autor, Literaturnobelpreisträger und Menschenrechtler, gewünscht.

© Perlentaucher Medien GmbH
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